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Mitgliederentscheid geht zu Ende
Ein bisschen Klarheit für die SPD

Noch heute können die SPD-Mitglieder über ihr künftiges Führungsduo abstimmen. Die Zukunft der Großen Koalition hängt ganz entscheidend davon ab, wer die Nase am Ende vorne hat. Einen sofortigen Ausstieg wird es aber wohl nicht geben, denn das wollen die meisten SPD-Mitglieder nicht.

Von Frank Capellan | 29.11.2019
Olaf Scholz, Klara Geywitz, Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans stehen nebeneinander.
Olaf Scholz und Klara Geywitz oder Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans: Die SPD-Mitglieder haben die Wahl. (dpa/Michael Kappeler)
"Am Nikolaus ist Groko-Aus!" Für die bayerische Juso-Chefin ist das bereits beschlossene Sache, na, vielleicht sollte sie da doch lieber mal ihren Bundesvorsitzenden fragen…
"Ich glaube nicht, dass die SPD während ihres Parteitages so oder so aus der Groko austreten wird."
Kevin Kühnert ist längst staatstragend geworden. Immerhin hat er angekündigt, als Parteivize kandidieren zu wollen, unabhängig davon, wer morgen das Rennen um die Nahles-Nachfolge macht.
"Wenn wir das machen würden, das wäre ziemlich dämlich!"
Noch heute darf abgestimmt werden
Und doch hängt der Verlauf des SPD-Parteitages – Auftakt am Nikolaustag - und die Abstimmung über die Zukunft der Großen Koalition ganz entscheidend davon ab, wer die Nase vorne hat, wenn die 425.000 SPD-Mitglieder gesprochen haben. Bis heute Abend, 24 Uhr, darf abgestimmt werden.
"Bei Stichwahlen ist es normalerweise so, dass die Leute nicht mehr ganz so motiviert sind", hat Malu Dreyer Anfang der Woche schon mal vorgebaut, und dazu aufgerufen, doch bitte wählen zu gehen. Dabei hatte die SPD-Spitze eigentlich auf großes Interesse gesetzt. Scholz/Geywitz oder Nowabo/Esken, Groko Ja oder Nein, das kann doch eigentlich nicht so schwer zu beantworten sein.
"53 Prozent Beteiligung sind nicht wenig", meint die kommissarische Chefin mit Blick auf die erste Runde. Als die Sozialdemokraten allerdings 2018 über ein neues Bündnis mit der Union abstimmen durften, waren immerhin 78 Prozent der Mitglieder dabei. Von denen stimmten zwei Drittel für die Koalition. "Weitermachen!" meint Klara Geywitz, die Kandidatin an der Seite des Vizekanzlers:
"Wir haben einen Vertrag, wir haben auch noch Punkte, die wir abarbeiten wollen!"
Esken will nachverhandeln
Doch mit Abarbeiten will sich ihre Konkurrentin Saskia Esken nicht zufriedengeben. Sie will den Koalitionsvertrag nachverhandeln, irgendwas muss da noch rein, sonst lassen wir es lieber sein.
"Ich bin der Meinung, dass wir aus der Großen Koalition aussteigen sollten." So deutlich sagt das ihr Partner Nowabo, Norbert Walter-Borjans, nicht, aber die Polarisierung ist klar. Und was haben auf der anderen Seite die regierenden Genossen in Berlin in dieser Woche nicht alles versucht, um den Mitgliedern klarzumachen: Opposition ist Mist! Kinderrechte ins Grundgesetz, Kindergrundsicherung, Quote für DAX-Vorstände, alles von der SPD angestoßen. Olaf Scholz hat sich sogar zum Feministen gemacht und sich mit den Männergesangsvereinen angelegt, um für sich zu werben.
"Ich bin der Meinung, dass ich ein echter, truly Sozialdemokrat bin!"
"Olaf Scholz ist ja so ein Stück Möbel der bundesrepublikanischen Politik!"
Mehrheit gegen Groko-Aus
Das war wohl gut gemeint, aber damit hat Mitstreiterin Geywitz eher das Problem beschrieben. In einer gestern veröffentlichten Umfrage des Ipsos-Institutes geben 59 Prozent der SPD-Anhänger an, Geywitz und Scholz stünden für das weiter so. Und dafür, dass sich nichts zum Guten wende. Scholz ein altes Möbelstück? Gern koffert Walter-Borjans in diesem Sinne gegen den Vizekanzler.
"Ich glaube einfach, dass man die Inhalte nicht von den Köpfen trennen kann!"
Ein sofortiges Groko-Aus allerdings wünscht sich nur jeder Dritte der befragten Genossen, und so wird Juso-Chef Kühnert wohl recht behalten mit seiner Nikolaus-Prognose. Ach ja, und noch etwas steht für die SPD-Mitglieder zur Wahl: SPD-Kanzlerkandidat ja oder nein? Norbert Walter-Borjans, bekanntlich Favorit von Kevin Kühnert, will darauf erst mal verzichten, Olaf Scholz hingegen sieht sich selbst als gesetzt. Als Kühnert diese Woche mit Tilman Kuban, seinem Pendant von der Union plaudert, versucht er es mal mit ein paar Frotzeleien.
"Wer wird denn jetzt Kanzlerkandidat beim nächsten Mal, nur für unsere Planung?" – "Stellt Ihr denn noch einen Kanzlerkandidaten auf?" – "Aber selbstverständlich! Aber gut gekontert, gut gekontert!"
Kanzlerkandidat und Parteivorsitz - morgen Abend um 18 Uhr will die SPD ein bisschen Klarheit schaffen. Na – und dann ist ja bald schon Nikolaus.