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Mit WIND dem Unwetter voraus

Meteorologie. - Klimaforscher und Meteorologen stochern zumeist im Trüben und müssen oft herhalten, wenn das Wetter Kapriolen schlägt. Unwetter und sintflutartige Regenfälle, wie wir sie in den vergangenen Tagen erleben mussten, können zwar nicht verhindert werden. Dennoch ließe sich viel Sachschaden abwenden, wenn rechtzeitig Schutzmaßnahmen ergriffen würden und die Einsatzkräfte noch früher alarmiert wären. Genau dies soll WIND (Weather Information on Demand), ein Projekt des Berliner Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik, bald ermöglichen.

    Von Wolfgang Noelke

    In Berlin brannte die Sonne vom Himmel, als halb Süddeutschland unter Wasser stand und auch vom überschwemmten Dörfchen Bismarck bei Stendal bemerkten die Berliner nichts. Muss ein Bauleiter dafür sorgen, dass der frische Beton am Sonntag noch schnell abgedeckt wird, muss das Zirkuszelt rechtzeitig zusätzlich vor Sturm gesichert werden, muss ein Filmproduzent die Schauspieler umdisponieren, weil die Außenaufnahmen zu verhageln drohen - und wie gefährdet ist eine Wandergruppe im Hochgebirge? Die im Pilotversuch erst 3000 Köpfe starke Zielgruppe wird individuell informiert, sagt Ulrich Meissen, Projektleiter im Fraunhofer-Institut für Software und Systemtechnik:

    Für Bauunternehmen sind zum Beispiel Sturm-Informationen auch mit geringer Stärke interessant. Das heißt der Bauunternehmer kann einstellen, auch unter 76 Kilometer pro Stunde Sturmstärke möchte ich schon informiert werden für bestimmte Orte, wo zum Beispiel meine Baustellen sind, die möchte ich zentral an mein Bauunternehmen per Fax erhalten, oder E-Mail und SMS noch mal an die Bauleiter dort entsprechend in den Gebieten.

    Und die wird der Wetterdienst von Jörg Kachelmann per Abonnement anbieten. Wie ein Autofahrer seinen Standort dann zum Wetterdienst übermittelt, wird am Ende des Pilotversuchs Ende September feststehen, sagt der Schweizer Meteorologe:

    Wir werden das tun, dass wir auf Landkreis-Ebene die Welt herunter brechen, weil die Landkreise haben die Vorteile, dass sie über die Auto Kennzeichen relativ einfach identifizierbar sind, für mich noch einfacher als über die Postleitzahlen. Dass heißt: ein Mensch, der auf Reisen ist, kann relativ unkompliziert feststellen, in welchem Landkreis er ist. Notfalls kann er fragen, welches Auto Kennzeichen in dem Gebiet üblich ist, indem er sich befindet, aber das wird auch ein Blick auf die Straße schnell ergeben und von daher werden wir individuell, aber auch den Medien auf Landkreis-Ebene herunter gebrochen diese Beobachtungen und allenfalls diese Warnungen anbieten.

    Stefan Pfennigschmidt, Diplom-Informatiker im Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik erklärt, wie die Daten der mehr als 330 Kachelmann- Wetterstationen, der 20 Stationen der Bundeswehr sowie der zusätzlichen 170 staatlichen Wetterhäuschen ihren Weg zum Endnutzer finden:

    Für den Prognose Bereich, sagen wir zwischen sechs Uhr bis 12 Uhr, wie wird im Umkreis dieser Wetter Stationen der Niederschlag ausfallen, wie sind die Windgeschwindigkeiten, wie ist die Sichtbarkeit, gibt es dort Gewitter oder nicht und diese Daten werden im Prinzip bei uns aufbereitet und den Bedarfsdefinitionen, die ein Nutzer abgegeben hat, wenn er beispielsweise sagt, er möchte nur ab Windstärken ab 76 Kilometer pro Stunde gewarnt werden, wird das im Prinzip mit der tatsächlichen Wetterlage der Prognosen verglichen und wenn dieser Schwellenwert überschritten ist für den einzelnen Nutzer, dann wird der individuell gewarnt.

    Das Rechenmodell, so Jörg Kachelmann, ist einfach und - es ist lernfähig: Mit jeder Prognose wächst die Intelligenz des Gesamtsystems:

    Dann lässt man sozusagen den Computer lernen, bei welcher Wetterlage macht die Wetter Station was? Und dieses System ist insofern lernfähig, dass es natürlich immer besser wird, je länger diese Beobachtungsphase ist, weil einerseits dann die ganz besonderen, seltenen oder wilden Wetterlagen auch integriert werden. Andererseits ist natürlich auch das der Fall, dass das Programm im 3-Stunden-Takt täglich verfolgt: ist das, was ich jetzt berechnet habe, noch mit der Realität vereinbar, dass zum Beispiel, wenn die Höchsttemperatur für 13 Grad gerechnet wurde und morgens um elf sind es schon zwölf Grad, dann wird das System entsprechend die Konsequenzen daraus ziehen, wobei das System dieses sehr selten machen muss, weil es wirklich sehr ausgezeichnet ist...

    ...und bereits nach dem Vergleich der prognostizierten mit den tatsächlichen Wetterdaten der letzten drei Jahre nahezu perfekt eine Wettervorhersage auch kleinster Gebiete liefert. Projektleiter Ulrich Meissen wartet gespannt auf den Fragebogen, den die 3000 Projektteilnehmer zurücksenden:

    Beispielsweise Keller, der nicht voll gelaufen ist, weil das Rückstau-Ventil vorher geschlossen wurde, oder das Auto, das rechtzeitig in die Garage gefahren wurde, das sind Einzelfälle, bei denen schon entsprechende Summen zustande kommen können und man dem Kunden jetzt anbietet: wir helfen Dir, um auch solche Schäden zu vermeiden, anstatt sie nachträglich immer zu begleichen.