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MINT-Report 2015
Einwanderer zur Fachkräftesicherung gesucht

Der Fachkräftemangel in den sogenannten MINT-Fächern - also den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik - ist schon fast sprichwörtlich. Er könnte noch stärker ausfallen, skizziert der MINT-Report 2015, wenn es die Zuwanderung nicht gäbe. Flüchtlinge bieten auch Potenzial für die Fachkräftesicherung - allerdings nicht im großen Maße.

Von Jenny Genzmer | 15.10.2015
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    MINT-Fachkräfte sind weiterhin sehr gefragt in Deutschland. ( imago/blickwinkel)
    Im September hatte Deutschland den höchsten Fachkräftemangel seit drei Jahren. Dass den Unternehmen aber nicht 200.000 Fachkräfte, sondern nur gut 164.000 fehlen, verdanken die Unternehmen hauptsächlich Polen Russland, Indien und Spanien. Von dort kommen die höchsten Zahlen der in den MINT-Fächern qualifizierten Einwanderer. Das ist das Ergebnis des Mint-Herbstreports 2015:
    "Im Umkehrschluss heißt das, die Fachkräfteengpässe wären heute deutlich größer, da Deutschland in den letzten Jahren in hohem Maße von der Zuwanderung profitiert. Wäre die Beschäftigung von Ausländern etwa so stark gestiegen wie von den Deutschen, würde die Fachkräftelücke bei deutlich über 200.000 liegen. Also Zuwanderung hilft bei der Fachkräftesicherung."
    Qualifizierte Zuwanderung als Fachkräfteausgleich
    Sagte Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, der den Report in Berlin vorstellte. Auch Michael Stahl vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall betonte, es sei hauptsächlich auf die Zuwanderung aus Ost- und Mitteleuropa, sowie China und Indien zurückzuführen, dass das Beschäftigungswachstum in den MINT-Berufen immerhin um gut 2,5 Prozent gestiegen ist:
    "Während die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland, der deutschen Arbeitnehmer in den MINT-Berufen, um zwei Prozent gestiegen ist, haben die ausländischen Fachkräfte um 10,6 Prozent zugelegt."
    Dabei sei es wichtig, zwischen qualifizierten Einwanderern und Flüchtlingen zu unterscheiden, sagte Axel Plünnecke:
    "Fraglich ist, ob Rekordwanderung einen deutlichen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten kann. Das ist ja auch nicht das Ziel. Das Ziel ist ja humanitäre Aufnahme."
    Zwar sei die Beschäftigung von Menschen aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und Irak seit 2012 von einem sehr geringen Ausgangspunkt dynamisch gestiegen, doch gebe es hier, etwa in der sprachlichen Qualifikation, noch deutliche Unterschiede, etwa zu Einwanderern aus Indien.
    Abbau von Bürokratie wichtig
    Der Vorsitzende der Initiative "MINT Zukunft schaffen", Thomas Sattelberger, forderte daher vor allem, eine rasche und praktische Überprüfung der Qualifikationen von Menschen mit hoher Bleibeperspektive. Darüber hinaus müsse im Bildungssystem nicht nur Bürokratie abgebaut, sondern auch dafür gesorgt werden, dass strukturelle Defizite beseitigt werden. Vor allem der Lehrermangel werde durch den Zuzug der Flüchtlinge besonders deutlich:
    "Hier sind alle gefordert. Insbesondere an den Stiefkindern des Schuldsystems, den berufsbildenden Schulen. Die benötigen massiv Lehrerzuwachs. Hier gilt es auch, kreative Wege zu gehen und zum Beispiel Meister und Techniker im Ruhestand mit Zusatzqualifikationen zu Hilfslehrkräften weiterzubilden. Die Ausbildermeisterprüfung besitzen sie ja allemal schon."
    Für die Fachkräftesicherung bleibe hingegen besonders die qualifizierte Einwanderung wichtig, betonte Axel Plünnecke. Flüchtlingsmigration sei eine humanitäre Aufgabe - und ...
    "... wenn es irgendwann in dem Land wieder sicher wird, wird ja ein Teil auch wieder zurückgehen. Aber trotzdem: Sie hier zu qualifizieren, ist, wenn sie hierbleiben, Teil der Fachkräftesicherung, aber ein kleiner. Wenn sie zurückgehen, ist es Entwicklungshilfe."
    Von den Flüchtlingen aus den Hauptkrisenländern Syrien, Eritrea, Afghanistan und Irak könne Deutschland etwa 15.000 Menschen erwarten, die für MINT-Berufe qualifiziert seien.