Gerner: Herr Köster, Sie sagen "Ausraster", "Kamel". Der FDP-Mann Rudolf Baum spricht von persönlichen Obsessionen. Ist Möllemann langsam ein Fall für den Psychologen?
Köster: Das kann ich nicht beurteilen. Ich sage nur: Als Politiker und als Landesvorsitzender der FDP ist Jürgen Möllemann für mich nicht weiter tragbar. Er verkörpert die Ansichten der FDP in diesem Bereich für mich nicht. Er kann nicht für mich sprechen, er kann für meinen Kreisverband nicht sprechen und er kann für viele Menschen in der FDP nicht sprechen. Ich glaube sein Alleingang hat ihn jetzt als Landesvorsitzenden disqualifiziert, und wir werden darüber auf einem Parteitag sprechen müssen.
Gerner: Das heißt ein Rücktritt, das steht für Sie außer Frage, sollte jetzt erfolgen?
Köster: Also, ich kenne Jürgen Möllemann genug, um zu wissen, dass er kämpfen wird, dass er sicherlich nicht freiwillig von diesem Amt zurück treten wird.
Gerner: Aber Ihre Forderung wäre es.
Köster: Meine Forderung wäre es, dass er seine Ämter niederlegt. Meine Forderung wäre es, dass er sich der Vertrauensfrage stellt. Und ich werde dafür werben bei den anderen Kreisvorsitzenden hier im Umkreis und in unserem Lande, dass es zu einem Sonderparteitag kommt, bei dem diese Frage gestellt werden kann.
Gerner: Herr Köster, erklären Sie mir, warum Sie und andere in Ihrem Landesverband mit dieser Frage nicht schon vor Monatsfrist gekommen sind. Da gab es ja schon den großen Streit zwischen Möllemann und dem Zentralrat der Juden. Was ist jetzt anders?
Köster: Also, der Vorwurf trifft mich nicht besonders. Deswegen nämlich nicht, weil bereits im Frühjahr dieses Jahres in Hagen der Landesparteitag der FDP war und damals war das Thema noch überhaupt nicht in irgendjemands Mund. Damals ist mir aufgefallen, dass Jürgen Möllemann bereits vollkommen aus der Luft gegriffene Angriffe gegen Israel gefahren hat, die sowas von überzogen waren, dass man ihn dann zitiert fand auf braunen Internetseiten. Da stand was von "Israel ist ein Terrorstaat" und solche Geschichten. Ich habe das dann thematisiert auf dem Landesparteitag und habe damals schon gesagt, er möge sich davon distanzieren. Dann kam im Frühjahr kurze Zeit danach die Geschichte, die wir alle kennen, mit der Karsli-Affäre, dann kamen seine weiteren Ausfälle, dann kam die Sache mit Friedman. Und schließlich dann die halbherzige Entschuldigung, die er dann wieder zurück genommen hat.
Gerner: Wir erinnern uns. Verschlechtert das Ganze jetzt die Wahlchancen der FDP?
Köster: Nach meinem Dafürhalten hat das schon die Wahlchancen erheblich beeinträchtigt. Es wird sie weiter beeinträchtigen, denn ein Großteil von Menschen kann sich mit dieser Privatmeinung Jürgen Möllemanns, die er als Parteimeinung ausgibt - und das ist ja das perfide - nicht identifizieren. Er entspricht daher vielen Menschen, die sich aus ethischen Gründen auch für die FDP entschieden haben oder sich entscheiden würden, nicht mehr, und die werden sich von der FDP distanzieren. Wir haben zahlreiche Anrufe gehabt, die entsetzt waren über diese Äußerungen Möllemanns und auch über die Art und Weise der Darstellung in diesem Pamphlet. Und deswegen bin ich der Auffassung, dass er die Wahlchancen tatsächlich vermindert.
Gerner: Herr Köster, viele Kommentatoren wundern sich ja, dass Guido Westerwelle, der Parteivorsitzende, sich nicht einmal traut, sein Vize in dieser Sache öffentlich zur Ordnung zu rufen. Im Gegenteil, er will die Debatte ersticken. Ist das nicht wenig souverän?
Köster: Also, ich denke auch dies, und das unterstelle ich einfach mal Jürgen Möllemann, ist nicht ganz ungewollt. Westerwelle hat insoweit eine schwierige Position, und man möchte ja auch nicht in seiner Haut stecken. Er muss auf der einen Seite einen Wahlkampf machen, der ihn wirklich voll fordert. Er muss sehen, dass er in der Partei eine gewisse Ruhe hält. Und nun wird er mit einer solchen Diskussion konfrontiert. Dass er natürlich einen innerparteilichen Streit zur Zeit nicht austragen möchte, das kann ich gut verstehen. Aber ich glaube er ist falsch beraten, jetzt keine klare Position zu beziehen. Denn ich denke, der Wähler erwartet von einer FDP, die einen gewissen moralisch-ethischen Hintergrund hat, auch eine klare Äußerung und eine Distanzierung zu solchen Sachen.
Gerner: Herr Köster, können Sie uns bestätigen, dass das, was Sie uns sagen, Mehrheitsmeinung ist im Landesverband Nordrhein-Westfalen?
Köster: Das kann ich Ihnen so nicht bestätigen. Ich weiß, dass sehr viele Kreisverbände darüber nachdenken. Andere Kreisverbände müssen noch mal mit ihren Gremien sprechen. Ich weiß, dass es auch andere Stimmen gibt, aber nach meiner Auffassung ist Jürgen Möllemann mit dieser Pamphlet-Aktion erheblich zu weit gegangen, und er steht nach meinem Dafürhalten isoliert da. Ich kann Ihnen jetzt aber keine statistische Übersicht geben.
Gerner: Dafür wäre auch leider nicht genug Zeit. Ich danke Ihnen ganz herzlich Dr. Rolf Köster, Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Wuppertal.