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Mobiles Bezahlen
"Wird noch Jahre dauern, bis es Mainstream wird"

Google will noch Ende Juni mit seinen Smartphone-Bezahldienst Google Pay in Deutschland an den Start gehen. Florian Treiss, Gründer und Herausgeber des Fachdienstes Mobilbranche.de ist wenig optimistisch. "Die deutschen Verbraucher sind da weniger innovationsfreudig als Verbraucher in den USA", sagte er im Dlf.

Florian Treiss im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Ein Google-Smartphone wird an einer Supermarkt-Kasse neben ein so genanntes PayPass Gerät zur elektronischen Zahlungsabwicklung gehalten (undatiertes Google-Handout). Statt des dicken Portemonnaies soll bald nur noch ein schlankes Smartphone ausreichen.
    Smartphone neben einem PayPass Gerät für digitale Bezahlung (picture alliance / dpa / Google)
    Stefan Römermann: Bargeld lacht, sagt man. Das habe ich zwar selber noch nie beobachtet oder gar gehört, aber fest steht: In Deutschland wird an den Supermarktkassen immer noch gerne und viel mit Bargeld bezahlt, Lachen hin oder her. EC- und Kreditkarten setzen sich dagegen nur langsam durch und mobiles Bezahlen mit dem Smartphone, das spielt im Alltag bisher praktisch gar keine Rolle.
    Aber vielleicht ändert sich das ja bald, denn Google will angeblich noch in diesem Monat seinen Smartphone-Bezahldienst Google Pay in Deutschland starten. Darüber spreche ich jetzt mit Florian Treiss, Gründer und Herausgeber des Fachdienstes Mobilbranche.de. Herr Treiss, vielleicht ganz zu Anfang die Frage: Wie funktioniert dieser Dienst ganz praktisch? Wie läuft das mit dem Bezahlen mit dem Smartphone?
    Florian Treiss: Es gibt grundsätzlich verschiedene Ansätze, mit dem Smartphone zu bezahlen. Wir werden hier wohl eine NFC-basierte Lösung sehen. Das heißt, das ist ein kontaktloser Bezahlvorgang, wo ich letztlich das Handy ganz nah an das Kartenlesegerät heranhalte, wie schon mit einer kontaktlosen NFC-Girokarte oder Kreditkarte.
    Römermann: Muss ich dann auf dem Smartphone noch irgendwas tippen und das Ganze autorisieren, oder halte ich das Ding einfach nur daran wie meine Kreditkarte?
    Treiss: Das kommt auf das Verfahren an. Bei den meisten Verfahren, die es schon am Markt gibt, wie Payback Pay, muss man trotzdem vor der Zahlung noch mal eine PIN eingeben, um überhaupt die Schnittstelle freizugeben. Google Pay wird es wohl ähnlich machen. Aber es ist wiederum die Frage: Hat das Geschäft, in dem ich bin, überhaupt schon dieses NFC-Kartenterminal oder nicht, oder nimmt es nur Bargeld an? Es wird eine Lösung sein, mit der ich längst nicht überall zahlen kann.
    Bargeldlos zahlen mit dem Handy: Bisher hat sich die Technologie nicht durchgesetzt.
    Bargeldlos zahlen mit dem Handy: Bisher hat sich die Technologie nicht durchgesetzt. (Benjamin Hammer)
    "Viele Stakeholder am Tisch"
    Römermann: In anderen Ländern gibt es Google Pay ja schon seit Jahren, auch Apple Pay, den Konkurrenzdienst von Apple. Den gibt es in den USA, glaube ich, auch schon seit 2014 oder so. Warum starten die in Deutschland erst jetzt langsam durch?
    Treiss: Vom Durchstarten kann aus meiner Sicht immer noch nicht ganz die Rede sein. Wir haben hier einfach so viele Stakeholder wie Banken, Kreditkarten-Unternehmen, Zahlungsverkehrs-Abwickler und so weiter am Tisch, die Händler, die auch schauen, muss ich dafür was bezahlen.
    Gerade bei Apple Pay gibt es auch immer wieder die Diskussion darüber, wieso es in Deutschland noch nicht eingeführt wurde, dass Apple selbst noch eine Provision haben will, die die Bank zum Beispiel bei einer Kreditkarten-Zahlung momentan nur an den Zahlungsdienstleister zahlt, und so weiter und so fort. Es sind sehr viele Verschiedene Interessen, die da zusammenkommen, plus, dass die deutschen Verbraucher da vielleicht auch etwas skeptischer und weniger innovationsfreudig sind als Verbraucher in den USA.
    "Die Verfahren mit dem Handy sind aber oft noch sehr kompliziert und sperrig"
    Römermann: Gehen wir vielleicht mal kurz Schritt für Schritt durch. Was sind denn aus Ihrer Sicht Vorteile beim Bezahlen mit Smartphone? Und dann können wir gleich noch mal kurz über die möglichen Nachteile reden.
    Treiss: Für mich ist tatsächlich der größte Vorteil der: Wenn ich mal mein Portemonnaie vergessen haben sollte und das Handy dabei habe, kann ich damit bezahlen. Das ist mir tatsächlich einmal schon hier in Deutschland passiert und da hatte ich Glück, dass ich dann meine Einkäufe nicht stehen lassen musste. Umgekehrt sind die Verfahren mit dem Handy aber oft noch sehr kompliziert und sperrig. Ich musste zum Beispiel damals ein, zwei Minuten an der Kasse warten und habe alles aufgehalten, und das hat mich nicht überzeugt, so dass es auch fast das einzige Mal geblieben ist bisher für mich, mit dem Handy zu bezahlen.
    Römermann: Inzwischen ist ja auch tatsächlich das Bezahlen mit den kontaktlosen Kreditkarten relativ verbreitet. Das kann man an relativ vielen Supermarktkassen machen. Macht es dann überhaupt noch Sinn, ein Smartphone da dranzuhalten, wo ich dann vielleicht auch noch herumfummeln muss und irgendwo was eintippen muss?
    Florian Treiß, Gründer und Herausgeber des Fachdienstes mobilbranche.de
    Florian Treiß, Gründer und Herausgeber des Fachdienstes mobilbranche.de (mobilbranche.de)
    Treiss: Bei den meisten Verfahren müssen wir uns das so vorstellen, bei Google Pay wird es wohl auch darauf hinauslaufen, dass einfach eine schon vorhandene Plastikkarte dann digital virtuell abgebildet wird auf dem Handy, und das Szenario das ist, dass ich dann meine vorhandene Kreditkarte mit dem Handy nutzen kann und die Kreditkarte im Grunde nicht mehr zücken muss. Allerdings ist wie schon gesagt ist für mich der Punkt: Ist das wirklich so komfortabel?
    Das Handy ist dann doch wieder so ein großes Gerät. Und man kann das Portemonnaie - Stichwort zum Beispiel Ausweispflicht in Deutschland - auch nicht einfach zuhause lassen, weil viele Propheten des Mobile Payment sagen ja, man könnte die Geldbörse dann zuhause lassen, wenn das sich erst mal durchsetzt. Aber dann brauchen wir auch einen digitalen Personalausweis auf dem Handy. (*)
    "Wird noch Jahre dauern, bis es Mainstream wird"
    Römermann: Falls der Händler dann doch mal nachfragen will, ob ich das wirklich bin, der da bezahlt.
    Treiss: Einmal die Verifizierung beim Händler, aber tatsächlich auch die generelle Ausweispflicht in ganz Deutschland auf den Straßen, wenn ein Beamter einen anspricht, oder sonst was.
    Römermann: Ganz kurz Ihre Prognose. Werden wir tatsächlich bald alle mit dem Smartphone bezahlen?
    Treiss: Ich bin sehr skeptisch. Auch Google Pay wird wieder eine Insellösung sein. Die wird nur von wenigen erst mal genutzt werden können. Man muss ein Android-Handy haben und man muss vermutlich schon Kunde bei einer Partnerbank sein, weil nicht alle Banken im Boot sind. Also es wird noch Jahre dauern, bis es Mainstream wird.
    Römermann: Googles Smartphone-Bezahldienst Google Pay kommt nach Deutschland – Einschätzungen waren das von Florian Treiss vom Fachdienst Mobilbranche.de. Vielen Dank.
    (*) Anmerkung der Redaktion: Die Aussage unseres Interviewpartners ist an dieser Stelle missverständlich. Zwar gibt es grundsätzlich eine Ausweispflicht in Deutschland, allerdings gibt es keine Pflicht, den Personalausweis oder Reisepass immer mitzuführen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.