Jürgen Liminski: Der Koalitionsausschuss hat gestern spät Abends das Konzept der Unternehmenssteuerreform gebilligt, die Entscheidung über den Börsengang der Bahn vertagt und sich erwartungsgemäß darüber verständigt, dass die Steuerfinanzierung für die Kindermitversicherung vorgezogen werde. Die Atmosphäre im Koalitionsausschuss soll bestens gewesen sein, so jedenfalls SPD-Chef Kurt Beck.
Am kommenden Donnerstag soll nun der Haushaltsausschuss des Bundestages den Etat für 2007 festzurren. Bis dahin ist die Stunde der Experten, an die die großen Entscheidungen der Koalitionäre verwiesen wurden, aber auch die Ministerpräsidenten werden vielleicht noch ein Wort mitreden. Einen haben wir jetzt am Telefon. Es ist der Ministerpräsident des Freistaats Sachsen Georg Milbradt. Zunächst mal guten Morgen!
Georg Milbradt: Guten Morgen!
Liminski: Herr Milbradt, bei einem Thema, das Geld kosten könnte, haben sich die Parteien bisher gegensätzlich festgelegt und es gestern Abend auch nicht definitiv behandelt. Es geht um das Arbeitslosengeld I. Die SPD lehnt eine Staffelung ab, wie es die nordrhein-westfälische CDU vorschlägt nach dem Motto, wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, der soll im Bedarfsfall auch länger Arbeitslosengeld beziehen. Nach Berechnungen des Arbeitsministeriums würde die Umsetzung dieses Vorschlags 1,2 Milliarden mehr kosten. Was sagt der Ministerpräsident von Sachsen dazu?
Milbradt: Der Vorschlag der nordrhein-westfälischen CDU sagt ja, dass man die 1,2 Milliarden bei den jungen Beitragszahlern holen soll, indem man nämlich deren Ansprüche weiter verkürzt. Ich sehe da kaum eine praktikable Lösung, ganz davon abgesehen, dass wir auch wieder ein Generationenproblem haben. Wir müssen auch an die jüngere Generation denken, denn die ganze demografische Veränderung wird ja die junge Generation treffen und die dürfen wir nicht überbelasten.
Liminski: Diskutiert wurde gestern Abend auch, wie der schnellere Einstieg in die steuerfinanzierte Kindermitversicherung bei den Krankenkassen erreicht werden könnte. Gleichzeitig soll der Rentenbeitrag steigen. Geht es da nicht zu wie auf dem Verschiebebahnhof, in die eine Tasche rein, aus der anderen raus?
Milbradt: Dass man die Krankenversicherung für Kinder über Steuern finanziert, halte ich im Prinzip für richtig, allerdings dann für alle Kinder, ob nun versicherte Kinder über die Sozialversicherung, also die soziale Krankenversicherung, oder über Privatversicherung. Dort müssten dann alle beitragsfrei gestellt werden. Das wäre richtig, aber es geht nicht, dass man nur unter Beitragserhöhungsgesichtspunkten Geld in die Kassen rein tut oder aus der anderen Kasse herausnimmt. Das ist sicherlich keine vernünftige Politik. Grundsätzlich aber die Kinder beitragsfrei zu stellen, das als politisches Ziel anzusehen, halte ich für richtig.
Liminski: Es fällt auf, dass es bei all den Berechnungen fast immer um Sozialabgaben geht, man so tut als würde sich die Lage demnächst bessern, etwa wenn die Arbeitslosigkeit sinke. Aber gerade heute will das Statistische Bundesamt die neuesten Zahlen zur Demografie veröffentlichen. Man wird feststellen, dass es künftig mehr Rentner und weniger Erwerbstätige geben wird. Brauchen wir nicht ein Gesamtkonzept, um die demografische und damit auch sozialstaatliche Herausforderung zu meistern? Sie haben ja eben auch vom Generationenproblem gesprochen. Davon sind ja besonders die Ostländer betroffen.
Milbradt: Zunächst einmal gilt, dass unser Sozialstaat, insbesondere die Sozialversicherungssysteme nicht demografiefest sind, dass sie also bei der Veränderung der Struktur, mehr Ältere, die aus den Kassen Geld herausbekommen aufgrund ihrer Ansprüche, und weniger zahlen ein, eine ständig steigende Beitragslast zu erwarten haben, wenn man da nichts tut. Da aber die Systeme gesamtdeutsch finanziert sind, gibt es dort kein spezifisches Ostproblem.
Das spezifische Ostproblem besteht in der Anpassung der Strukturen, der öffentlichen Strukturen in Ostdeutschland selber. Wie kann man bei einer sehr schnell sinkenden und sehr schnell älter werdenden Bevölkerung, Prozesse die deutlich schneller ablaufen als in Westdeutschland, garantieren, dass die Bürger auch dieselben Dienstleistungen im Gesundheitsbereich, Krankenhaus oder im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, bekommen.
Liminski: Sie sprechen von den spezifischen Ostproblemen und sagen, wir müssen demografiefest werden. Was macht denn Sachsen, um dieses Ausbluten zu verhindern?
Milbradt: Wir haben uns seit zwei Jahren mit diesem Thema beschäftigt, um überhaupt Bewusstsein zu schaffen, was an Veränderungen schon vor uns steht aufgrund einfach des Geburtendefizites. Deswegen haben wir eine Demografiekommission eingerichtet von hochrangigen Fachleuten, die jetzt nach eineinhalb Jahren ihren Bericht vorstellen wird auf einem Demografiegipfel am 8. 11. in Dresden. Dort ist eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, wie wir bei zurückgehender Einnahme - denn wir haben ja in demselben Zeitpunkt auch Rückgänge aus dem Solidarpakt zu erwarten - und bei sinkender Bevölkerung aufgrund der Geburten erreichen können, dass wir attraktiv genug bleiben, um auch auf Dauer wieder durch Zuwanderung Bevölkerung zu bekommen, wie wir gewährleisten, dass insbesondere im ländlichen Raum die staatlichen Angebote auch sichergestellt werden, dass sie bezahlbar bleiben, und da müssen wir jetzt anfangen.
Liminski: Sie haben eben das Stichwort Solidarpakt genannt. Um den Solidarbeitrag gibt es immer wieder mal Diskussionen. Auch jetzt wieder wird dem Osten vorgeworfen, er verschwende fünf Milliarden. Wenn nun wie Sie und die Experten sagen die Infrastruktur eines Landes auch von den Folgen des demografischen Defizits betroffen ist, braucht man dann noch diese Milliarden? Es gibt ja auch Experten, die die These von der demografischen Rendite aufstellen, also weniger Kinder, weniger Kosten.
Milbradt: Zunächst einmal glaube ich, dass angesichts der Haushalte die zugesagten Mittel, die ja degressiv sind bis 2019, benötigt werden. Wir in Sachsen haben uns bemüht, haben das ja auch fast immer geschafft, die Mittel zweckentsprechend auszugeben und auch eine niedrige Verschuldung zu haben, so dass wir von der finanzpolitischen Seite an sich ganz gut aufgestellt sind. Aber natürlich gibt es kurzfristig eine Rendite. Weniger Kinder heißt weniger Ausgaben für Kinder, wenn man nicht gleichzeitig die Qualität erhöht und dann die Ausgaben pro Kopf zum Beispiel in der Schule erhöht. Wir müssen jetzt aber sehen, dass diese Minderausgaben nicht einfach verbraten werden, sondern dass die dann auch dort angelegt werden, wo die Probleme in der Zukunft auftreten - und das ist bei der älteren Bevölkerung - und wir müssen vor allen Dingen auch unsere Infrastruktur umbauen. Wir müssen sie eben auf eine niedrigere Bevölkerungszahl ausrichten und vor allen Dingen auf eine älter werdende Bevölkerungszahl. Die Bedürfnisse von älteren Menschen sind andere als von jüngeren. Wir müssen jetzt bei unseren Investitionen schon vor Augen haben, wie denn die Situation in 20 Jahren aussieht. Das heißt also wir können nicht die gegenwärtige Bedarfslage einfach in die Zukunft verlängern, sondern wir müssen die Veränderungen, die schon jetzt absehbar sind, einbeziehen, damit es nicht zu Fehlinvestitionen kommt, dass wir auch unsere Personalstrukturen straffen, damit wir nicht zu viel Personal haben, aber trotzdem das, was der Bürger vom Staat erwartet, öffentliche Sicherheit, Bildung, Krankenversorgung, auch gewährleisten können.
Liminski: Und dieser Umbau, der kostet Geld, oder spart man dabei?
Milbradt: Natürlich! Wenn sie zum Beispiel stärker für ältere Leute etwas vorhalten wollen, müssen sie natürlich auch öffentliches Geld bezahlen. Wenn sie zum Beispiel im Gesundheitsbereich ich glaube in Zukunft höhere Ausgaben haben werden, dann müssen sie jetzt schon versuchen, zum Beispiel ihr Krankenhaussystem, ihr System der ambulanten Vorsorge daraufhin auszurichten.
Liminski: Aber für die Schulen stimmt die Gleichung von der demografischen Rendite doch, oder halten Sie diese Gleichung grundsätzlich für unsinnig?
Milbradt: Natürlich. Zunächst einmal haben sie weniger Ausgaben. Sie brauchen weniger Lehrer. Die Schulgebäude stehen ja da. Die Kosten gehen ja nicht von alleine weg, aber sie haben weniger Lehrer. Jetzt haben sie die Wahl. Sie können entweder sagen, ich will die Lehrerzahl behalten und damit mehr Unterricht oder eine bessere Schüler-Lehrer-Relation den Kindern geben, den verbleibenden Kindern. Ich kann hingehen und sagen, ich will das Geld zur Konsolidierung des Etats benutzen, also Schuldentilgung oder Reduzierung von Nettoneuschulden, oder ich kann die Mittel dafür verwenden, zum Beispiel im Bereich der Alteneinrichtungen und der Gesundheitseinrichtungen verstärkte Anstrengungen zu unternehmen. Wie man sich auch immer entscheidet, man muss das Gesamtkonzept im Auge haben. Sonst kann man keine vernünftige Entscheidung treffen. Das heißt man muss sich über die Alternativen, die dort sind, im Klaren sein. Sonst wird eben diese Demografiedividende - aber das will ich wirklich in Anführungsstriche setzen, denn es ist gar keine echte Dividende - verfrühstückt werden und man hätte zwar weniger Ausgaben bei Kindern möglicherweise, aber man hätte die Probleme der Demografie nicht gelöst.
Liminski: Sachsen stellt sich der demografisch-sozialen Herausforderung. Das war der Ministerpräsident des Freistaats Georg Milbradt. Besten Dank für das Gespräch, Herr Milbradt!
Milbradt: Vielen Dank Herr Liminski!
Am kommenden Donnerstag soll nun der Haushaltsausschuss des Bundestages den Etat für 2007 festzurren. Bis dahin ist die Stunde der Experten, an die die großen Entscheidungen der Koalitionäre verwiesen wurden, aber auch die Ministerpräsidenten werden vielleicht noch ein Wort mitreden. Einen haben wir jetzt am Telefon. Es ist der Ministerpräsident des Freistaats Sachsen Georg Milbradt. Zunächst mal guten Morgen!
Georg Milbradt: Guten Morgen!
Liminski: Herr Milbradt, bei einem Thema, das Geld kosten könnte, haben sich die Parteien bisher gegensätzlich festgelegt und es gestern Abend auch nicht definitiv behandelt. Es geht um das Arbeitslosengeld I. Die SPD lehnt eine Staffelung ab, wie es die nordrhein-westfälische CDU vorschlägt nach dem Motto, wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, der soll im Bedarfsfall auch länger Arbeitslosengeld beziehen. Nach Berechnungen des Arbeitsministeriums würde die Umsetzung dieses Vorschlags 1,2 Milliarden mehr kosten. Was sagt der Ministerpräsident von Sachsen dazu?
Milbradt: Der Vorschlag der nordrhein-westfälischen CDU sagt ja, dass man die 1,2 Milliarden bei den jungen Beitragszahlern holen soll, indem man nämlich deren Ansprüche weiter verkürzt. Ich sehe da kaum eine praktikable Lösung, ganz davon abgesehen, dass wir auch wieder ein Generationenproblem haben. Wir müssen auch an die jüngere Generation denken, denn die ganze demografische Veränderung wird ja die junge Generation treffen und die dürfen wir nicht überbelasten.
Liminski: Diskutiert wurde gestern Abend auch, wie der schnellere Einstieg in die steuerfinanzierte Kindermitversicherung bei den Krankenkassen erreicht werden könnte. Gleichzeitig soll der Rentenbeitrag steigen. Geht es da nicht zu wie auf dem Verschiebebahnhof, in die eine Tasche rein, aus der anderen raus?
Milbradt: Dass man die Krankenversicherung für Kinder über Steuern finanziert, halte ich im Prinzip für richtig, allerdings dann für alle Kinder, ob nun versicherte Kinder über die Sozialversicherung, also die soziale Krankenversicherung, oder über Privatversicherung. Dort müssten dann alle beitragsfrei gestellt werden. Das wäre richtig, aber es geht nicht, dass man nur unter Beitragserhöhungsgesichtspunkten Geld in die Kassen rein tut oder aus der anderen Kasse herausnimmt. Das ist sicherlich keine vernünftige Politik. Grundsätzlich aber die Kinder beitragsfrei zu stellen, das als politisches Ziel anzusehen, halte ich für richtig.
Liminski: Es fällt auf, dass es bei all den Berechnungen fast immer um Sozialabgaben geht, man so tut als würde sich die Lage demnächst bessern, etwa wenn die Arbeitslosigkeit sinke. Aber gerade heute will das Statistische Bundesamt die neuesten Zahlen zur Demografie veröffentlichen. Man wird feststellen, dass es künftig mehr Rentner und weniger Erwerbstätige geben wird. Brauchen wir nicht ein Gesamtkonzept, um die demografische und damit auch sozialstaatliche Herausforderung zu meistern? Sie haben ja eben auch vom Generationenproblem gesprochen. Davon sind ja besonders die Ostländer betroffen.
Milbradt: Zunächst einmal gilt, dass unser Sozialstaat, insbesondere die Sozialversicherungssysteme nicht demografiefest sind, dass sie also bei der Veränderung der Struktur, mehr Ältere, die aus den Kassen Geld herausbekommen aufgrund ihrer Ansprüche, und weniger zahlen ein, eine ständig steigende Beitragslast zu erwarten haben, wenn man da nichts tut. Da aber die Systeme gesamtdeutsch finanziert sind, gibt es dort kein spezifisches Ostproblem.
Das spezifische Ostproblem besteht in der Anpassung der Strukturen, der öffentlichen Strukturen in Ostdeutschland selber. Wie kann man bei einer sehr schnell sinkenden und sehr schnell älter werdenden Bevölkerung, Prozesse die deutlich schneller ablaufen als in Westdeutschland, garantieren, dass die Bürger auch dieselben Dienstleistungen im Gesundheitsbereich, Krankenhaus oder im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, bekommen.
Liminski: Sie sprechen von den spezifischen Ostproblemen und sagen, wir müssen demografiefest werden. Was macht denn Sachsen, um dieses Ausbluten zu verhindern?
Milbradt: Wir haben uns seit zwei Jahren mit diesem Thema beschäftigt, um überhaupt Bewusstsein zu schaffen, was an Veränderungen schon vor uns steht aufgrund einfach des Geburtendefizites. Deswegen haben wir eine Demografiekommission eingerichtet von hochrangigen Fachleuten, die jetzt nach eineinhalb Jahren ihren Bericht vorstellen wird auf einem Demografiegipfel am 8. 11. in Dresden. Dort ist eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, wie wir bei zurückgehender Einnahme - denn wir haben ja in demselben Zeitpunkt auch Rückgänge aus dem Solidarpakt zu erwarten - und bei sinkender Bevölkerung aufgrund der Geburten erreichen können, dass wir attraktiv genug bleiben, um auch auf Dauer wieder durch Zuwanderung Bevölkerung zu bekommen, wie wir gewährleisten, dass insbesondere im ländlichen Raum die staatlichen Angebote auch sichergestellt werden, dass sie bezahlbar bleiben, und da müssen wir jetzt anfangen.
Liminski: Sie haben eben das Stichwort Solidarpakt genannt. Um den Solidarbeitrag gibt es immer wieder mal Diskussionen. Auch jetzt wieder wird dem Osten vorgeworfen, er verschwende fünf Milliarden. Wenn nun wie Sie und die Experten sagen die Infrastruktur eines Landes auch von den Folgen des demografischen Defizits betroffen ist, braucht man dann noch diese Milliarden? Es gibt ja auch Experten, die die These von der demografischen Rendite aufstellen, also weniger Kinder, weniger Kosten.
Milbradt: Zunächst einmal glaube ich, dass angesichts der Haushalte die zugesagten Mittel, die ja degressiv sind bis 2019, benötigt werden. Wir in Sachsen haben uns bemüht, haben das ja auch fast immer geschafft, die Mittel zweckentsprechend auszugeben und auch eine niedrige Verschuldung zu haben, so dass wir von der finanzpolitischen Seite an sich ganz gut aufgestellt sind. Aber natürlich gibt es kurzfristig eine Rendite. Weniger Kinder heißt weniger Ausgaben für Kinder, wenn man nicht gleichzeitig die Qualität erhöht und dann die Ausgaben pro Kopf zum Beispiel in der Schule erhöht. Wir müssen jetzt aber sehen, dass diese Minderausgaben nicht einfach verbraten werden, sondern dass die dann auch dort angelegt werden, wo die Probleme in der Zukunft auftreten - und das ist bei der älteren Bevölkerung - und wir müssen vor allen Dingen auch unsere Infrastruktur umbauen. Wir müssen sie eben auf eine niedrigere Bevölkerungszahl ausrichten und vor allen Dingen auf eine älter werdende Bevölkerungszahl. Die Bedürfnisse von älteren Menschen sind andere als von jüngeren. Wir müssen jetzt bei unseren Investitionen schon vor Augen haben, wie denn die Situation in 20 Jahren aussieht. Das heißt also wir können nicht die gegenwärtige Bedarfslage einfach in die Zukunft verlängern, sondern wir müssen die Veränderungen, die schon jetzt absehbar sind, einbeziehen, damit es nicht zu Fehlinvestitionen kommt, dass wir auch unsere Personalstrukturen straffen, damit wir nicht zu viel Personal haben, aber trotzdem das, was der Bürger vom Staat erwartet, öffentliche Sicherheit, Bildung, Krankenversorgung, auch gewährleisten können.
Liminski: Und dieser Umbau, der kostet Geld, oder spart man dabei?
Milbradt: Natürlich! Wenn sie zum Beispiel stärker für ältere Leute etwas vorhalten wollen, müssen sie natürlich auch öffentliches Geld bezahlen. Wenn sie zum Beispiel im Gesundheitsbereich ich glaube in Zukunft höhere Ausgaben haben werden, dann müssen sie jetzt schon versuchen, zum Beispiel ihr Krankenhaussystem, ihr System der ambulanten Vorsorge daraufhin auszurichten.
Liminski: Aber für die Schulen stimmt die Gleichung von der demografischen Rendite doch, oder halten Sie diese Gleichung grundsätzlich für unsinnig?
Milbradt: Natürlich. Zunächst einmal haben sie weniger Ausgaben. Sie brauchen weniger Lehrer. Die Schulgebäude stehen ja da. Die Kosten gehen ja nicht von alleine weg, aber sie haben weniger Lehrer. Jetzt haben sie die Wahl. Sie können entweder sagen, ich will die Lehrerzahl behalten und damit mehr Unterricht oder eine bessere Schüler-Lehrer-Relation den Kindern geben, den verbleibenden Kindern. Ich kann hingehen und sagen, ich will das Geld zur Konsolidierung des Etats benutzen, also Schuldentilgung oder Reduzierung von Nettoneuschulden, oder ich kann die Mittel dafür verwenden, zum Beispiel im Bereich der Alteneinrichtungen und der Gesundheitseinrichtungen verstärkte Anstrengungen zu unternehmen. Wie man sich auch immer entscheidet, man muss das Gesamtkonzept im Auge haben. Sonst kann man keine vernünftige Entscheidung treffen. Das heißt man muss sich über die Alternativen, die dort sind, im Klaren sein. Sonst wird eben diese Demografiedividende - aber das will ich wirklich in Anführungsstriche setzen, denn es ist gar keine echte Dividende - verfrühstückt werden und man hätte zwar weniger Ausgaben bei Kindern möglicherweise, aber man hätte die Probleme der Demografie nicht gelöst.
Liminski: Sachsen stellt sich der demografisch-sozialen Herausforderung. Das war der Ministerpräsident des Freistaats Georg Milbradt. Besten Dank für das Gespräch, Herr Milbradt!
Milbradt: Vielen Dank Herr Liminski!