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Merkel in Westafrika
Deutschland sagt dem Niger Unterstützung zu

Niger war lange eines der Haupttransitländer von Migranten auf dem Weg nach Europa. Auch deshalb hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zusätzliche Finanzspritzen in den Bereichen Sicherheit, Gesundheit und Entwicklung zugesagt. Deutschland will verhindern, dass der Niger in Gewalt und Instabilität abrutscht.

Von Stephan Detjen | 03.05.2019
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Präsidentenpalast vom nigrischen Präsidenten Mahamadou Issoufou mit militärischen Ehren begrüsst.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde am Präsidentenpalast vom nigrischen Präsidenten Mahamadou Issoufou mit militärischen Ehren begrüßt. (dpa)
"Ich freue mich, eine Freundin Afrikas zu begrüßen", heißt Mahmadou Issoufou Angela Merkel im Präsidentenpalais in Niamey willkommen. Zum zweiten Mal schon ist die Bundeskanzlerin in der Hauptstadt von Niger zu Besuch, 2016 war sie erstmals hier, damals stand die Reise noch ganz im Zeichen ihrer Flüchtlingspolitik des Vorjahres. Merkel fand in Issoufou einen Partner, der selbst der illegalen – oder wie es hier heißt – verdeckten Migration den Kampf ansagte:
"Der erste Grund ist ein moralischer: Wir dürfen es nicht zulassen, dass junge Afrikaner in der Wüste oder im Mittelmeer sterben. Und dann geht es um unsere Sicherheit, denn die Schmuggler, die die Menschen nach Libyen bringen, kommen mit Waffen zu uns zurück."
In der Sahelregion ist die Migration zu einem tödlichen Kreislauf geworden. Mit Millionenzuschüssen für Kleinunternehmer hat Deutschland versucht, den Menschen in den Zentren der Schlepperindustrie Alternativen für einen legalen Lebensunterhalt zu eröffnen. Tatsächlich sind die Zahlen derer, die den Niger als Transitland auf dem Weg in den Norden durchqueren, drastisch verringert. Dennoch: Deutschland und Europa hätten noch längst nicht alle Zusagen eingehalten, die gemacht wurden, als man auf Hilfe die afrikanischen Länder angewiesen waren, um die Migration einzudämmen, klagte der nigrische Innenminister unmittelbar vor dem Besuch der Kanzlern in einem Zeitungsinterview:
"Dass da noch mehr erwartet wird, das verwundert mich nicht ehrlich gesagt. Und deshalb müssen wir da auch weitermachen."
Sicherheitslage in der Region verschlechtert
Bekennt die Kanzlerin in Niamey. Hilfszusagen im Wert von 25 Millionen Euro für medizinische Versorgung und Landwirtschaftsprojekte hat sie mitgebracht. 300 Flüchtlinge, besondere Härtefälle, sollen zusätzlich zu einem bereits übernommenen Kontingent nach Deutschland gebracht werden.
Die größte Not in den Sahel-Ländern, die Merkel auf dieser Reise besucht, aber ist längst eine andere: In den zwei Jahren seit ihrem letzten Besuch hat sich die Sicherheitslage in der gesamten Region dramatisch verschlechtern. Terrorgruppen und islamistische Extremisten breiten sich aus, die Folgen der Krise in Libyen drohen auf weite Teile Westafrikas überzugreifen.
"Ich glaube Sie wissen und sehen, dass die afrikanischen Länder hier in dieser Region dringend auf internationale Hilfe angewiesen sind."
Im malischen Gao, eine knappe Flugstunde von Niamey entfernt, erklärt die Bundeskanzlerin unmittelbar vor dem Besuch in Niger den hier stationierten deutschen Soldaten den Sinn ihres Einsatzes in der Gluthitze der Sahel-Wüste. Nächste Woche soll der Deutsche Bundestag das Mandat verlängern. Mit Spähtrupps und mit einer Aufklärungsdrohnen sollen weiterhin Terroristen aufgespürt und andere Einsätze der internationalen MINUSMA Mission absichert werden. Den harten Kampf führen derweil französische Streitkräfte mit ihrer Mission Barkhane.
Kritische Fragen an die Bundeskanzlerin
Wie frustrierend die Verschlechterung der Sicherheitslage auf die nächste Generation in den Sahel-Ländern wirkt, hatte Merkel am Morgen noch in Burkina-Faso, der ersten Station ihrer Reise, erlebt. Bei einem Besuch an der Universität von Ouagadougou wurde die Kanzlerin von Germanistik Studenten mit pointierten und kritischen Fragen konfrontiert:
"Die Terroristen ermorden uns mit Waffen, die in Ländern wie Deutschland, Frankreich, China und Russland hergestellt werden."
Wie kann das sein?, fragt Badogua Kaisho die Bundeskanzlerin und will wissen, ob Deutschland ihm und seinen Mitstudierenden wirklich helfen könne. Hoffnungen, Erwartungen und zugleich tiefe Skepsis schwingen in der Frage des jungen Mannes mit. Sie haben Angela Merkel auf der gesamten Reise begleitet.