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Mord an Mireille Knoll
Keine Sicherheit für Juden in Frankreich

Die jüdische Rentnerin Mireille Knoll war am vergangenen Freitag tot in ihrer ausgebrannten in Paris aufgefunden worden. Die Staatsanwaltschaft geht inzwischen von einem antisemitischen Tatmotiv aus. Viele Juden sind nun verunsichert.

Von Jürgen König | 27.03.2018
    Ein Jude mit Kippa auf dem Kopf in Paris
    Ein Jude trauert am 12.01.2015 in Paris an einem Geschäft, in dem zuvor ein Mann vier jüdische Geiseln erschossen hat und anschließend von der Polizei getötet worden ist (picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen)
    Der Tod der Mireille Knoll hat in Frankreich eine anhaltende Bestürzung ausgelöst - und wiederum zu einer Debatte geführt, die es im ganzen Land schon oft gab, sie kreist rund um die Frage: Ist es gefährlich, als Jude in Frankreich zu leben? Ja, sagte Malek Boutih, der frühere Präsident von SOS Racisme, am Morgen dem Sender France Inter:
    "Die Juden leben in Frankreich nicht in Sicherheit. Das ist eine Tatsache. Wenn Sie Jude sind, müssen Sie das verstecken. Sie können in manchen Vierteln keine Mesusa an Ihrem Türpfosten anbringen – dann werden Sie nämlich bei sich zuhause angegriffen. Ihre Kinder können, wenn sie die Kippa tragen, nicht einfach spielen gehen. Es ist schon grundsätzlich ein Problem von großer Tragweite, das sich aktuell auch noch mit dem des Dschihadismus verbindet. Der Antisemitismus ist ein Mittel auch der Dschihadisten geworden, sich in der Gesellschaft auszudrücken. Es gibt keine Dschihadisten, die nicht auch Antesimiten wären!"
    Nachdem die 85jährige Mireille Knoll am Freitag in ihrer verbrannten Wohnung in Paris tot aufgefunden worden war, gingen die Ermittler sehr bald von einem antisemitischen Tatmotiv aus. Gestern wurden zwei junge Männer festgenommen und einem Ermittlungsrichter vorgeführt.
    Ermordet mit elf Messerstichen
    Offizielle Angaben zur Tat gibt es noch nicht. In den Medien häufen sich Berichte, die sich auf Ermittlerkreise beziehen und in denen der Sohn einer Nachbarin als Hauptverdächtiger gilt. Seit Jahren habe er die alte Dame gekannt, heißt es, gemutmaßt wird, dass es sich bei der Tat zunächst um einen Einbruchsdiebstahl handelte, aus dem dann ein tatsächlich antisemitisch motivierter Mord wurde: Mit elf Messerstichen wurde Mireille Knoll getötet. Das Feuer sei gelegt worden, um Spuren zu verwischen. Der Präsident der Parlamentsfraktion von "La République en marche", Richard Ferrand, im Sender BFM:
    "Es ist der absolute Horror. Wie es der Oberrabbiner Haïm Korsia gestern sagte: Die Peiniger haben immer noch dasselbe Gesicht: das des Hasses. 1942 hat die Jüdin Mireille Knoll die Razzia im Vélodrome d'Hiver in Paris überlebt, jetzt wurde sie in Paris ermordet, wiederum - folgt man der Staatsanwaltschaft: aus Hass, weil sie Jüdin war. Es ist der absolute Horror."
    Die Anteilnahme ist groß in Frankreich, auch Staatspräsident Emmanuel Macron äußerte sein "Entsetzen" über die Tat, "alles" werde unternommen, um den "abscheulichen Mord" aufzuklären. Der CRIF, der Dachverband jüdischer Organisationen in Frankreich, hat für morgen zu einem Gedenkmarsch durch Paris aufgerufen.