Erber: Ja, guten Tag!
Engels: Zu Anfang die Frage, die eben schon im Beitrag von unserem Korrespondenten anklang. Es handele sich um bankübliche Darlehen hat der Kanzler gesagt, also es drohten keine Beihilfen zu Lasten der öffentlichen Haushalte. Kann man denn das so stehen lassen?
Erber: Das muss natürlich die Kreditanstalt für Wiederaufbau belegen. Dass das ein politisch gewollter Kredit ist, wenn er vom Wirtschaftsminister verkündet wird, ist ja unübersehbar. Sonst hätte man sich ja von MobilCom direkt an die Kreditanstalt für Wiederaufbau wenden können.
Engels: Das heißt also: Diese 50 Millionen Euro, die jetzt offenbar, so sagt es unser Landeskorrespondent in Frankfurt, als Haftungsfreistellung zugrunde liegen, wären doch die, wo der Bund dann tatsächlich im Fall der Fälle einspringen muss.
Erber: So muss man es diesen Nachrichten entnehmen.
Engels: Gehen wir aufs Grundsätzliche: Bundes- und Landesregierung rechtfertigen ihren Eingriff ja damit, dass es sich bei MobilCom im Kern um ein gesundes Unternehmen handele, das nun unverschuldet in Geldschwierigkeiten stecke. Stimmt das denn?
Erber: Das muss man offensichtlich differenziert sehen. Es gibt ja unterschiedliche Geschäftsbereiche. Im Festnetzbereich scheint es profitabel zu sein, und beim Mobilfunk gab es vor kurzem einige Probleme. Der problematischste Bereich ist sicher der noch gar nicht am Markt aktive UMTS-Bereich, der ja jetzt erst mal hohe Investitionen in den Aufbau der Netze erforderlich macht, und wo es im Augenblick nach dem Rückzug von France Telecom ja keine Finanzierung gibt. Ich denke auch, die 400 Millionen Euro werden unter Umständen da gar nicht ausreichen, auf absehbare Zeit, also auch über das nächste Jahr hinaus, einen ordnungsgemäßen Betrieb zu gewährleisten.
Engels: Nun hat sich ja die Krise zugespitzt, nachdem der halbstaatliche französische Großaktionär France Telecom den Geldhahn abgedreht hat. Wird denn Paris nun auch von staatlicher Seite wieder Geld geben? Da scheinen ja Gespräche zu laufen. Wie sehen Sie die Chancen?
Erber: In Frankreich sind ja in Kooperation mit einem Bankenkonsortium France Telecom 15 Milliarden Euro Finanzierungshilfe gewährt worden. Ob das nun dazu dienen soll, sich den Rückzug auch von MobilCom zu finanzieren, das bleibt abzuwarten.
Engels: Wirtschaftminister Müller sprach gestern von einer "belastbaren rechtlichen Position" von MobilCom gegen France Telecom. Läuft das auf ein juristisches Tauziehen zwischen Paris und Berlin hinaus?
Erber: Das würde voraussichtliche natürlich Jahre dauern. Und ich meine, jede Prozesspartei muss den Spruch im Gedächtnis behalten: Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand gestellt. Das Prozessrisiko einzuschätzen ist natürlich immer eine schwierige Frage. Die Prozessdauer ist in der Regel bei solchen Summen auch sehr lange anzusetzen.
Engels: Kommen wir mal auf die Branche an sich zu sprechen. Die Opposition argumentiert heute, die Krise auf dem Telekommunikationsmarkt sei unter anderem auf die UMTS-Lizenzen zurück zu führen. Das Bietverfahren, das die Bundesregierung damals zugrunde legte, sei zu teuer gewesen. Sieht man das in der Rückschau unter den Experten auch so?
Erber: Ich hatte ja damals schon vom Fluch des Gewinners gesprochen, der in der Auktionstheorie ja als Phänomen bekannt ist. Man hat damals geglaubt, dass das ein vernünftiges marktgemäßes Ergebnis ist. Inzwischen, nach dem Rückzug von Quam und der Beurteilung der Experten, wird es durchaus so eingeschätzt, dass das ein Überbieten hinsichtlich der Ertragschancen am UMTS-Markt gewesen ist.
Engels: Das heißt, man hat damals den Fehler gemacht: Es ist zu viel Geld bezahlt worden.
Erber: So ist es.
Engels: Wie ist das denn aus wettbewerblicher Sicht zu deuten? Gehören denn Krisen wie bei MobilCom, die ja nun möglicherweise doch noch zur Pleite führen kann, nicht zur normalen Marktentwicklung, die man eigentlich zulassen müsste?
Erber: Es ist sicherlich eine Wettbewerbsverzerrung gegeben, wenn Sie sich vorstellen, dass MobilCom darauf spekuliert, dass sie kostenlos, nämlich nach Entschuldung durch France Telecom, die Lizenz erhält und den Netzaufbau von France Telecom finanziert bekommt. Für T-mobil oder Vodafone würde sich dann natürlich die Frage stellen: Wir haben dafür bezahlt, müssen auch diese Schulden noch tilgen. MobilCom hätte aufgrund von günstigen Vertragsbedingungen diese möglicherweise geschenkt bekommen. Wäre das nicht eine völlige Verzerrung der Marktverhältnisse auf dem UMTS-Markt?
Engels: Soeben wird auch gemeldet, dass eine Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Monti wohl in Brüssel gesagt hätte, diese Finanzspritze für MobilCom müsse eben auch von der EU-Kommission unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten geprüft werden. Geht das in dieselbe Richtung?
Erber: Ich denke schon. Man muss natürlich auch gucken: Es gibt ja Lizenzverträge und letztendlich greift das ja in die Wettbewerbsverhältnisse des UMTS-Markts nachhaltig ein. Und von daher muss geprüft werden, ob das eine zulässige Maßnahme ist oder ob das aus wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten eigentlich zurück gewiesen werden muss.
Engels: Wie schätzen Sie das ein: Der Markt für Telekommunikation ist ja sowohl in Deutschland als auch in Europa relativ jung. Da steht ja noch gar nicht fest, wie viele Anbieter sich letztlich halten können. Ist da nicht um so mehr Zurückhaltung des Staates gefragt?
Erber: An sich schon, zumal, meiner Ansicht nach, die Tendenz dahin geht, dass die sechs Lizenzen, die vergeben worden sind, kaum auf Dauer hier wirtschaftlich am Markt betrieben werden können von unabhängigen Netzbetreibern. Ich meine, es hat ja auch immer wieder im Vorfeld Versuche gegeben, Kooperationen in größerem Umfang oder Fusionen zuzulassen. Aber das haben ja damals schon die Lizenzverträge nicht zugelassen.
Engels: Noch Ihre Prognose kurz zum Schluss: Denken Sie, dass MobilCom mit dieser Hilfe jetzt über den Berg ist?
Erber: Ich kann mir nur vorstellen, dass das traditionelle Geschäft sicherlich in einer gewissen geordneten Form vielleicht gerettet werden kann. Ob UMTS damit dauerhaft vom Eis gebracht worden ist, da habe ich meine Zweifel.
Engels: Zur MobilCom-Krise und der geplanten Abhilfe sprachen wir mit Georg Erber. Er ist der Telekommunikationsexperte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Erber: Danke!
Engels: Zu Anfang die Frage, die eben schon im Beitrag von unserem Korrespondenten anklang. Es handele sich um bankübliche Darlehen hat der Kanzler gesagt, also es drohten keine Beihilfen zu Lasten der öffentlichen Haushalte. Kann man denn das so stehen lassen?
Erber: Das muss natürlich die Kreditanstalt für Wiederaufbau belegen. Dass das ein politisch gewollter Kredit ist, wenn er vom Wirtschaftsminister verkündet wird, ist ja unübersehbar. Sonst hätte man sich ja von MobilCom direkt an die Kreditanstalt für Wiederaufbau wenden können.
Engels: Das heißt also: Diese 50 Millionen Euro, die jetzt offenbar, so sagt es unser Landeskorrespondent in Frankfurt, als Haftungsfreistellung zugrunde liegen, wären doch die, wo der Bund dann tatsächlich im Fall der Fälle einspringen muss.
Erber: So muss man es diesen Nachrichten entnehmen.
Engels: Gehen wir aufs Grundsätzliche: Bundes- und Landesregierung rechtfertigen ihren Eingriff ja damit, dass es sich bei MobilCom im Kern um ein gesundes Unternehmen handele, das nun unverschuldet in Geldschwierigkeiten stecke. Stimmt das denn?
Erber: Das muss man offensichtlich differenziert sehen. Es gibt ja unterschiedliche Geschäftsbereiche. Im Festnetzbereich scheint es profitabel zu sein, und beim Mobilfunk gab es vor kurzem einige Probleme. Der problematischste Bereich ist sicher der noch gar nicht am Markt aktive UMTS-Bereich, der ja jetzt erst mal hohe Investitionen in den Aufbau der Netze erforderlich macht, und wo es im Augenblick nach dem Rückzug von France Telecom ja keine Finanzierung gibt. Ich denke auch, die 400 Millionen Euro werden unter Umständen da gar nicht ausreichen, auf absehbare Zeit, also auch über das nächste Jahr hinaus, einen ordnungsgemäßen Betrieb zu gewährleisten.
Engels: Nun hat sich ja die Krise zugespitzt, nachdem der halbstaatliche französische Großaktionär France Telecom den Geldhahn abgedreht hat. Wird denn Paris nun auch von staatlicher Seite wieder Geld geben? Da scheinen ja Gespräche zu laufen. Wie sehen Sie die Chancen?
Erber: In Frankreich sind ja in Kooperation mit einem Bankenkonsortium France Telecom 15 Milliarden Euro Finanzierungshilfe gewährt worden. Ob das nun dazu dienen soll, sich den Rückzug auch von MobilCom zu finanzieren, das bleibt abzuwarten.
Engels: Wirtschaftminister Müller sprach gestern von einer "belastbaren rechtlichen Position" von MobilCom gegen France Telecom. Läuft das auf ein juristisches Tauziehen zwischen Paris und Berlin hinaus?
Erber: Das würde voraussichtliche natürlich Jahre dauern. Und ich meine, jede Prozesspartei muss den Spruch im Gedächtnis behalten: Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand gestellt. Das Prozessrisiko einzuschätzen ist natürlich immer eine schwierige Frage. Die Prozessdauer ist in der Regel bei solchen Summen auch sehr lange anzusetzen.
Engels: Kommen wir mal auf die Branche an sich zu sprechen. Die Opposition argumentiert heute, die Krise auf dem Telekommunikationsmarkt sei unter anderem auf die UMTS-Lizenzen zurück zu führen. Das Bietverfahren, das die Bundesregierung damals zugrunde legte, sei zu teuer gewesen. Sieht man das in der Rückschau unter den Experten auch so?
Erber: Ich hatte ja damals schon vom Fluch des Gewinners gesprochen, der in der Auktionstheorie ja als Phänomen bekannt ist. Man hat damals geglaubt, dass das ein vernünftiges marktgemäßes Ergebnis ist. Inzwischen, nach dem Rückzug von Quam und der Beurteilung der Experten, wird es durchaus so eingeschätzt, dass das ein Überbieten hinsichtlich der Ertragschancen am UMTS-Markt gewesen ist.
Engels: Das heißt, man hat damals den Fehler gemacht: Es ist zu viel Geld bezahlt worden.
Erber: So ist es.
Engels: Wie ist das denn aus wettbewerblicher Sicht zu deuten? Gehören denn Krisen wie bei MobilCom, die ja nun möglicherweise doch noch zur Pleite führen kann, nicht zur normalen Marktentwicklung, die man eigentlich zulassen müsste?
Erber: Es ist sicherlich eine Wettbewerbsverzerrung gegeben, wenn Sie sich vorstellen, dass MobilCom darauf spekuliert, dass sie kostenlos, nämlich nach Entschuldung durch France Telecom, die Lizenz erhält und den Netzaufbau von France Telecom finanziert bekommt. Für T-mobil oder Vodafone würde sich dann natürlich die Frage stellen: Wir haben dafür bezahlt, müssen auch diese Schulden noch tilgen. MobilCom hätte aufgrund von günstigen Vertragsbedingungen diese möglicherweise geschenkt bekommen. Wäre das nicht eine völlige Verzerrung der Marktverhältnisse auf dem UMTS-Markt?
Engels: Soeben wird auch gemeldet, dass eine Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Monti wohl in Brüssel gesagt hätte, diese Finanzspritze für MobilCom müsse eben auch von der EU-Kommission unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten geprüft werden. Geht das in dieselbe Richtung?
Erber: Ich denke schon. Man muss natürlich auch gucken: Es gibt ja Lizenzverträge und letztendlich greift das ja in die Wettbewerbsverhältnisse des UMTS-Markts nachhaltig ein. Und von daher muss geprüft werden, ob das eine zulässige Maßnahme ist oder ob das aus wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten eigentlich zurück gewiesen werden muss.
Engels: Wie schätzen Sie das ein: Der Markt für Telekommunikation ist ja sowohl in Deutschland als auch in Europa relativ jung. Da steht ja noch gar nicht fest, wie viele Anbieter sich letztlich halten können. Ist da nicht um so mehr Zurückhaltung des Staates gefragt?
Erber: An sich schon, zumal, meiner Ansicht nach, die Tendenz dahin geht, dass die sechs Lizenzen, die vergeben worden sind, kaum auf Dauer hier wirtschaftlich am Markt betrieben werden können von unabhängigen Netzbetreibern. Ich meine, es hat ja auch immer wieder im Vorfeld Versuche gegeben, Kooperationen in größerem Umfang oder Fusionen zuzulassen. Aber das haben ja damals schon die Lizenzverträge nicht zugelassen.
Engels: Noch Ihre Prognose kurz zum Schluss: Denken Sie, dass MobilCom mit dieser Hilfe jetzt über den Berg ist?
Erber: Ich kann mir nur vorstellen, dass das traditionelle Geschäft sicherlich in einer gewissen geordneten Form vielleicht gerettet werden kann. Ob UMTS damit dauerhaft vom Eis gebracht worden ist, da habe ich meine Zweifel.
Engels: Zur MobilCom-Krise und der geplanten Abhilfe sprachen wir mit Georg Erber. Er ist der Telekommunikationsexperte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Erber: Danke!