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Möllring: Keine Gegnerschaft zu Porsche, eher eine Partnerschaft

Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) hat versichert, die Landesregierung werde an ihrem Engagement beim Auto-Konzern VW festhalten. Mit dem vorhandenen Aktienanteil habe man eine gewichtige Stimme auf der Hauptversammlung, so dass man die Schließung von Werken oder Verlegung von Arbeitsplätzen verhindern könne.

Moderation: Dirk-Oliver Heckmann |
    Heckmann: Auch wenn sie keine Überraschung mehr war, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum VW-Gesetz, sie dürfte weit reichende Folgen haben für den VW-Konzern, seine Mitarbeiter und für das Land Niedersachsen. Jahrzehntelang hatte das Gesetz dafür gesorgt, dass das Stimmrecht jedes VW-Aktionärs auf 20 Prozent begrenzt wird, auch wenn er mehr Aktien hält. So sollte das Unternehmen vor feindlichen Übernahmen geschützt werden und dem Land Niedersachsen wurde so ein erheblicher Einfluss gesichert. Der EuGH allerdings hat jetzt in Luxemburg entschieden, das VW-Gesetz verstößt gegen europäisches Recht.
    Vor wenigen Minuten hatte ich die Gelegenheit, mit Hartmut Möllring zu sprechen, dem Finanzminister des Landes Niedersachsen von der CDU. Meine erste Frage: jetzt haben wir es schwarz auf weiß. Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen europäisches Recht verstoßen und das über Jahrzehnte.

    Möllring: Das VW-Gesetz, das 1960 erlassen worden ist, ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs nicht vereinbar mit dem europäischen Recht und muss deshalb geändert werden.

    Heckmann: Hatten Sie denn gehofft, dass das Gesetz Bestand hat?

    Möllring: Ja, selbstverständlich! Wir waren mit der Bundesrepublik gemeinsam der Ansicht, dass das Gesetz nicht gegen Europarecht verstößt. Das hat das Gericht anders gesehen. Das ist in der Demokratie zu akzeptieren.

    Heckmann: Und weshalb sollte für VW etwas gelten, was für andere Unternehmen nicht gilt? Mit anderen Worten: weshalb diese Sonderregelungen für Volkswagen?

    Möllring: Das liegt an der Geschichte des Volkswagen-Werkes, als man nach dem Kriege sich nicht hat einigen können, wem VW gehört, der Bundesrepublik Deutschland oder dem Land Niedersachsen. Da hat man das gesetzlich geregelt, hat die erste Volksaktie auf den Markt gebracht, das heißt hat breite Bevölkerungsschichten an VW über Aktien beteiligt. Wenn der Europäische Gerichtshof das jetzt anders sieht, haben wir das zu akzeptieren.

    Heckmann: Würden Sie denn sagen, dass das VW-Gesetz nur segensreich gewirkt hat?

    Möllring: Es gibt kein Gesetz, das nur segensreich wirkt, aber im Großen und Ganzen ist VW eine Erfolgsstory weltweit und damit auch für das Land Niedersachsen. Es sichert und schafft Arbeitsplätze hier im Lande Niedersachsen und das ist sicherlich ein Erfolg, der auch mit dem Gesetz zusammenhängt, denn ohne dieses Gesetz hätte der Konzern so nicht wachsen können wie er gewachsen ist.

    Heckmann: Das heißt welche Folgen sehen Sie für die Zukunft, wenn dieses Gesetz jetzt eben keinen Bestand mehr hat?

    Möllring: Wir müssen jetzt in die Zukunft schauen. VW ist jetzt auch großer Aktionär. Bei VW ist jetzt auch Porsche mit über 30 Prozent. Das Interesse von Porsche ist, erfolgreich Autos zu bauen, den Konzern VW voranzubringen, weiter voranzubringen, und das deckt sich mit den Zielen der niedersächsischen Landesregierung. Wir möchten gerne, dass die Arbeitsplätze im Lande gesichert sind, und das ist am sichersten dann, wenn der Konzern gut aufgestellt ist. So gesehen sind unsere Ziele da ziemlich gleichlautend.

    Heckmann: Gehen Sie denn jetzt davon aus, dass Porsche VW quasi komplett übernimmt oder zumindest mehr als die Hälfte der Anteile?

    Möllring: Analysten unterstellen das. Ich selber habe darin keinen Einblick. Eine gewisse Logik spricht aber dafür, dass Porsche sich jetzt bemühen wird, auf über 50 Prozent zu kommen.

    Heckmann: Und das würden Sie begrüßen?

    Möllring: Für uns ist es im Prinzip egal, ob Porsche 30 oder 50 Prozent hat. Wichtig ist, dass wir mit unseren 20 Prozent Stammkapitalaktien auf der Hauptversammlung 25 Prozent der abgegebenen Stimmen haben, denn damit können wir verhindern, dass Werke geschlossen werden, Sitze verlegt werden, der VW-Konzern anders aufgestellt wird. Dort haben wir ein wichtiges Wort mitzureden und wir sind in guten Gesprächen mit Porsche. Es ist nicht so, dass da eine Gegnerschaft besteht, sondern eher eine Partnerschaft. Deshalb sind wir da gemeinsam glaube ich auf einem guten Weg.

    Heckmann: Die SPD in Hannover argumentiert, das Land hätte schon vor der Entscheidung längst seine Anteile erhöhen müssen, um sich eben den Einfluss im Unternehmen zu bewahren.

    Möllring: Sehen Sie als der, der das jetzt fordert, vor fünf Jahren noch Minister war, da hat das Land Niedersachsen zugesehen, dass die Beteiligung auf 18,6 Prozent gesenkt worden ist. Wir sind jetzt wieder auf über 20 Prozent. Diejenigen, die das verursacht haben, die dann hinterher kluge Ratschläge geben, sollen sich an ihre eigene Vergangenheit erinnern.

    Heckmann: Das heißt, das ist für Sie auch keine Option?

    Möllring: Wissen Sie eine Option kann ja nicht sein, dass mir jemand sagt, vor fünf Jahren hätten wir alle anders handeln müssen. Diejenigen, die das sagen, haben nicht anders gehandelt. Sie hätten vor fünf Jahren die Gelegenheit gehabt. Sie haben es nicht getan und müssen jetzt nicht anderen in die Schuhe schieben, dass es nicht in der Zwischenzeit passiert ist. Wie gesagt: mit unseren 20 Prozent sind wir sehr stark auf der Hauptversammlung, so dass wir bei den dort abgegebenen Stimmen über 25 Prozent haben und darauf kommt es an.

    Heckmann: Liegt es nicht in der Logik der ganzen Sache, dass sich der Staat, das Land Niedersachsen also, komplett aus dem Unternehmen herauszieht, um eben rein wirtschaftliche und marktwirtschaftliche Faktoren zum Tragen kommen zu lassen, wie das beispielsweise auch die FDP, Ihr Koalitionspartner fordert?

    Möllring: Im Koalitionsvertrag, den CDU und FDP unterschrieben haben, steht drin, dass wir eine Beteiligung an VW halten. Das wird auch im nächsten Koalitionsvertrag wieder drinstehen. dass man in Parteien unterschiedliche Meinungen hat, deshalb ist man ja in unterschiedlichen Parteien. Aber es kommt letztendlich darauf an, was man für die Koalition vereinbart, und für die CDU in Niedersachsen ist unverrückbar, dass wir an der Beteiligung an VW festhalten.

    Heckmann: Herr Möllring, aus den Reihen der Beschäftigten gibt es Befürchtungen, dass die Mitbestimmung in dem neuen Konstrukt aus Porsche und Volkswagen-Konzern eben ausgehöhlt werden könnte. Dementsprechend hat sich VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh geäußert. Sind diese Sorgen berechtigt?

    Möllring: Dazu kann ich nichts sagen. Wie in einer Porsche-Holding die Mitbestimmung erfolgt, ist auch nicht die Aufgabe der Landesregierung, dies zu beurteilen. Bei VW selber wird sich nichts ändern. Wie sich das bei Porsche auswirkt, kann ich nicht beurteilen.

    Heckmann: Zum Thema feindliche Übernahme. Die Bundesregierung macht sich darüber Gedanken, wie Unternehmen vor feindlichen Übernahmen geschützt werden sollen. Denken Sie, dass durch diese Entscheidung aus Luxemburg diese Diskussion jetzt wieder neu an Fahrt gewinnt?

    Möllring: Nein. Bei VW kann es keine feindliche Übernahme geben, da Porsche und das Land Niedersachsen zusammen über 50 Prozent der Stimmen haben. Damit ist VW gegen so genannte Heuschrecken geschützt, denn die hätten ja ein Interesse daran, den Konzern dann möglichst schnell auseinander zu nehmen, die wertvollen Teile zu verkaufen und den Rest liegen zu lassen. Dieses ist bei Porsche genau das Gegenteil. Die wollen einen erfolgreichen Konzern, genauso wie das Land Niedersachsen. Deshalb ist diese Gefahr von VW abgewendet.

    Heckmann: Das VW-Gesetz verstößt gegen europäisches Recht. Über Konsequenzen sprach ich mit Hartmut Möllring, dem Finanzminister des Landes Niedersachsen von der CDU.