Mittwoch, 22. Mai 2024

Finanzierung von Moscheen
Wer zahlt den Imam?

Immer wieder stehen Spenden aus dem Ausland an deutsche Moscheen in der Kritik. Auch deshalb wird seit Jahren über ihre Finanzierung diskutiert. Während die Vorstellungen darüber auseinandergehen, können einige Moscheen ihre Kosten kaum noch decken.

07.03.2024
    Der Merkez DITIB Moschee in Duisburg am Tag der Offenen Moschee (Drohneaufnahme). Zum Tag der Offenen Moschee haben am Dienstag auch viele Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ihre Moscheen geöffnet. In diesem Jahr lautet das Motto: «Das Gebet â besinnt, belebt, verbindet»
    Wichtiger Ort für Gläubige: Moschee in Duisburg. (picture alliance / dpa / David Young)
    Wie sich Moscheen finanzieren, darüber wird in Deutschland seit Jahren gestritten. Regelmäßig warnen Politiker verschiedener Parteien vor einem zu großen, ausländischen Einfluss auf die hiesigen islamischen Gemeinden. Aus welchen Quellen sonst noch Gelder kommen und warum einige Moscheen gerade finanzielle Probleme haben - ein Überblick.

    Wie finanzieren sich Moscheen in Deutschland?

    Anders als die Angehörigen der christlichen Kirchen zahlen Muslime in Deutschland bislang keine Steuer, mit deren Einnahmen Moscheen und Imame finanziert werden könnten. Die Einnahmen von Moscheeverbänden und -vereinen setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Dazu zählen vor allem Mitgliedsbeiträge und Spenden, gelegentlich auch Erträge aus Vermietungen erworbener Immobilien.
    Wie viel die einzelnen Gemeinden einwerben, lässt sich nach Angaben des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages „nicht mit konkreten Zahlen“ beantworten. Diese Feststellung ist schon sechs Jahre alt, an der Datenlage hat sich seither aber nur wenig geändert.
    Moscheevereine erbitten Mitgliedsbeiträge
    Moscheen sind häufig als gemeinnützige Vereine nach dem deutschen Vereinsrecht organisiert. Über Mitgliedsbeiträge muss Buch geführt werden. Für Rauf Ceylan, Religionssoziologe an der Universität Osnabrück, sind die Beiträge die wichtigste Einnahmequelle hiesiger Moscheen, auch wenn es oft nur zehn Euro seien. Hinzu kommen dann noch die Spenden: „Wenn Freitagsgebet ist, dann geht die Kollekte um.“
    Im Islam gilt Spenden als religiöser Akt. Eine der fünf Säulen des Islams ist die Zakat. Musliminnen und Muslime sind verpflichtet, regelmäßig einen Teil ihres Besitzes abzugeben. Laut der Göttinger Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus kann diese „Almosenspende“ entweder an Arme gehen oder auch der Finanzierung von Moscheen oder Koranschulen dienen.
    Intransparenz bei Spenden aus dem Ausland
    Spenden kommen nicht nur aus dem Inland, sondern auch aus dem Ausland. Diese stehen immer wieder in der Kritik. Auf Deutschlandfunk-Anfrage erklären sowohl das Auswärtige Amt als auch das Bundesinnenministerium, dass keine „systematischen Erkenntnisse“ zur Finanzierung deutscher Moscheen vorlägen. Vor rund fünf Jahren hatte der Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung berichtet, dass das Auswärtige Amt Saudi-Arabien, Kuwait, Katar und andere Staaten darum ersucht habe, „beabsichtigte Spenden oder staatliche Zuwendungen an religiöse Einrichtungen in Deutschland zuvor dem Auswärtigen Amt zu melden“.
    Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hätten Schwierigkeiten, eine Übersicht über die Auslandszuwendungen zu erstellen, erläutert die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus. In vielen Fällen gehe es aber um Individualspenden und nicht um staatliche Spenden: "Deswegen glaube ich auch nicht wirklich daran, dass das in den Golfstaaten staatlicherseits zu regulieren wäre. Am Ende braucht man geheimdienstliche Methoden, um das wirklich überblicken zu können.“
    Deutsche Geheimdienste dürfen allerdings nur dann aktiv werden, wenn Extremismusverdacht besteht. Dies trifft nur auf einen kleinen Teil der deutschen Moscheen zu. Dann jedoch nehmen die Verfassungsschutzämter auch mögliche Geldquellen in den Blick. Konkrete Zahlen nennt der Verfassungsschutz jedoch nicht.
    Der Religionssoziologe Rauf Ceylan beobachtet bei den Auslandsspenden eine Entwicklung im Sinne der deutschen Politik. Die Auslandsspenden hätten abgenommen, weil über sie sehr kritisch berichtet worden sei, sagt Ceylan. Außerdem sei vielen deutschen Moscheegemeinden ihre Unabhängigkeit wichtig. Und für Expertinnen und Experten steht außer Frage: Deutsche Moscheen sind finanziell vor allem abhängig von Mitgliedsbeiträgen und Spenden aus dem Inland.

    Welche Ausgaben haben Moscheen?

    Wie andere Einrichtungen auch haben Moscheen viele laufende Kosten. Aus ihren Einnahmen müssen Rechnungen für Versicherungen, Wasser-, Strom und Gasverbrauch beglichen und Mitarbeitende – vorwiegend Imame – bezahlt werden.
    In einem Teil der deutschen Moscheen werden die Imame aus dem Ausland bezahlt: vor allem bei der Ditib. Sie ist mit rund 900 Moscheegemeinden der größte Islamverband in Deutschland. Die Ditib ist der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet untergeordnet und bekommt von ihr Imame gestellt. Derzeit sind es laut Bundesinnenministerium rund tausend.
    Politisch ist das umstritten: Kritiker warnen schon lange vor einem zu großen Einfluss des türkischen Staates auf deutsche Ditib-Moscheen. Die Imam-Entsendungen aus der Türkei sollen in den kommenden Jahren schrittweise beendet werden, wie das Bundesinnenministerium im Dezember 2023 mitteilte. Stattdessen sollen pro Jahr hundert Imame in Deutschland ausgebildet werden. Offen ist allerdings noch, wie diese dann bezahlt werden.

    Welche Finanzierungsprobleme zeigten sich jüngst?

    Verschiedene Großereignisse der letzten Jahre haben dazu geführt, dass einige Moscheen in Deutschland finanziell in Schwierigkeiten geraten sind. Eines dieser Ereignisse war die Coronapandemie. Weil Zusammenkünfte mehrerer Personen zeitweise untersagt waren, konnten keine Spenden vor Ort gesammelt werden. „Da sind den Moscheen in Deutschland reihenweise die Finanzen weggebrochen“, sagt Islamwissenschaftlerin Spielhaus.
    Und auch zuvor habe es bereits eine schwierige Phase gegeben, erläutert Spielhaus. Als 2015/2016 viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, seien die Kosten für die Moscheeverbände und -vereine in die Höhe geschnellt: Viele Flüchtlinge hätten in den Räumlichkeiten von Moscheen übernachtet und dort geduscht.
    Außerdem setzt die Inflation den Moscheen zu. Auch aufgrund gestiegener Preise – etwa höherer Mieten - müsse die Finanzierung von Moscheen neu geregelt und professionalisiert werden, fordern Expertinnen und Experten sowie Politiker.

    Welche Ideen zur Neuregelung der Moscheenfinanzierung gibt es?

    Zu den Modellen, die für eine Neuregelung der Finanzierung von Moscheen ins Spiel gebracht wurden, zählen eine Moscheesteuer analog zur Kirchensteuer und eine Bundesstiftung. Letztere soll der Idee nach vom Staat finanziert werden und Gelder an deutsche Moscheegemeinden ausschütten.
    Der CDU-Politiker Jens Spahn erläuterte die Idee der Bundesstiftung gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Wer von dort Gelder erhalten wolle, so der Vorschlag, müsse bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Predigten sollten auf Deutsch gehalten werden, die Imame müssten in Deutschland ausgebildet worden sein, und es sollte eine „transparente Kinder- und Jugendarbeit“ geben. Für die Göttinger Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus steckt in diesem Vorschlag die Chance eines „Qualitätssprungs“.
    Die Einführung einer Moscheesteuer hingegen würde bedeuten, dass die islamischen Verbände zunächst Körperschaften des öffentlichen Rechts werden müssten. Einige Verbände streben diesen Status seit Jahren an, werden ihn aber auf absehbare Zeit wohl nicht bekommen. Oft heißt es, sie erfüllten die organisatorischen Voraussetzungen nicht.
    Beide Modelle liefern keine kurzfristigen Lösungen für bestehende Finanzierungsengpässe. Außerdem ernten sie auch Kritik. Burhan Kesici vom Dachverband „Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland“ lehnt die bisherigen Vorstöße ab: „Ich halte das für eine politische Diskussion, die auch nicht ernst gemeint ist, weil man nicht mit den Muslimen darüber gesprochen hat.“
    Wie sich Moscheen finanzieren, bleibt auch in den kommenden Jahren eine der großen Herausforderungen der deutschen Religionspolitik.
    cr, vg