Dirk-Oliver Heckmann: Guten Tag, Herr Barthel!
Klaus Barthel: Ich grüße Sie, Herr Heckmann!
Heckmann: Herr Barthel, die CSU hat ja mit der Forderung nach Wiedereinführung der Pendlerpauschale einen absoluten Wahlkampfschlager entdeckt. Die SPD ist offenbar dabei, auf den Zug aufzuspringen. Ist das der Sieg des Populismus vor der Vernunft?
Barthel: Also, mir kommt das etwas wie verkehrte Welt vor. Also, einmal ist es natürlich völlig albern, in einem Landtagswahlkampf zur Hauptforderung die Wiedereinführung der Pendlerpauschale zu machen, weil das genau auf Landesebene nicht entschieden wird. Und zum Zweiten war es ja die Union und das kann man im Wahlprogramm der Union für die Bundestagswahl 2005 schwarz auf weiß nachlesen, die unter der Überschrift "Abbau von Subventionen" immer gefordert hat, dass die Pendlerpauschale und die Steuerfreiheit für Nacht- und Schichtarbeit und ähnliches für Arbeitnehmer abgeschafft wird. Und die Einschränkung der Pendlerpauschale in ihrer alten Form war eine Forderung, die die Union mit in die Koalition eingebracht hat und gegen die sich die SPD lange gewehrt hat. Ich kann mich noch gut erinnern, als es damals um die Entscheidung ging, hatte die fraktionsführende SPD größte Probleme, innerhalb der SPD-Fraktion das durchzusetzen und es ist damals auch in die Öffentlichkeit gedrungen, dass es die SPD war, die da den größten Widerstand geleistet hat.
Heckmann: Das heißt, unterm Strich gesagt, Herr Barthel ...
Barthel: Und auf der Linie sind wir eigentlich geblieben. Vor allen Dingen wir bayrischen Sozialdemokraten.
Heckmann: Das heißt, jetzt die Wiedereinführung der Pendlerpauschale zu fordern, ist Populismus, auch wenn sie von Seiten jetzt der SPD kommt.
Barthel: Nein, das ist kein Populismus, sondern das ist eigentlich unsere traditionelle Linie. Es ist schade, dass auch manche führenden Sozialdemokraten das vergessen haben, aber es hat auch eine Reihe von Gegenstimmen damals schon aus der SPD auch im Plenum des Deutschen Bundestags gegeben, während genau die CDU und die CSU diese Abschaffung propagiert haben. Und es geht nicht um Populismus, sondern es geht einfach darum, dass heute von jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin verlangt wird, mobil zu sein, auch längere Entfernungen hinzunehmen auf dem Weg zur Arbeit. Das steht auch in den Arbeitsmarktgesetzen so drin. Wer sich zum Beispiel weigert, solche Entfernungen auf dem Weg zur Arbeit hinzunehmen, kriegt die Leistungen gestrichen. Und wenn wir das von den Menschen verlangen, dann haben sie auch einen Anspruch darauf, dass das steuerlich berücksichtigt wird und deswegen hatte ja Rot-Grün damals bei der Einführung der Ökosteuer, die ja schon eine Verteuerung von Treibstoffen bedeutet, für die betroffenen Gruppen also dann die Pendlerpauschale deutlich erhöht, weil wir sagen, diejenigen die am meisten unter hohen Preisen, in dem Fall Spritpreisen oder auch Preisen für den öffentlichen Nahverkehr, leiden, müssten dann entsprechend entschädigt werden auf steuerlichem Weg.
Heckmann: Herr Barthel, Sie sprechen von einigen führenden Sozialdemokraten. Man muss dazu sagen, es ist offizielle Linie der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands eben, bei der jetzt geltenden Regelung erst einmal zu bleiben, bis Karlsruhe entschieden hat. Nun haben sich, hat sich die SPD in Bayern, in Thüringen und in Sachsen, wie gerade gehört im Beitrag, für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer ausgesprochen, wie die CSU auch. Ist die Berliner Parteiführung damit aus Ihrer Sicht langsam geknackt?
Barthel: Na, ich hoffe, dass auch der stellvertretende Parteivorsitzende Steinbrück, der Bundesfinanzminister, begreift, dass er hier nachgeben muss. Im Übrigen hat es eine offizielle Linie der SPD, wie Sie die beschreiben, nie gegeben, sondern die haben halt manche führenden Sozialdemokraten in der Koalitionsräson so gehalten. Aber die Partei selber hat das nicht akzeptiert. Und ich will zu der Frage Einführung in der alten Form noch sagen, dass wir auch darüber diskutieren, ja, eine sinnvollere Regelung zu finden, die nicht dazu führt, dass also Menschen mit höherem Einkommen bei der Pendlerpauschale mehr entlastet werden, wenn sie den selben Weg zurücklegen, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen. Das heißt, wir müssen auch darüber nachdenken, ob man einfach sagt "wir kehren zum alten Zustand zurück" oder ob man nicht sagt "wir finden eine sozial angemessenere Lösung".
Heckmann: Ich wollte gerade sagen, wenn man die Ankündigungen des Finanzministers Steinbrück ernst nimmt, dass eben kein zusätzliches Geld verwendet werden kann, wenn es zu einer Korrektur dann dieser Regelung kommt, dann heißt das auch, dass für Fernpendler es unterm Strich teurer werden könnte.
Barthel: Nein, also das, das sehe ich so nicht. Wir müssen ja zunächst einmal sehen, wie sich die Steuereinnahmen weiter entwickeln.
Heckmann: Das heißt, Sie wollen zusätzliches Geld hineinpumpen?
Barthel: Ja, nein, es wird ja allenthalben schon über Steuerentlastungen diskutiert. Die Union überbietet sich da ja jeden Tag selber. Wir sagen, wenn es um Steuerentlastung in der Zukunft geht, dann muss es vor allen Dingen bei denen ankommen, die am meisten jetzt, zum Beispiel, von der wirtschaftlichen Entwicklung, von der Preisentwicklung betroffen sind. Und dann darf man nicht mit der Gießkanne jetzt wieder Steuererleichterungen ankündigen und durchführen. Und deswegen setzen wir eine besondere Priorität bei der Pendlerpauschale.
Heckmann: Herr Barthel, ich möchte noch ein anderes Thema ansprechen. Der Finanzminister Peer Steinbrück plant, Besserverdienende stärker zu besteuern, da Karlsruhe gefordert hatte, dass die Beiträge von Privatversicherten in der Krankenversicherung eben steuerfrei gestellt werden müssten. Und um diese Ausfälle eben gegen zu finanzieren möchte er die Besserverdienenden stärker zur Kasse bitten. Sieht so der Respekt vor einem Spruch des Bundesverfassungsgerichts aus, eben dieser Forderung nachzukommen, aber an anderer Stelle die Beiträge und Steuern zu erhöhen?
Barthel: Nun, man muss ja jetzt mal sehen, wie die Kosten dieser Entlastung aussehen. Aber es ist klar, dass, wenn das Bundesverfassungsgericht Krankenversicherungsbeiträge steuerfrei stellen will, dass das nicht nur für Privatversicherte dann gelten kann, weil das wäre ja dann ein Sonderrabatt für die in der Regel besser Verdienenden, für diejenigen, die nicht in der gesetzlichen Versicherung sein müssen. Das kann es nach unserem Verständnis nicht geben. Sondern wenn, dann müssen alle Beiträge steuerfrei gestellt werden und da stellt sich die Frage nach einer Gegenfinanzierung. Und es ist ja schon so, das zeigen alle Armuts- und Reichtumsberichte und das zeigt die Steuerstatistik, dass in den letzten Jahren ja besonders die höheren Einkommen und vor allen Dingen auch die Vermögen steuerlich stark entlastet worden sind. Und wenn es dann darum geht, Löcher zu stopfen, dann kann man nicht wieder daran denken, entweder in neue Schulden zu marschieren oder wieder die breite Masse der Bevölkerung zu belasten, sondern dann muss man es sich bei denen holen, die wirtschaftlich stark sind.
Heckmann: Zum Streit um die Pendlerpauschale und die Belastung von sogenannten Besserverdienenden war das im Gespräch mit dem Deutschlandfunk Klaus Barthel von der SPD, Mitglied der Parlamentarischen Linken und Mitglied des Deutschen Bundestags. Herr Barthel, danke Ihnen.
Barthel: Wiedersehen, Herr Heckmann.
Klaus Barthel: Ich grüße Sie, Herr Heckmann!
Heckmann: Herr Barthel, die CSU hat ja mit der Forderung nach Wiedereinführung der Pendlerpauschale einen absoluten Wahlkampfschlager entdeckt. Die SPD ist offenbar dabei, auf den Zug aufzuspringen. Ist das der Sieg des Populismus vor der Vernunft?
Barthel: Also, mir kommt das etwas wie verkehrte Welt vor. Also, einmal ist es natürlich völlig albern, in einem Landtagswahlkampf zur Hauptforderung die Wiedereinführung der Pendlerpauschale zu machen, weil das genau auf Landesebene nicht entschieden wird. Und zum Zweiten war es ja die Union und das kann man im Wahlprogramm der Union für die Bundestagswahl 2005 schwarz auf weiß nachlesen, die unter der Überschrift "Abbau von Subventionen" immer gefordert hat, dass die Pendlerpauschale und die Steuerfreiheit für Nacht- und Schichtarbeit und ähnliches für Arbeitnehmer abgeschafft wird. Und die Einschränkung der Pendlerpauschale in ihrer alten Form war eine Forderung, die die Union mit in die Koalition eingebracht hat und gegen die sich die SPD lange gewehrt hat. Ich kann mich noch gut erinnern, als es damals um die Entscheidung ging, hatte die fraktionsführende SPD größte Probleme, innerhalb der SPD-Fraktion das durchzusetzen und es ist damals auch in die Öffentlichkeit gedrungen, dass es die SPD war, die da den größten Widerstand geleistet hat.
Heckmann: Das heißt, unterm Strich gesagt, Herr Barthel ...
Barthel: Und auf der Linie sind wir eigentlich geblieben. Vor allen Dingen wir bayrischen Sozialdemokraten.
Heckmann: Das heißt, jetzt die Wiedereinführung der Pendlerpauschale zu fordern, ist Populismus, auch wenn sie von Seiten jetzt der SPD kommt.
Barthel: Nein, das ist kein Populismus, sondern das ist eigentlich unsere traditionelle Linie. Es ist schade, dass auch manche führenden Sozialdemokraten das vergessen haben, aber es hat auch eine Reihe von Gegenstimmen damals schon aus der SPD auch im Plenum des Deutschen Bundestags gegeben, während genau die CDU und die CSU diese Abschaffung propagiert haben. Und es geht nicht um Populismus, sondern es geht einfach darum, dass heute von jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin verlangt wird, mobil zu sein, auch längere Entfernungen hinzunehmen auf dem Weg zur Arbeit. Das steht auch in den Arbeitsmarktgesetzen so drin. Wer sich zum Beispiel weigert, solche Entfernungen auf dem Weg zur Arbeit hinzunehmen, kriegt die Leistungen gestrichen. Und wenn wir das von den Menschen verlangen, dann haben sie auch einen Anspruch darauf, dass das steuerlich berücksichtigt wird und deswegen hatte ja Rot-Grün damals bei der Einführung der Ökosteuer, die ja schon eine Verteuerung von Treibstoffen bedeutet, für die betroffenen Gruppen also dann die Pendlerpauschale deutlich erhöht, weil wir sagen, diejenigen die am meisten unter hohen Preisen, in dem Fall Spritpreisen oder auch Preisen für den öffentlichen Nahverkehr, leiden, müssten dann entsprechend entschädigt werden auf steuerlichem Weg.
Heckmann: Herr Barthel, Sie sprechen von einigen führenden Sozialdemokraten. Man muss dazu sagen, es ist offizielle Linie der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands eben, bei der jetzt geltenden Regelung erst einmal zu bleiben, bis Karlsruhe entschieden hat. Nun haben sich, hat sich die SPD in Bayern, in Thüringen und in Sachsen, wie gerade gehört im Beitrag, für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer ausgesprochen, wie die CSU auch. Ist die Berliner Parteiführung damit aus Ihrer Sicht langsam geknackt?
Barthel: Na, ich hoffe, dass auch der stellvertretende Parteivorsitzende Steinbrück, der Bundesfinanzminister, begreift, dass er hier nachgeben muss. Im Übrigen hat es eine offizielle Linie der SPD, wie Sie die beschreiben, nie gegeben, sondern die haben halt manche führenden Sozialdemokraten in der Koalitionsräson so gehalten. Aber die Partei selber hat das nicht akzeptiert. Und ich will zu der Frage Einführung in der alten Form noch sagen, dass wir auch darüber diskutieren, ja, eine sinnvollere Regelung zu finden, die nicht dazu führt, dass also Menschen mit höherem Einkommen bei der Pendlerpauschale mehr entlastet werden, wenn sie den selben Weg zurücklegen, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen. Das heißt, wir müssen auch darüber nachdenken, ob man einfach sagt "wir kehren zum alten Zustand zurück" oder ob man nicht sagt "wir finden eine sozial angemessenere Lösung".
Heckmann: Ich wollte gerade sagen, wenn man die Ankündigungen des Finanzministers Steinbrück ernst nimmt, dass eben kein zusätzliches Geld verwendet werden kann, wenn es zu einer Korrektur dann dieser Regelung kommt, dann heißt das auch, dass für Fernpendler es unterm Strich teurer werden könnte.
Barthel: Nein, also das, das sehe ich so nicht. Wir müssen ja zunächst einmal sehen, wie sich die Steuereinnahmen weiter entwickeln.
Heckmann: Das heißt, Sie wollen zusätzliches Geld hineinpumpen?
Barthel: Ja, nein, es wird ja allenthalben schon über Steuerentlastungen diskutiert. Die Union überbietet sich da ja jeden Tag selber. Wir sagen, wenn es um Steuerentlastung in der Zukunft geht, dann muss es vor allen Dingen bei denen ankommen, die am meisten jetzt, zum Beispiel, von der wirtschaftlichen Entwicklung, von der Preisentwicklung betroffen sind. Und dann darf man nicht mit der Gießkanne jetzt wieder Steuererleichterungen ankündigen und durchführen. Und deswegen setzen wir eine besondere Priorität bei der Pendlerpauschale.
Heckmann: Herr Barthel, ich möchte noch ein anderes Thema ansprechen. Der Finanzminister Peer Steinbrück plant, Besserverdienende stärker zu besteuern, da Karlsruhe gefordert hatte, dass die Beiträge von Privatversicherten in der Krankenversicherung eben steuerfrei gestellt werden müssten. Und um diese Ausfälle eben gegen zu finanzieren möchte er die Besserverdienenden stärker zur Kasse bitten. Sieht so der Respekt vor einem Spruch des Bundesverfassungsgerichts aus, eben dieser Forderung nachzukommen, aber an anderer Stelle die Beiträge und Steuern zu erhöhen?
Barthel: Nun, man muss ja jetzt mal sehen, wie die Kosten dieser Entlastung aussehen. Aber es ist klar, dass, wenn das Bundesverfassungsgericht Krankenversicherungsbeiträge steuerfrei stellen will, dass das nicht nur für Privatversicherte dann gelten kann, weil das wäre ja dann ein Sonderrabatt für die in der Regel besser Verdienenden, für diejenigen, die nicht in der gesetzlichen Versicherung sein müssen. Das kann es nach unserem Verständnis nicht geben. Sondern wenn, dann müssen alle Beiträge steuerfrei gestellt werden und da stellt sich die Frage nach einer Gegenfinanzierung. Und es ist ja schon so, das zeigen alle Armuts- und Reichtumsberichte und das zeigt die Steuerstatistik, dass in den letzten Jahren ja besonders die höheren Einkommen und vor allen Dingen auch die Vermögen steuerlich stark entlastet worden sind. Und wenn es dann darum geht, Löcher zu stopfen, dann kann man nicht wieder daran denken, entweder in neue Schulden zu marschieren oder wieder die breite Masse der Bevölkerung zu belasten, sondern dann muss man es sich bei denen holen, die wirtschaftlich stark sind.
Heckmann: Zum Streit um die Pendlerpauschale und die Belastung von sogenannten Besserverdienenden war das im Gespräch mit dem Deutschlandfunk Klaus Barthel von der SPD, Mitglied der Parlamentarischen Linken und Mitglied des Deutschen Bundestags. Herr Barthel, danke Ihnen.
Barthel: Wiedersehen, Herr Heckmann.