Donnerstag, 28. März 2024

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Muslime in Bosnien-Herzegowina
Moderater Islam oder Radikalisierung?

240 Personen aus Bosnien-Herzegowina haben sich in Syrien und dem Irak dem sogenannten Islamischen Staat angeschlossen. Strenggläubige muslimische Gruppierungen im Land stehen seitdem im Fokus der Sicherheitsbehörden. Ihr Einfluss wird bisher zwar als gering eingeschätzt. Dennoch wächst ihre Zahl.

Von Sabine Adler | 17.01.2019
    Moschee in einem Stadtteil von Sarajevo (dt. auch Sarajewo), Hauptstadt und Regierungssitz von Bosnien und Herzegowina.
    Moschee in einem Stadtteil von Sarajevo. In der Innenstadt wird im Sommer kaum mehr Alkohol ausgeschenkt (picture alliance / dpa / ANE)
    In der historischen Altstadt von Sarajewo locken neben Souvenirläden und Kebab-Stuben Restaurants jeder Preisklasse. Fast nirgendwo wird Alkohol ausgeschenkt. Das sei ein Tribut an die vielen Gäste aus den Golf-Staaten, vor allem im Sommer, meinen europäische Besucher. Muhammed Jusic, der Sprecher der Islamischen Gemeinde Bosnien-Herzegowinas wehrt ab: Das sei überhaupt nichts Neues.
    "Es ist eine Tradition, dass man in der Altstadt keinen Alkohol bekommt. Früher gab es nicht einmal Süßigkeiten sondern nur Kebab und Joghurt, nichts Anderes. So war die Tradition."
    Europas Angst vor Muslimen
    Von der Altstadt zur Kaisermoschee, von wo aus die Islamische Gemeinde verwaltet wird, sind es ein paar Schritte über den Fluss. Muhammed Jusic reagiert gereizt auf Politiker der Europäischen Union, die kritisieren, dass sich Bosnien-Herzegowina immer weiter islamisiere.
    "Europa hat Angst vor Muslimen, die als Flüchtlinge kommen, und vor europäischen Muslimen, die schon sehr lange in Europa leben. Sie alle werden jetzt gleichermaßen als Bedrohung angesehen. Diese Wahrnehmung kam mit dem Entstehen der Rechtsextremen in Europa. Wir wollen die Gefahr durch gewaltbereite Extremisten nicht herunterspielen, allerdings sind die wirklich Gefährlichen schon längst in Syrien. Aber auf die traditionellen Salafisten hier, das sind einige tausend, richtet sich jetzt die ganze Aufmerksamkeit."
    Muhammed Jusic ist Sprecher der Islamischen Gemeinde Bosnien-Herzegowinas
    Muhammed Jusic sitzt vor dem Friedhof seiner muslimischen Gemeinde in Sarajewo (Deutschlandradio/Sabine Adler)
    Kämpfen im Ausland wird bestraft
    Unweit der Kaisermoschee liegt die Universität von Sarajewo, wo Sead Turcalo über Islamismus in Bosnien-Herzegowina lehrt und forscht, denn aus dem 3,5-Millionen-Einwohner-Land Bosnien sind immerhin 240 Personen nach Syrien und in den Irak gegangen. Zum Vergleich: Aus Deutschland waren es rund 1.000, bei 80 Millionen mehr Einwohnern. Bosnische Sicherheitsdienste interessieren sich aber erst seit dem Beginn des Syrienkrieges für die Salafisten, wie die Behörden die gewaltbereiten und strenggläubigen Muslime nennen.
    Die Regierung hat das Kämpfen im Ausland inzwischen unter Strafe gestellt. Außerdem sind inzwischen sogenannte Parajamaats, also inoffizielle muslimische Glaubenskongregationen, verboten, niemand darf mehr ohne offizielle Erlaubnis Religion unterrichten. Zudem wurden die IS-Rückkehrer unter verschärfte Beobachtung genommen, 22 Islamisten mussten sich vor Gericht verantworten.
    Sead Turcalo: "Das Problem war eigentlich, dass man sehr klar erkannt hat, dass die salafistischen Gruppierungen die offizielle islamische Gemeinschaft untergraben wollen. Das waren also die Gruppierungen, die am Rande der Gesellschaft gelebt haben, die abgeschottet gelebt haben wie in Gornja Maoca oder in Osve. Also man hat das Ganze nicht als Problem betrachtet."
    IS-Graffitis und Gesichtsschleier
    Gornja Maoca liegt nahe der Grenze zum EU-Land Kroatien. Ein 200-Seelen-Dorf, das in Bosnien-Herzegowina berühmt-berüchtigt ist. Auch wegen der Graffiti, die den so genannten Islamischen Staat preisen.
    Zwischen den heruntergekommenen Häusern und Autowracks, die über das ganze Dorf verteilt sind, spielen Kinder. Frauen in langen schwarzen oder braunen Gewändern und mit Handschuhen huschen vorüber, die Kopftücher zusätzlich von Gesichtsschleiern bedeckt. Nie dreht sich eine nach dem Besuch um. Aber ein Mädchen, das aus einem Fenster geschaut hatte, kommt heraus. Selima.
    Ich frage Selima, wo ihre Mutter ist. Sie zeigt auf ein Haus im Rohbau, an dem seit Jahren nicht weitergearbeitet wurde. Die Tür geht auf, hinter dem Vorhang, der den Blick nach innen versperrt, bewegt sich etwas.
    "Hallo, Salemaleikum. Please come in."
    "Take off my shoes?"
    "Yes."
    Gornja Maoca liegt nahe der bosnisch-kroatischen Grenze.jpg
    Gornja Maoca liegt nahe der bosnisch-kroatischen Grenze (Deutschlandradio/Sabine Adler)
    Unter dem Niqab: Die Schönheit für sich selbst bewahren
    Eine zierliche Frau nimmt den Vorhang beiseite und lässt mich ein. Erst als wir durch den dunklen Flur den Wohnraum betreten, sehe ich ihr Gesicht. Porzellanweiße feine Haut, strahlend blaue Augen und rotes, leicht lockiges Haar, das modern auf halbe Länge geschnitten ist. Sie sieht aus wie die Zweitausgabe von Nicole Kidman. Sie könnte gut ihre Schwester spielen. Jetzt trägt sie eine Bluse mit weitem offenem Kragen und einen langen schmalen Rock. Ein dunkelbrauner Niqab hängt an der Garderobe.
    Selimas Mutter sagt mir nicht ihren Namen, erzählt aber, dass sie als Flüchtling im Bürgerkrieg 1992 aus Banja Luka nach Sarajewo geflohen ist, wo es schwer war wie jemanden für sie eine Wohnung zu finden.
    Mutter: "Wir tragen alle den Schleier."
    Adler: "Haben Sie früher, zum Beispiel in Sarajewo, auch einen Schleier getragen?"
    M: "Nein. Ich wollte es auch dort. Aber alle schauten mich schief an, vor allem, als wir eine Wohnung suchten. Es ging nicht. Hier dagegen ist es so einfach, alle tragen ihn."
    A: "Können Sie mir erklären, welchen Vorteil es hat, einen Schleier zu tragen?"
    M: "Das ist einfach erklärt: Wenn du ausgehst, bist du attraktiv für jeden. Aber mit dem Schleier kann niemand dein schönes Gesicht sehen. Denn diese Schönheit bewahrst du für dich selbst auf und für deinen Ehemann. So einfach ist das."
    A: "Einfach, wenn man damit einverstanden ist."
    M: "Möchten Sie Kaffee oder Tee?"
    Die Mädchen wollen wie ihre Mütter Schleier tragen
    Selimas Mutter hat in Bihac studiert. Sicherheitskräfte haben die dortige Islamische Pädagogische Fakultät wegen Radikalisierungstendenzen im Blick. Frauen in Bihac begannen als erste nach dem Bosnienkrieg, den Niqab zu tragen.
    Die 40-Jährige lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern seit vier Jahren in Gornja Maoca. Aus ihrem Dorf kam auch der zu 18 Jahren Haft verurteilte Attentäter Mevlid Jasarevic, der 2011 einen Anschlag auf die US-Botschaft in der Hauptstadt Sarajewo verübte.
    A: "Fühlen sie sich frei, auf diese Art zu leben?"
    M: "Ja, denn ich kann arbeiten und ich könnte jederzeit das Dorf auch verlassen, zu
    rückgehen. Wenn ich das Studium beendet hätte, könnte ich jetzt als Lehrerin arbeiten."
    A: "Aber nicht im Schleier, das würde kaum funktionieren. Muss ihre Tochter auch irgendwann den Schleier tragen?"
    M: "Ich würde sie nicht dazu drängen. Es ist nicht Vorschrift. Aber die Mädchen sehen ihre Mütter und wollen wie wir den Schleier tragen. Das ist ein Kleid."
    Die muslimische Frau als Individuum verschwindet
    Auf meine Frage, ob ich sie fotografieren darf, nickt Selimas Mutter und greift zu dem braunen Gewand an der Garderobe. Sie streift es über die Bluse, zieht dann den braunen Hidschab über den Kopf. Schließlich nimmt sie den Schleier, den sie am Hinterkopf über dem Kopftuch zusammenknotet. Der schwarze Stoff reicht bis zur Taille.
    Die Frau ist jetzt vollständig verhüllt. Nur ein schwarzer Streifen Gaze auf Augenhöhe verschafft ihr etwas Durchblick. Für den Betrachter sind ihre blauen Augen nicht zu erkennen. Die muslimische Frau als Individuum ist verschwunden. Ihre braun-schwarze Gestalt bewegt sich zum Sofa, bedeutet ihrer Tochter, sich neben sie zu setzen, beide schauen in die Kamera.
    Die Mutter mit Schleier, die Tochter ohne, aber mit Kopftuch. Beide wollen die Fotos begutachten. Die Mutter ist zufrieden, hat aber Bedenken, dass ihr Mann die Aufnahme freigibt. Sie schickt die Zwölfjährige los, den Vater um Erlaubnis zu bitten.
    Als Selima nur wenig später das Haus betritt, schüttelt sie traurig den Kopf. Keines der Fotos darf verwendet werden. Das Wort des Vaters ist Gesetz.
    Kein Generalverdacht wie in Österreich
    In einem bosnischen Dorf liegen alte Autoteile und ein Karren auf einer Wiese.
    Dorfleben in Gornja Maoca (Deutschlandradio / Sabine Adler)
    Über Gornja Maoca wehte noch vor zwei, drei Jahren die schwarze Flagge des so genannten Islamischen Staates. Wenn sich Fremde näherten, wurde diese immer rasch eingeholt. Das kann auch Selimas Mutter nicht verborgen geblieben sein. Trotzdem lebt sie immer noch hier, ist nicht gegangen.
    A: "Was Sagen Ihre Freunde aus der Schulzeit oder in Sarajewo über Ihre Art zu leben? Kommen sie manchmal her?"
    M: "Nein, nur die Familie. Wir sind ihnen nicht böse, dass sie nicht zu uns kommen. Wir verstehen, dass sie Angst haben, denn es gibt jede Menge Geschichten über uns in den Medien. Du musst dich frei und wohl fühlen, bei dem was du tust, dann kannst du auch mit anderen Menschen kommunizieren. Wenn du dich nicht frei fühlst, geht das nicht."
    A: "Interessant, dass Sie sagen, dass sie sich frei fühlen. Es gibt das Stereotyp, dass sich Frauen mit Schleier wie im Gefängnis vorkommen. Fühlen Sie sich gefangen?"
    M: "Nein. Vor allem hier nicht. In Österreich wäre das anders. Dort dürfen Frauen nicht mit Schleier, also Burka oder Niqab, auf die Straße gehen. Wenn sie von der Polizei gesehen werden, müssen sie Geldstrafen zahlen. Das ist ein Gefängnis. Wenn dagegen jemand in einem Badeanzug auf die Straße geht, muss er nichts zahlen. Ich kenne die Angst vor Terroranschlägen, aber man kann doch nicht alle Frauen mit Schleier und Männer mit Bart als Terroristen bezeichnen. Das ist doch eine Lüge. Dann wären doch Millionen Menschen Terroristen."
    Nach elf Jahren wieder zurück
    Vor dem Haus wird es unruhig. In vollem Galopp stürmt ein brauner Hengst die Dorfstraße hinauf. Er gehört Selimas Familie. Ein Mann ruft etwas in Richtung von Selimas Elternhaus. Es ist Edis Bosnic. Er trägt den gleichen Familiennamen wie Bilal Bosnic, der wegen Rekrutierung von IS-Kämpfern im Gefängnis sitzt.
    Edis Bosnic: "Ich glaube, dass seine Verurteilung ungerecht war. Er hat kein bosnisches Gesetz gebrochen."
    Adler: "Er ist verurteilt worden für die Rekrutierung von IS-Kämpfern."
    E.B.: "Ja, aber es gibt keinen Beweis dafür, dass er das getan hat."
    Der bärtige 40-Jährige hat elf Jahre in den USA gelebt, wohin seine Familie während des Bosnienkrieges Anfang der 1990-er Jahre floh. Er kennt die westliche Welt.
    "Keiner mag diesen Lebensstil. Sich inmitten von Drogenabhängigen, Alkoholikern zu befinden, täglich ausgeraubt werden zu können. Kein Mann möchte mit einer Frau verheiratet sein, mit der schon jeder aus der Stadt zusammen war."
    "Wahabismus? Wir nennen uns einfach nur Muslime."
    Ein Mann in blauer Trainingsjacke mit Brille und langem Bart steht draußen im bosnischen Dorf Gornja Maoca.
    Edis Bosnic aus dem bosnischen Salafisten-Dorf Gornja Maoca (Deutschlandradio / Sabine Adler)
    Was der eloquente Bosnier vom Westen hält, machte er schon in einem Fernsehinterview 2016 klar, in dem er androhte, "seinen schönen Glauben nach Europa tragen zu wollen." Nur deswegen unterstütze er den Beitritt Bosnien-Herzegowinas zur EU.
    "Das ist keine neue Religion oder Wahabismus, wie man das nennt, was hier eingeführt wurde. Als Wahabismus bezeichnen unsere Feinde den Islam. Wir nennen uns einfach nur Muslime. Im Islam werden Frauen geehrt und geschätzt. Aber wertvolle Dinge werden nicht öffentlich gezeigt, sie dürfen nicht von jedem berührt oder benutzt werden. Wertvolle Dinge werden verwahrt und bedeckt."
    Die strenggläubigen Muslime lehnen den säkularen Staat ab, ebenso Geschlechtergerechtigkeit, Gleichheit und das Recht auf Bildung. Es ist der stete Umbau von Familie und Gesellschaft, auf den die Salafisten setzen und der die Behörden herausfordert. Auch deshalb sieht die Polizei regelmäßig in Gornja Maoca nach.
    20.000 Salafisten – Ihr Einfluss: überschaubar
    Experten wie Sead Turcalo gehen davon aus, dass sich von den 1,8 Millionen bosnischen Muslimen im Land inzwischen rund 20.000 als Salafisten verstehen, die Anführer dieser Glaubensrichtung geben selbst an, insgesamt sogar 50.000 Anhänger zu haben. Ihren Einfluss auf die große Mehrheit der Muslime hält Turcalo für überschaubar.
    "Wenn ich das betrachte, die haben nicht den Erfolg gehabt, den sie erwartet haben. Eigentlich ist dieser traditionelle Islam hier zu lang, um ihn so schnell zu ändern. Und die Leute sind mehr für diese spirituelle Art und Verständnis von Islam, und diese saudi-arabische Interpretation ist sehr auf Rituale fokussiert."
    Islamistischer Terrorismus in Bosnien vergleichsweise gering
    Das kleine Balkanland ist von großen Anschlägen bislang verschont geblieben. Nach den Schüssen auf die US-Botschaft gab es 2015 zwei Angriffe auf die Polizeistationen von Zvornik und Rajlovac, bei denen die Terroristen und mehrere Beamte starben. In Frankreich, Belgien, Großbritannien und Deutschland dagegen haben radikale Moslems aus der eigenen Bevölkerung sehr viel mehr Menschen getötet.
    Eine Gefahr stellen auch islamistische Netzwerke in die EU hinein dar, die besonders über die bosnische Diaspora in Deutschland und Österreich geknüpft werden.
    Der Sprecher der bosnischen Islamischen Gemeinde, Jusic, wehrt sich gegen die Unterstellung der Serben und Kroaten im Land, dass sich nur die muslimischen Bosnier radikalisierten. Extremisten seien ebenso in den serbischen und kroatischen Volksgruppen zu finden, aber weit weniger stigmatisiert.
    "Es gab hier einen Genozid, das haben wir nicht vergessen. Kriegsverbrecher werden als Helden verehrt, nicht von irgendwelchen Leuten, sondern von Regierungspolitikern. Das Problem mit extremistischen Muslimen in Bosnien ist, dass sie marginale Gruppen sind, die unter voller Beobachtung stehen. Aber gleichzeitig geben radikale und vielleicht noch extremere Nationalisten den Ton im Land an. Der Radikalismus der einen Seite dient der anderen Seite, sich selbst zu radikalisieren."
    Der Islam in Bosnien sei moderat, dagegen würden die Salafisten als radikal in Glauben und Verhalten wahrgenommen, jedoch nicht automatisch als gewalttätig.
    "Es war eigentlich sehr falsch, sie am Rande der Gesellschaft zu lassen und nicht mit denen zu sprechen."
    Auch deswegen versuche die Gemeinde, diese Gläubigen zurückzuholen und zu integrieren. Richtig, findet der Politologe Sead Turcalo. Ein Versuch, der jedoch immer wieder massiv von außen gestört wird.
    Saudische "Missionierungen"
    Das Sarajewo Shopping Center - ein großer moderner Glasturm in der bosnischen Hauptstadt.
    Das Sarajewo Shopping Center ist eine saudische Investition auf dem Balkan (Deutschlandradio / Sabine Adler)
    Unter anderem von Golfstaaten wie Saudi Arabien. Tourismus-Resorts, ein modernes Einkaufszentrum und die König-Fahd-Moschee in Sarajewo, die größte überhaupt auf dem Balkan, wurden mit saudischem Geld errichtet. Im ganzen Land, das immer noch von Kriegswunden gezeichnet ist, fallen Hunderte Moscheen auf, nagelneu und schneeweiß.
    "Ich weiß nicht, ob jemand das gezählt hat. Es sind sehr viele neu gebaut wurden, besonders unmittelbar nach dem Krieg, als Saudi-Arabien und andere Golf-Länder die neue Interpretation einzuführen versuchten. Und das war der ganze Hintergrund, warum sie so darauf gepocht haben, überall zumindest eine dieser Moscheen zu bauen."
    Eine kleine weiße Moschee mit Minarett in Sarajevo. Im Hintergrund stehen Bäume und Häuser, davor parkende Autos.
    Saudi Arabien und andere Golfstaaten lassen viele neue Moscheen wie diese in Sarajewo bauen (Deutschlandradio/Sabine Adler)
    Dringend nötig sei mehr diplomatischer Druck auf Saudi Arabien, damit die Missionierung durch saudische religiöse Organisationen aufhöre. Und für die einheimische Imame hat die Gemeinde eine Broschüre mit Argumenten gegen die enge Auslegung des Islam verfasst.
    "Wir müssen dafür sorgen, dass diese Ideen nicht überhand nehmen. Und vielleicht geschieht ja endlich etwas, dass die finanzielle Hilfe für sie aufhört."
    Das Europäische Parlament schätzte 2018, dass aus dem saudischen Königreich schon Hunderte von Millionen Dollar in den Westbalkan geflossen sind: für humanitäre Hilfe, die Anwerbung von islamistischen Kämpfern und unerlaubten Waffenhandel.
    Als die Mudschahedin kamen
    Nicht nur in den abgelegenen Salafisten-Dörfern, auch in Sarajewo, Bihac, Tuzla und Zenica wurde und wird rekrutiert. Die Radikalisierung des bosnischen Islam hat nicht erst mit dem Syrienkrieg oder dem 11. September 2001 begonnen. Sie setzte bereits 1992/93 ein, unter dem Radar des Bürgerkriegs auf dem Balkan, als Mudschahedin aus Ägypten und Saudi-Arabien nach Zentralbosnien kamen, in Städte wie Zenica und Travnik.
    "Man schätzt, dass es während des ganzen Krieges so um die 700 Mudschahedin in Bosnien gegeben hat. Sie haben weniger gekämpft, dafür mehr missionarische Arbeit durchgeführt."
    Dass mit dem Ende des Kampfes gegen den so genannten Islamischen Staat in Syrien und im Irak die Radikalisierung und Anwerbung von potentiellen Attentätern aufhören, ist nicht zu erwarten. Vielmehr wird weiter die ethnische und nationale Karte ausgespielt werden, worin etliche Politiker, nicht nur in Bosnien-Herzegowina, bereits viel Übung haben.