Der Burchardkai im Hamburger Hafen. Hier machen die richtig dicken Pötte fest, die größten Containerschiffe der Welt.
Langsam nähert sich ein Caddle Carrier – ein Portalhubwagen auf stelzenartigen Beinen, zwölf Meter hoch. Für gewöhnlich fährt er Frachtcontainer auf dem Terminal hin und her und lädt sie auf die bereitstehenden Lkw.
Doch diesmal hat er zwei übereinandergestapelte Spezialcontainer im Gepäck und setzt sie behutsam auf der Pier ab. Es ist ein mobiles Minikraftwerk.
"Wir haben einen Container gebaut, den stellen wir an Bord eines Containerschiffs. Und dann macht unser Container sauberen Strom für dieses Schiff, damit die dort Licht anmachen können, Klimaanlagen haben, Wasser produzieren können."
Sagt Dirk Lehmann von der Hamburger Firma Becker Marine Systems, sie hat das Aggregat entwickelt.
Flüssiges Erdgas verbrennt sauberer als Diesel
Liegt ein Schiff im Hafen, liefert für gewöhnlich ein Hilfsmotor den Bordstrom. Dieser Motor aber läuft mit Diesel und bläst Stickoxide, Feinstaub und Schwefeldioxid in die Luft – gerade in einer Stadt wie Hamburg ein Problem, denn hier liegt der Hafen gleich gegenüber der Innenstadt. Der neue Kraftwerkscontainer soll das Problem entschärfen. Er läuft mit LNG, mit flüssigem Erdgas. Und das verbrennt deutlich sauberer als Diesel.
"Technisch gesagt haben wir hier einen Gasmotor eingebaut in einen Container. Obendrauf haben wir einen Gastank gepackt, verflüssigtes Erdgas und wir können damit 1,5 Megawatt an Strom erzeugen und einem Schiff andienen."
Zwei Jahre dauerten Planung und Entwicklung. Schwierig war es unter anderem, einen Gasmotor zu finden, der das ständige Hin und Her beim Transport des mobilen Kraftwerks aushält. Der Tank fasst etwa acht Tonnen Flüssiggas bei einer Temperatur von minus 162 Grad Celsius. Bei einer Leistung von 1,5 Megawatt soll das System ein Containerschiff bis zu 40 Stunden mit Strom versorgen können – was einer typischen Liegezeit entspricht. Und was soll das mobile Schiffskraftwerk konkret für die Luftqualität bringen?
"Auf den ganz großen Containerschiffen sparen wir pro Anlauf ungefähr 600 Kilo Stickoxide. Das entspricht einer Menge von zigtausenden Pkw."
Seit Mai 2018 im Testbetrieb
Beim Schwefeldioxid sind es zirka 25 Kilogramm, bei Feinstaubpartikeln rund 15 Kilogramm, der der Hafenluft pro Einsatz des Minikraftwerks erspart bleiben. Seit Mai läuft die Anlage im Testbetrieb. Drei weitere Prototypen des sog. PowerPac sollen in Bälde folgen, sagt Dirk Lehmann.
"Dann geht es in die Vorserie, das werden die ersten 10 bis 20 Geräte sein. Dann geht es in die Großserie, die wir an verschiedenen Standorten herstellen werden."
Allerdings lässt sich heute noch nicht jedes Schiff per Container-Kraftwerk versorgen. Schließlich muss es dafür mit entsprechenden Anschlüssen vorbereitet sein. Manche Häfen etwa in den USA setzen auf eine alternative Technologie. Sie legen Stromleitungen bis an die Piers und versorgen die Schiffe per Kabel. Landstrom, so nennt sich das Konzept, das Lehmanns Kollege Christian Becker für viele Häfen für zu teuer hält, auch für den Burchardkai in Hamburg.
"Wenn Sie hier Landstrom hinbekommen wollen, müssen sie vorne am Stadtnetz den Strom abgreifen. Dann muss ich Kilometer Kabel verlegen. Dann bin ich beim Investitionsvolumen hier von deutlich über 20 Millionen. Wir bräuchten für diesen Terminal drei bis vier PowerPacs, also um die acht Millionen."
Technik lohnt sich für Reedereien
Dass sich die Technik für die Reeder lohnt, hat vor allem einen Grund: Wenn sie statt den Diesel laufen zu lassen auf den Bordstrom aus dem Container zugreifen, müssen sie weniger Hafengebühren zahlen.
Eines aber passt Hapag-Lloyd-Vorstand Anthony Firmin noch nicht so recht an dem neuen Konzept: Bislang wird das Container-Kraftwerk von einem Kran an Bord des Schiffs gehievt. Erst dort erzeugt es dann Strom.
Eines aber passt Hapag-Lloyd-Vorstand Anthony Firmin noch nicht so recht an dem neuen Konzept: Bislang wird das Container-Kraftwerk von einem Kran an Bord des Schiffs gehievt. Erst dort erzeugt es dann Strom.
"Wir hätten es lieber auf dem Pier, um einfach das Kabel an Bord zu nehmen."
Das nämlich hätte für den Reeder einen gewichtigen Vorteil, und zwar:
"Dass wir die Ladearbeiten an Bord nicht stören. Sie können sich vorstellen: Wenn dieses auf dem Schiff steht, können wir die Container, die darunter sind, nicht bearbeiten."
Dadurch kann das Schiff weniger Ladung an Bord nehmen – aus Sicht der Reeder ein Nachteil. Aber das wissen auch die Hamburger Ingenieure – weshalb sie schon an einer Lösung tüfteln, bei der ihr Kraftwerks-Container künftig an der Hafenkante stehen bleiben kann.