Montag, 06. Mai 2024

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Musiktheater in der Coronazeit
„Die Gesellschaft muss entscheiden, wie viel Kunst wert ist“

Wie kann das Musiktheater auf die Corona-Beschränkungen reagieren? "Wenn wir nicht spielen können, dann streamen wir etwas", sagte Laura Berman, Intendantin der Hannover Staatsoper, im Dlf. Sie versuche, so viele Künstler zu beschäftigen wie möglich. Eine Frage sei, wie man Freien Künstlern mehr Sicherheit bieten könne.

Laura Berman im Gespräch mit Raoul Mörchen | 29.03.2021
Laura Berman, Staatsoper-Intendantin, im Staatstheater Hannover, steht in einem schwarz-weißen Kleid im Foyer der Staatsoper.
Laura Berman versucht, ihre Mitarbeiter zu schonen mit ständigen Spielplanänderungen: "Das zehrt an den Nerven". (picture alliance / Christophe Gateau)
Die Staatsoper Hannover nimmt an einem Modellprojekt teil: an der Initiative Citygemeinde. Die Partnerschaft von Geschäftsleuten in der Innenstadt in Hannover will Einkaufen, den Besuch von Außengastronomie - aber eben auch Kultur wieder möglich machen, also die Öffnung von Museen, Kino und des Staatstheaters.

"So viele Künstler beschäftigen, wie es nur geht"

Noch sei aber noch offen, wann das Projekt starten könne, sagt dazu die Intendantin der Staatsoper Hannover, Laura Berman, im Deutschlandfunk: "Wir haben unseren Spielplan-Kalender im April, und wenn wir an dem Tag nicht spielen können, dann streamen wir etwas."
Das Städtische Orchester Waiblingen ist eines von vielen Amateurorchestern in Deutschland (Archivbild)
Neustart des Musiklebens: "Impfstatus ein zentrales Thema"Der Bundesmusikverband Chor und Orchester will gemeinsam mit der Wissenschaft Konzepte entwickeln, um eine Wiederaufnahme des Probenbetriebs zu ermöglichen. Dabei auch der Impfstatus eine Rolle spielen, sagt Vizepräsident Heiko Schulze.
Seit dem Winter sei viel vorgearbeitet worden, "weil wir das Gefühl hatten, dass wir irgendwann mal im Frühling spielen können. Und der Plan war, wenig zu Proben, damit wir möglichst viel spielen können und so viele Künstler zu beschäftigen, wie es nur geht", erklärte Laura Berman.
Dabei seien alle große Opern mit Kammerwerken ersetzt worden – wegen der Abstände auf der Bühne und im Orchestergraben.

Etwas 30.000 Menschen streamten "Carmen"

Die Akzeptanz für das Streaming von Opern sei beim Publikum der Staatsoper Hannover sehr hoch, betont die Intendantin. So sei eine neue Version von "Carmen" etwa von 30.000 Menschen weltweit gesehen worden.
Dennoch werde die Live-Aufführung auch künftig wichtig bleiben, für Publikum wie auch die Künstler, ist sich Laura Berman sicher: "Viele Zuschauerinnen und Zuschauer unterschätzen, was man als Künstler vom Publikum spürt, auf der Bühne und im Graben. Man spürt die Menschen nicht nur beim Applaus, sondern eigentlich den ganzen Abend lang. Das kann man nicht ersetzen."

Freien Künstlern künftig mehr Sicherheit geben

Flexibilität sei bei einem großen Haus mit drei Sparten – Oper, Konzert, Ballett – schwierig, räumte die Intendantin Laura Berman ein. Sie versuche, die Mitarbeiter zu schonen mit ständigen Spielplan-Änderungen: "Das haben wir im letzten Jahr schon so oft gemacht. Das zehrt an den Nerven."
Ein Xylophon-Spieler beugt sich mit Schlägern über sein Instrument.
Corona ein Beschleuniger für die „Diversifizierung im Musikerberuf“
Das Berufsfeld von Musikern ändere sich schon seit Jahren, nun verstärke Corona diese Entwicklung, sagt Rico Gubler, Präsident der Musikhochschule Lübeck. Musikvermittlung oder Kulturmanagement würden künftig wichtiger.
Als Folge der Corona-Erfahrungen werde viel diskutiert, wie künftig Verträge gestaltet werden können, wie man besonders Freien Künstlern mehr Sicherheit geben könne: "Ich kann mir vorstellen, dass viele Freie Künstler entschieden haben: Wir wollen nicht mehr so prekär weiterleben. Da muss die Gesellschaft entscheiden, wie viel die Kunst wert ist".