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Methamphetamin Yaba in Bangladesch
Jeder Befragte scheint zu wissen, wo es die Pillen gibt

Sie nennen es "die Droge des Wahnsinns": In Bangladesch ist der Konsum des Methamphetamins Yaba in nur fünf Jahren um das 25-Fache explodiert. Bis zu zwei Millionen Pillen werden nach offiziellen Schätzungen täglich eingeworfen in dem Land, das etwa doppelt so viel Einwohner wie Deutschland hat.

Von Silke Diettrich | 21.07.2017
    Ein Polizist mit Mundschutz und Sonnenbrille im Profil vor einem Haufen in Plastiktüten voller rosafarbener Pillen, die die Modedroge Yaba enthalten, laut dpa sind es knapp drei Tonnen. Aufgenommen am 26. Juni 2008 in Thailand
    Das Methamphetamin Yaba ist schon 2008 in Thailand aufgetaucht, deutsche Soldaten sollen sie im Zweiten Weltkrieg als Pervitin zur Kampfleistungs-Steigerung genommen haben. In Bangladesch werden derzeit geschätzt zwei Millionen Pillen pro Tag eingeworfen. (dpa / picture alliance / Virunan Chiddaycha)
    Die Droge des Wahnsinns überflutet Bangladesch. Ihr Name ist Yaba.
    Bis zu zwei Millionen Pillen, so schätzt das Drogendepartement, würden in Bangladesch konsumiert, und zwar täglich. Yaba ist eine Mischung aus Methamphetamin und Koffein, im Westen auch als Nazi Speed bekannt. Deutsche Soldaten sollen diesen Drogenmix eingenommen haben, um tagelang kämpfen zu können. In Asien nennen sie die kleinen Pillen "die Droge des Wahnsinns", weil Konsumenten kaum schlafen, wenig essen, und aggressiv werden. Im muslimischen Bangladesch ist die Droge auf dem Vormarsch.
    Der Motorradrikschafahrer glaubt, Touristen an Bord zu haben. Täglich fährt er durch die Straßen von Cox's Bazar, der größten Stadt am längsten Strand der Welt. Auf die Frage, ob er die Droge Yaba kenne, fragt er zurück, welche Qualität wir bräuchten. Er könne die Pillen im Wert von 50 Cent oder drei Euro besorgen. Ein Zimmer, wo wir die Droge in Ruhe rauchen könnten, koste auch nur einen Euro pro halbe Stunde. Egal wen wir fragen, Ladenbesitzer, Apotheker oder Passanten, jeder hier weiß, wie und wo man die kleinen pinken Pillen besorgen kann.
    Abhängiger: "Das Zeug zerstört unsere Gesellschaft"
    "Das einzige Geschäft hier in der Provinz, das läuft, ist der Deal mit den Yaba-Pillen", sagt Fahad Kamal. Seit drei Monaten ist er in Cox's Bazar in einer Entzugsklinik. Er habe schon 12-Jährige gesehen, die das Zeug rauchen würden. Genauso wie alte Menschen. Arme Lkw-Fahrer, die wach bleiben müssen, oder seine reichen Klassenkameradinnen, die abnehmen wollen:
    "Das Zeug zerstört unsere Gesellschaft. Wenn du einmal abhängig geworden bist, kommst du nicht mehr alleine davon los. Ich habe es geraucht, weil ich dachte, ich käme bei den Mädchen besser an. Du kommst dir so mächtig vor, aber das Zeug macht dich auch wütend. Ein Abhängiger, der aggressiv ist und sich mächtig fühlt, das ist supergefährlich!"
    30 Millionen Pillen allein 2016 beschlagnahmt
    Im Süden von Bangladesch hat die Polizei im letzten Jahr Pillen im Wert von über 14 Millionen Euro beschlagnahmen können. Hier gibt es die meisten Drogenabhängigen im Land. Denn die südlichste Provinz in Bangladesch liegt an der Grenze zu Myanmar. Dort werden die Pillen produziert. Sind die Drogen einmal über die Grenze gelangt, werden sie durch das ganze Land geschmuggelt. Über 30 Millionen Yaba-Pillen hat die Polizei im letzten Jahr in Bangladesch beschlagnahmt. Das sei doch ein Zeichen, sagt Mainuddin Khan, ein lokaler Polizeibeamter in Cox's Bazar:
    "Die Situation ist so gut wie möglich unter Kontrolle. Wir, die Polizei, nehmen die Dealer fest, die Grenzkontrolleure erwischen die Schmuggler. Alle unsere Kräfte ziehen hier an einem Strang."
    Konsum in fünf Jahren um 2.500 Prozent gestiegen
    Umgekehrt könnte man sagen, niemand weiß, wie viele Pillen von den Behörden unentdeckt bleiben. Bei festgenommenen Drogendealern finden sie Goldbarren und Bündel voller Geldscheine. Das Geschäft lohnt sich, die Nachfrage steigt. 70 Prozent aller Süchtigen im Land sind abhängig von Yaba. Der Konsum der Pillen ist in den letzten fünf Jahren enorm gestiegen: Um 2500 Prozent. Und anscheinend will niemand etwas an der Situation ändern, sagt Didarul Rashedm, er ist der Leiter der Entzugsklinik in Cox's Bazar:
    "Selbst unsere Abgeordneten stecken in den Drogengeschäften mit drin. Und keiner denkt darüber nach, was das für unser Land bedeutet, wenn hier alle abhängig sind. Darüber macht sich keiner einen Kopf."
    Im Frühjahr Politiker mit 100.000 Pillen erwischt
    Tatsächlich hat die Polizei im Frühjahr bei einem Politiker im Süden des Landes über 100.000 Pillen entdeckt. Er stand an der Spitze der Jugendorganisation seiner Partei.