
Merz sagte bei einer Pressekonferenz in Berlin, die Bundesregierung habe schon lange vor der Erklärung von rund zwei Dutzend Staaten genau die dort aufgestellten Forderungen vertreten. Eine wenige Wochen alte Erklärung des Europäischen Rates sei praktisch inhaltsgleich mit dem nun veröffentlichten Brief. Zudem sei er in Deutschland einer der Ersten gewesen, die in aller Deutlichkeit die Zustände im Gazastreifen als nicht hinnehmbar beschrieben hätten. Merz forderte die israelische Regierung erneut auf, die massiven militärischen Interventionen zu stoppen, einen Waffenstillstand zu ermöglichen und humanitäre Hilfe für die Bevölkerung zu ermöglichen.
Warum die Bundesregierung trotz der inhaltlichen Überschneidungen mit der Erklärung der 28 Staaten dennoch nicht mit zu den Unterzeichnern gehörte, erklärte Merz nicht. DLF-Redakteur Steffen Wurzel sprach von einem "Dilemma der Bundesregierung". Die Äußerungen von Merz und Wadephul gegenüber Israel seien für deutsche Verhältnisse sehr deutlich. Ihnen gehe es nun jedoch darum, die israelische Regierung nicht an den Pranger zu stellen, betonte Wurzel.
Hardt: Erklärung verstärkt gefühlte Isolation der israelischen Regierung
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hardt, führte eine ähnliche Argumentation an. Bundesaußenminister Wadephul habe die Erklärung zahlreicher Staaten nicht unterschrieben, da sie die gefühlte Isolation der israelischen Regierung nur verstärke, sagte Hardt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Frustration vieler Freunde Israels - und dazu zähle er auch die SPD - müsse für die Führung in Jerusalem aber ein Zeichen sein, fügte der CDU-Politiker hinzu.
SPD fordert Unterstützung der internationalen Erklärung
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte die Bundesregierung zuvor aufgefordert, den Appell ebenfalls zu unterstützen. Bundesentwicklungsministerin Alabali Radovan erklärte, sie bedauere, dass sich Deutschland nicht der internationalen Initiative angeschlossen habe. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Miersch sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", wenn internationales Recht systematisch verletzt werde, müsse das Konsequenzen haben. Außerdem brisant: Deutschland ist weiterhin einer der größten Waffenlieferanten Israels.
Gestern hatten zunächst 25 Länder, darunter Großbritannien, Frankreich und Italien, in einer gemeinsamen Erklärung ein sofortiges Kriegsende im Gazastreifen gefordert. Heute schlossen sich drei weitere Länder sowie die EU-Kommission an. Das Leiden der Zivilbevölkerung in dem Palästinensergebiet habe ein neues Ausmaß erreicht, heißt es in der Erklärung. Die unterzeichnenden Länder fordern Israel auf, "seinen Verpflichtungen gemäß dem humanitären Völkerrecht nachzukommen" und die Beschränkungen bei den Hilfslieferungen in dem Gebiet unverzüglich aufzugeben.
Weiterführende Informationen
"Vorgehen in Gaza ist unerträglich": Was folgt aus Merz‘ Israelkritik? (Audio)
Diese Nachricht wurde am 22.07.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.