Archiv


Mit Filmtricks Dinos auf der Spur

Paläontologie. - Dinosaurier strahlen eine außergewöhnliche Faszination aus. Filme wie "Jurassic Park" oder die BBC-Serie "Im Reich der Giganten" entführen ihre Zuschauer in eine Welt, in der die Urzeitreptilien immerhin auf der Leinwand wieder jagen und laufen. Aber wie nah an der damaligen Wirklichkeit sind diese Bewegungsanimationen überhaupt? Britische Forscher sind dieser Frage nachgegangen.

Von Joachim Budde |
    "Sieh Dir das an." - "Das, das ist ein Dinosaurier!"

    Der Film-Paläontologe Dr. Grant staunt nicht schlecht über die Saurier in Steven Spielbergs "Jurassic Park". Auch die Zuschauer sehen die Urzeitriesen und fragen sich:

    "Wie ist ihnen das nur gelungen?"

    Mit mehr Fantasie als Wissenschaft, lautet die Antwort. Das schreibt zumindest John Hutchinson vom Londoner Royal Veterinary College im Fachmagazin "Nature". Er kennt die Schwierigkeiten aus eigener Erfahrung. Denn zusammen mit seinem Kollegen Stephen Gatesy hat er vor kurzem an solch einer Animation mitgearbeitet. Die beiden störte, dass es hauptsächlich auf Vermutungen basierte, wie sich das Tier bewegte. Das wollten sie ändern, merkten aber schnell: Schon allein bei der Beinstellung eines Tyrannosaurus gibt es tausende Möglichkeiten. Streckte der Saurier seine Beine durch oder stand das Tier eher mit gebeugten Knien?

    " Also versuchten wir, mit den Gesetzen der Physik die Zahl der möglichen Posen einzuschränken. Bestimmte Bewegungen hätten äußerst dicke Muskeln oder große Mengen Energie erfordert. Solche ungünstigen Stellungen und Bewegungen sind unwahrscheinlich für ein Tier."

    Die Wissenschaftler fütterten einen Rechner mit den Skelettmaßen des Tyrannosaurus und ließen ihn das Tier bewegen - mal so schnell wie möglich, dann wieder so, dass es möglichst wenig Energie verbraucht.

    " Computeranimation ist wirkungsvoll, aber man muss vorsichtig damit umgehen, weil man leicht etwas falsch macht, so wie bei jeder Art von Wissenschaft."

    Deshalb verwendeten die beiden Forscher zusätzlich Beobachtungen lebender Tiere. Paläontologen müssten bessere Physiologen werden, fordert Hutchinson. Das größte Manko bisheriger Saurier-Animationen aber sei:

    " Ich glaube, die Zuschauer bekommen oft den Eindruck, dass die Bewegungen in Filmen und Dokumentationen über Saurier auf harten Fakten beruhen, weil Wissenschaftler darin zu Wort kommen. Es ist möglich, aber wir sind noch sehr weit davon entfernt, Saurier-Bewegungen zu rekonstruieren und zu sagen: ja, das basiert auf guter Wissenschaft."

    Michael Benton ist anderer Ansicht.

    " Die Arbeit beruht nicht allein auf Vermutungen, wir haben grundlegende Berechnungen angestellt, und wir die Bewegungen nur abgesegnet, wenn sie gut aussahen."

    Der Professor für Wirbeltierpaläontologie an der Universität Bristol hat an der BBC-Serie "Im Reich der Giganten" als Berater mitgearbeitet. Er begrüße, dass seine Londoner Kollegen Grundlagen aufstellen, die jetzt weiterentwickelt werden könnten.

    " Ich vermute - und ich bin sicher, auch die beiden würden das akzeptieren - dass sich letzten Endes nach all den Berechnungen im Computer herausstellen könnte: Die künstlerischen Versuche sind völlig in Ordnung. Aber es stimmt: Denen fehlt die wissenschaftliche Grundlage."


    " Ein anderer Unterschied ist: Wir sagen wirklich deutlich, was wir alles nicht wissen. Das kann in der Paläontologie manchmal untergehen, im Eifer, eine bestimmte Zahl zu veröffentlichen. Etwa, ein T-Rex sei 53 Kilometer pro Stunde schnell gelaufen. Wir sagen: Es ist schon ein Fortschritt, wenn wir wissen, wie sie sich nicht bewegt haben. Irgendwann werden wir sehen, welche Bewegungen möglich sind."

    Bis sich die Forscher weit genug an die wahrscheinlichste Lösung herangetastet haben, löst der Tyrannosaurus Rex im Film auch so wohlige Schauer aus.

    "Habt Ihr das gehört? Das sind Schritte, die die Erde erbeben lassen. Ich bin einigermaßen beunruhigt."