Alljährlich kann man ihre fremdartigen Riten beobachten. Als Druiden oder Göttinnen verkleidete Menschen feiern Keltenfeste oder tanzen zur Sonnenwende an der berühmten, steinzeitlichen Anlage von Stonehenge. Mit der historischen Wirklichkeit hat das alles wenig bis nichts zu tun. Aber auch die akademischen Keltenforscher waren lange verunsichert. Zu unterschiedlich sind die Galater aus dem Balkanraum und der Türkei, die Kelten aus Mitteleuropa, die sogenannten Keltiberer aus Spanien und schließlich die gälischen Bewohner Englands und Irlands. An der Frage, ob man all diese unterschiedlichen Völker wirklich über einen Kamm scheren könne, sei das Fach fast zerbrochen, meint Professor Jürgen Zeidler von der Universität Trier. Allerdings sei man sich heute einig, dass es eben auch viele Gemeinsamkeiten gäbe.
"Was sie eint, das ist halt die Sprache vor allen Dingen oder bestimmte kulturelle und soziale Vorstellungen, die mit der Sprache verbunden sind oder mit der Sprache transportiert werden. Aber das ist in den wenigsten Fällen natürlich die materielle Kultur."
Heute hat man einen stärkeren Blick auf die sozialen Differenzierungen, die sich in den keltischen Gesellschaften über die Jahrhunderte entwickelt haben. Jürgen Zeidler:
"Das zeichnet sich auch im archäologischen Material ab, das wir zunächst einmal relativ einförmige Bestattungen haben und dann kommt so eine Elite heraus, die mit Prunkgegenständen in den Gräbern zum Beispiel sich von den anderen Bestattungen unterscheidet."
Ein schönes Beispiel für diese soziale Differenzierung hat man in Trier quasi vor der Haustür: Der Ringwall von Otzenhausen und die benachbarten Fürstengräber von Schwarzenbach. Sie gehören zur sogenannten Hunsrück-Eifel-Kultur, die sich vom 6. bis zum 3. Jahrhundert vor unserer Zeit in diesem Raum entwickelte. Ein mächtiger, noch heute bis zu 15 Meter hoher Befestigungswall schützte das keltische Gemeinwesen in seinem Inneren. Der Archäologe Michael Koch war an Ausgrabungen dort beteiligt.
"In der Anlage selber, so haben die Ausgrabungen gezeigt, findet man sehr viel Scherben, Keramiküberbleibsel von dem Geschirr der Menschen, die dort gelebt haben. Die Anlage selber ist unterschiedlich gegliedert, in Handwerksbereiche und in Speichergebäude und in einen Kultplatz, den es dort gibt, sodass wir es also mit einer kleinen Stadt eigentlich zu tun haben."
Nicht weit von dieser Siedlung entdeckte man schon 1849 zwei Gräber, die mit prunkvollen Grabbeigaben ausgestattet waren. Darunter ein sehr seltener goldener Armreif, es gibt in der gesamten Hunsrück-Eifel-Kultur bislang nur drei solcher Schmuckstücke, und zahlreiche dünne Goldbleche, die wohl als Beschläge für Trinkgefäße aus Horn dienten. Der Reichtum der Grabbeigaben lässt die Archäologen von Fürstengräbern sprechen. Und diese Fürsten waren wohl nicht einfach starke Zecher, meint Michael Koch:
"Die soziale Struktur war auf jeden Fall hierarchisch gegliedert. Es muss jemanden gegeben haben, der das Sagen hatte. Der das aber begründet hatte aufgrund seiner familiären Herkunft, auf besondere ruhmesreiche Vorväter und vor allem aber auch auf seine Fähigkeit, Gastmähler auszurichten, das zu finanzieren, Mäzen zu sein für keltische Kunst, was wir reichlich ja finden in den Gräbern und auch religiöse Feste ausrichten zu können, das scheint ganz wichtig gewesen zu sein für die Elite."
Ob die in Schwarzenbach bestatteten Fürsten tatsächlich Mitglieder einer Dynastie, vergleichbar den Adelsdynastien im Mittelalter waren, oder ob es sich eher um lokale Häuptlinge handelte, die ihren Führungsanspruch stets aufs neue beweisen mussten – diese Frage lässt sich mit den Mitteln der Archäologie nicht abschließend beantworten. Doch wie kam es überhaupt zu solch ausgeprägten sozialen Differenzierungen in der keltischen Gesellschaft? Was waren ihre Vorstufen? Diesen Fragen geht viele Hundert Kilometer nordwestlich von Hunsrück und Eifel ein Archäologenteam der walisischen Universität Bangor nach. Sein Chef ist der gebürtige Österreicher Raimund Karl:
"Die Anlage, die wir ausgraben, die wir jetzt heuer das vierte Jahr ausgegraben haben, liegt ganz im Nordwesten von Wales, auf der Halbinsel Llyn, das ist der Spitz, der westlich aus dem Norden von Wales heraussteht und unsere Grabungsstelle ist praktisch ganz am Ende, nahezu am äußersten Punkt in den Atlantik hinein, eine spätbronzezeitliche und eisenzeitliche, auf Deutsch würden wir sagen, doppelte Ringwallanlage."
Die Siedlung existierte etwa vom Jahr 1000 vor unserer Zeit bis ins dritte vorchristliche Jahrhundert und durchlief dabei mehrere Entwicklungsschritte. Ursprünglich völlig unbefestigt, wurde sie um das Jahr 800 vor Christus erstmals eingezäunt, in späteren Jahrhunderten wurden diese Holzzäune durch steinerne Wälle ersetzt. Ist das ein Indiz für zunehmende kriegerische Auseinandersetzungen? Raimund Karl:
"Ja, das ist das, was man automatisch erstmals annehmen würde. Aber gerade bei diesen Siedlungen, die wir hier in Meillionyd haben, aber auch vielen vergleichbaren Siedlungen dieser Zeit, reden wir nicht über große Burganlagen mit bedeutenden Befestigungen, sondern wir reden überhaupt über Dinge, die mit einem festen Zaun umgeben waren, oder mit einer Palisade oder so was, also aus Holz gebaut. Und auch später dann, wenn sie noch ausgearbeitet mit monumentaleren Wällen versehen werden, dann reden wir über einen anderthalb Meter hohen Wall, der einen Erdkern hat und zwei Trockensteinmauern, eine außen, eine innen. Verteidigungstechnisch ist das nicht besonders effektiv."
Was war es dann, das die Bewohner von Meillionyd veranlasste, Palisaden und Wälle zu bauen? Wollten sie sich als Dorfgemeinschaft gegen ihre nächsten Nachbarn abgrenzen, oder ist die Umbauung, bereits ein Indiz für soziale Differenzierungen im Dorf?
"Es ist vermutlich bis zu einem gewissen Grad eine Mischung aus beidem. Es ist einerseits die Abgrenzung von einer Dorfgemeinschaft zur anderen, andererseits aber auch durch die zunehmende Monumentalisierung, die man dann bemerkt, eine Abgrenzung von sozial höher stehenden Personen, die es sich leisten können, dass ihnen jemand Wälle schaufelt, gegenüber weniger wohlhabenden, weniger bedeutenden Leuten, die nicht die Zeit haben, nicht das Kapital haben, das Ganze zu bewirken."
"Was sie eint, das ist halt die Sprache vor allen Dingen oder bestimmte kulturelle und soziale Vorstellungen, die mit der Sprache verbunden sind oder mit der Sprache transportiert werden. Aber das ist in den wenigsten Fällen natürlich die materielle Kultur."
Heute hat man einen stärkeren Blick auf die sozialen Differenzierungen, die sich in den keltischen Gesellschaften über die Jahrhunderte entwickelt haben. Jürgen Zeidler:
"Das zeichnet sich auch im archäologischen Material ab, das wir zunächst einmal relativ einförmige Bestattungen haben und dann kommt so eine Elite heraus, die mit Prunkgegenständen in den Gräbern zum Beispiel sich von den anderen Bestattungen unterscheidet."
Ein schönes Beispiel für diese soziale Differenzierung hat man in Trier quasi vor der Haustür: Der Ringwall von Otzenhausen und die benachbarten Fürstengräber von Schwarzenbach. Sie gehören zur sogenannten Hunsrück-Eifel-Kultur, die sich vom 6. bis zum 3. Jahrhundert vor unserer Zeit in diesem Raum entwickelte. Ein mächtiger, noch heute bis zu 15 Meter hoher Befestigungswall schützte das keltische Gemeinwesen in seinem Inneren. Der Archäologe Michael Koch war an Ausgrabungen dort beteiligt.
"In der Anlage selber, so haben die Ausgrabungen gezeigt, findet man sehr viel Scherben, Keramiküberbleibsel von dem Geschirr der Menschen, die dort gelebt haben. Die Anlage selber ist unterschiedlich gegliedert, in Handwerksbereiche und in Speichergebäude und in einen Kultplatz, den es dort gibt, sodass wir es also mit einer kleinen Stadt eigentlich zu tun haben."
Nicht weit von dieser Siedlung entdeckte man schon 1849 zwei Gräber, die mit prunkvollen Grabbeigaben ausgestattet waren. Darunter ein sehr seltener goldener Armreif, es gibt in der gesamten Hunsrück-Eifel-Kultur bislang nur drei solcher Schmuckstücke, und zahlreiche dünne Goldbleche, die wohl als Beschläge für Trinkgefäße aus Horn dienten. Der Reichtum der Grabbeigaben lässt die Archäologen von Fürstengräbern sprechen. Und diese Fürsten waren wohl nicht einfach starke Zecher, meint Michael Koch:
"Die soziale Struktur war auf jeden Fall hierarchisch gegliedert. Es muss jemanden gegeben haben, der das Sagen hatte. Der das aber begründet hatte aufgrund seiner familiären Herkunft, auf besondere ruhmesreiche Vorväter und vor allem aber auch auf seine Fähigkeit, Gastmähler auszurichten, das zu finanzieren, Mäzen zu sein für keltische Kunst, was wir reichlich ja finden in den Gräbern und auch religiöse Feste ausrichten zu können, das scheint ganz wichtig gewesen zu sein für die Elite."
Ob die in Schwarzenbach bestatteten Fürsten tatsächlich Mitglieder einer Dynastie, vergleichbar den Adelsdynastien im Mittelalter waren, oder ob es sich eher um lokale Häuptlinge handelte, die ihren Führungsanspruch stets aufs neue beweisen mussten – diese Frage lässt sich mit den Mitteln der Archäologie nicht abschließend beantworten. Doch wie kam es überhaupt zu solch ausgeprägten sozialen Differenzierungen in der keltischen Gesellschaft? Was waren ihre Vorstufen? Diesen Fragen geht viele Hundert Kilometer nordwestlich von Hunsrück und Eifel ein Archäologenteam der walisischen Universität Bangor nach. Sein Chef ist der gebürtige Österreicher Raimund Karl:
"Die Anlage, die wir ausgraben, die wir jetzt heuer das vierte Jahr ausgegraben haben, liegt ganz im Nordwesten von Wales, auf der Halbinsel Llyn, das ist der Spitz, der westlich aus dem Norden von Wales heraussteht und unsere Grabungsstelle ist praktisch ganz am Ende, nahezu am äußersten Punkt in den Atlantik hinein, eine spätbronzezeitliche und eisenzeitliche, auf Deutsch würden wir sagen, doppelte Ringwallanlage."
Die Siedlung existierte etwa vom Jahr 1000 vor unserer Zeit bis ins dritte vorchristliche Jahrhundert und durchlief dabei mehrere Entwicklungsschritte. Ursprünglich völlig unbefestigt, wurde sie um das Jahr 800 vor Christus erstmals eingezäunt, in späteren Jahrhunderten wurden diese Holzzäune durch steinerne Wälle ersetzt. Ist das ein Indiz für zunehmende kriegerische Auseinandersetzungen? Raimund Karl:
"Ja, das ist das, was man automatisch erstmals annehmen würde. Aber gerade bei diesen Siedlungen, die wir hier in Meillionyd haben, aber auch vielen vergleichbaren Siedlungen dieser Zeit, reden wir nicht über große Burganlagen mit bedeutenden Befestigungen, sondern wir reden überhaupt über Dinge, die mit einem festen Zaun umgeben waren, oder mit einer Palisade oder so was, also aus Holz gebaut. Und auch später dann, wenn sie noch ausgearbeitet mit monumentaleren Wällen versehen werden, dann reden wir über einen anderthalb Meter hohen Wall, der einen Erdkern hat und zwei Trockensteinmauern, eine außen, eine innen. Verteidigungstechnisch ist das nicht besonders effektiv."
Was war es dann, das die Bewohner von Meillionyd veranlasste, Palisaden und Wälle zu bauen? Wollten sie sich als Dorfgemeinschaft gegen ihre nächsten Nachbarn abgrenzen, oder ist die Umbauung, bereits ein Indiz für soziale Differenzierungen im Dorf?
"Es ist vermutlich bis zu einem gewissen Grad eine Mischung aus beidem. Es ist einerseits die Abgrenzung von einer Dorfgemeinschaft zur anderen, andererseits aber auch durch die zunehmende Monumentalisierung, die man dann bemerkt, eine Abgrenzung von sozial höher stehenden Personen, die es sich leisten können, dass ihnen jemand Wälle schaufelt, gegenüber weniger wohlhabenden, weniger bedeutenden Leuten, die nicht die Zeit haben, nicht das Kapital haben, das Ganze zu bewirken."