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Migration
Parteien diskutieren über mögliches Einwanderungsgesetz

Braucht Deutschland ein Einwanderungsgesetz? Spitzenpolitiker sind da unterschiedlicher Meinung - auch darüber, was das Gesetz genau regeln soll. Dennoch könnten die Überlegungen zu so einer Regelung noch in dieser Legislaturperiode konkreter werden.

Von Gudula Geuther | 27.07.2015
    Flüchtlinge aus Albanien in der zur Flüchtlingsunterkunft umgebauten Alfred-Fischer-Halle in Hamm
    Was sollte in einem Einwanderungsgesetz stehen? Das diskutieren Politiker derzeit. (picture alliance/dpa/Ina Fassbender)
    Überlegungen zu einem deutschen Einwanderungsgesetz könnten sich noch in dieser Legislaturperiode konkretisieren: "Ich will auch nicht ausschließen, dass hierüber irgendwann noch in der Koalition gesprochen wird", sagte ungefragt Regierungssprecher Georg Streiter.
    Was in einem solchen Gesetz allerdings stehen könnte, ist noch recht offen. In einem Strategiepapier schlägt CDU-Vize Armin Laschet vor, bestehende Vorschriften zusammenzufassen. Wörtlich heißt es darin: "Isoliert betrachtet gibt es viele gelungene Ansätze für die Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft. Wir müssen diese guten Ansätze widerspruchsfrei und besser miteinander verknüpfen und in einem Gesetz zusammenführen."
    Tatsächlich bestreiten auch Gegner des Gesetzes nicht, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Dazu allerdings reichten die bestehenden Vorschriften, sagt seit langem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Und im Deutschlandfunk der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer:
    "Wir hatten letztes Jahr eine Million Zuwanderer nach Deutschland. Das ist nach den Vereinigten Staaten die zweithöchste Zahl - mehr als Kanada, mehr als Australien, mehr als Neuseeland."
    Streitpunkt humanitäre Zuwanderung
    SPD, Grüne und Linke wollen mehr, verstehen den Begriff des Einwanderungsgesetzes allerdings unterschiedlich. So fordern die Grünen etwa unter der Überschrift Einwanderungsgesetz auch höhere Schutzstandards für Asylsuchende oder erleichterten Familiennachzug und bessere Bildungsangebote. Andere trennen die Diskussion um das neue Gesetz strikt von der humanitär begründeten Zuwanderung. Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck stellt dabei klar:
    "Den Flüchtlingsschutz darf man nicht kontingentieren, sondern hier muss man nach humanitären Maßstäben versuchen, den Menschen zu helfen und Schutz zu bieten, die ihn brauchen."
    Und das ist Konsens in allen Fraktionen des Bundestages. Was das Einwanderungsgesetz in einem engeren Sinn angeht, so fordern Grüne und SPD ein Punktesystem. Die SPD hat im März ein Papier vorgelegt, das immer noch Stand der Diskussion ist. Fraktionschef Thomas Oppermann damals:
    "Die Kriterien sollen ähnlich sein wie die, die in Kanada und anderen Einwanderungsländern zugrunde gelegt werden. Das heißt, man kann sich qualifizieren für eine Einwanderung durch eine gute Berufsausbildung, durch Berufserfahrung, Lebensalter, Sprachkenntnisse."
    Flüchtlings als Einwanderer
    Mit solchen Kriterien allein hatte gerade Kanada die Erfahrung gemacht, dass auch gut Qualifizierte oft keine Arbeit finden. Ein Arbeitsvertrag oder Jobangebot sollen deshalb besonders viele Punkte bringen. Eine der umstrittensten Fragen ist, wie weit Flüchtlinge als Einwanderer in diesem Sinn anzusehen sind. Für den Grünen Volker Beck ist es im Sinne aller, ihre Potenziale zu nutzen.
    "Deshalb sollte man einen Flüchtling, den wir ohnehin auf dem Arbeitsmarkt als Arbeitskraft brauchen von seiner Qualifikation her ermöglichen zu sagen: Ich wechsle meinen Status von dem eines Flüchtlings oder Asylbewerbers zur Arbeitskraft, die einwandern will."
    Auch die SPD ist dafür. Die Union fürchtet hier allerdings falsche Anreize. Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Raimund Becker, hatte vor einer Woche gefordert, mindestens Hochqualifizierte, die auch bei einer Bewerbung aus dem Ausland Chancen auf eine Blue-Card hätten, müssten aus dem Flüchtlings- in den Einwandererstatus wechseln können. Teile der Union sind hier offen. Bundesinnenminister de Maizière hat den Vorschlag dagegen bereits abgelehnt.