Remme: Muss er sich den Vorwurf der Illoyalität gefallen lassen?
Arentz: Ich finde, es ist zumindest eine Illoyalität gegenüber der gemeinsamen Sache und gegenüber der Union, wenn man das zum jetzigen Zeitpunkt so äußert. Ich sehe auch überhaupt keinen Grund dafür, weil es erstens keinen Anlass gibt und zweitens, weil die Äußerungen in der Wertung meines Erachtens falsch sind.
Remme: Das heißt, Sie können sich die Kritik, sowohl was das Ausmaß angeht als auch den Zeitpunkt nicht erklären?
Arentz: Nein.
Remme: Glauben Sie denn, dass es Zufall war, denn Friedrich Merz ist doch als jemand bekannt, der durchaus kalkuliert, was er tut. Manche vermuten Ambitionen von ihm in Nordrhein-Westfalen, manche sehen ihn an der Seite von Roland Koch im Machtkampf gegen Angela Merkel.
Arentz: Er ist auf der einen Seite sicherlich ein ausgesprochen intelligenter und auch kühl kalkulierender Mensch, aber auf der anderen Seite kenne ich Friedrich Merz auch lange genug, um zu wissen, dass er manchmal so etwas wie ein christlich-demokratischer Sponti ist. Das ist manchmal ausgesprochen liebenswert und manchmal landet man damit, wie ich finde, auch voll neben der Sache. In diesen beiden Fällen, über die wir jetzt sprechen, ist er meines Erachtens neben der Sache gelandet.
Remme: Er redet sich da den Frust von der Seele, und es ist kein Wunder, wenn Sie jetzt die Parteichefin unterstützen. Aber hat man denn Ihrer Meinung nach wirklich klug mit ihm nach der Bundestagswahl verfahren?
Arentz: Ich finde, dass die Zusammenfügung der beiden Ämter, der Fraktionsvorsitzenden und der Parteivorsitzenden in einer Hand richtig war. Das ist eine Frage, die erst einmal nichts mit den handelnden Personen zu tun, sondern es ist eine strukturelle Frage. Schauen Sie mal: In den allermeisten Bundesländern, wo eine Partei in der Opposition ist, sind die Ämter Landesvorsitz und Fraktionsvorsitz zusammen. Wo Parteien in der Regierung sind, sind in der Regel die Ämter Regierungschefs und Parteivorsitzender in einer Hand. Ich glaube, dass eine solche Konzentration der Kräfte für die größte Oppositionsfraktion, für den Herausforderer vernünftig ist.
Remme: Beim Wähler bleibt möglicherweise jetzt nach dieser Geschichte der Eindruck, dass sich hier auf lange Zeit zwei Lager innerhalb der CDU bilden werden.
Arentz: Ich glaube nicht, dass dieser Eindruck bestehen bleibt. Jedenfalls sind wir gut beraten, alles dafür zu tun, dass er gar nicht erst entstehen kann. Er wäre im übrigen in der Sache auch völlig falsch.
Remme: Angela Merkel sagt, dass darüber in den Parteigremien geredet wird. Nicht darüber hinaus. Wird dieser Zwischenfall folgenlos bleiben, Herr Arentz?
Arentz: Ich hoffe, dass er eine positive Folge hat, nämlich dass alle noch einmal deutlich daran erinnert werden, dass ohne ein Minimum an Disziplin bei jedem Einzelnen man auch die besten Erfolgsaussichten noch schmälern kann. Und das wollen wir nicht.
Remme: Friedrich Merz, um noch auf eine andere Sache zu kommen, hat an diesem Wochenende gleich in zweifacher Hinsicht Schlagzeilen gemacht: Seine Kritik an den Gewerkschaften ist in der Schärfe fast ohne Beispiel. Das kann doch auch dem Arbeitnehmerflügel innerhalb der CDU nicht gefallen, oder?
Arentz: Da haben Sie völlig recht. Das gefällt mir auch nicht, und zwar nicht etwa deshalb, weil ich nicht Merzens Kritik teile, dass sich der DGB ausgesprochen vor den rot-grünen Karren hat spannen lassen und damit eigentlich gegen die heiligen Grundsätze der Einheitsgewerkschaft im letzten Wahlkampf verstoßen hat. Das muss angeprangert werden. Das haben wir als christlich-demokratische Arbeitnehmerschaft sowohl während wie auch nach dem Wahlkampf auch in aller Schärfe getan. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt aber ist, dass bei aller berechtigen Kritik an parteipolitische Willfährigkeiten einzelner DGB-Funktionäre nicht der Eindruck erweckt werden darf, als ob jetzt die eine große Volkspartei, nämlich die Christlich Demokratische Union sozusagen pauschal und undifferenziert gegen acht Millionen Gewerkschaftsmitglieder in Deutschland vorgehen wollte. Das wollen wir nicht. Der Eindruck könnte aber jetzt entstehen und deswegen finde ich, dass das ausgesprochen unglücklich ist.
Remme: Droht da eine Entfremdung zwischen den Arbeitnehmern und der CDU?
Arentz: Nein, das glaube ich nicht. Sehen Sie mal: Wir haben bei der letzten Bundestagswahl in keiner Wählergruppe so sehr zugelegt, wie ausgerechnet bei Arbeitern, die gleichzeitig Gewerkschaftsmitglieder sind. Da hat die SPD 7 Prozentpunkte eingebüßt und wir, die Union, 9 Prozentpunkte gewonnen. Das heißt, eigentlich bewegt sich das auf einem guten Wege und deswegen finde ich, dass man bei aller notwendigen Kritik an dem, was Einzelne innerhalb der Gewerkschaften falsch machen, dann immer den Einzelnen nennen muss, aber nicht eine Front aufmachen darf: Christliche Demokratische Union gegen den DGB. Das ist falsch.
Remme: Und wie bewerten Sie die konkreten Details, diese Vorschläge von CDU-Mitgliedern, entweder aus dem DGB auszutreten oder aber Mitgliedsbeiträge zurückzuhalten?
Arentz: Also, ich glaube, wenn christliche Demokraten aus dem DGB austreten, wird der Weg des DGB zurück zu einer tatsächlich dem Namen auch Rechnung tragenden Einheitsgewerkschaft eher schwieriger als dass er leichter wird. Deswegen finde ich ist das ein falscher Ratschlag. Was die Frage angeht, Beiträge zurückzuhalten. Das muss jeder Einzelne selber entscheiden. Ich kenne eine ganze Reihe von Mitgliedern der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft, die in den letzten Monaten ihre Beiträge gekürzt haben, weil sie gesagt haben: Wir sehen nicht ein, dass wir mit einem Teil unseres Gewerkschaftsbeitrages Propaganda gegen die eigene Partei finanzieren.
Remme: Und dafür haben Sie also Verständnis?
Arentz: Ja, das finde ich auch in Ordnung.
Remme: Der CDU-Politiker, Hermann-Josef Arentz. Er ist auch Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse.
Link: Interview als RealAudio