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Nach dem Stresstest
Neue Zahlen dämpfen Euphorie

Der Stresstest der Europäischen Zentralbank sorgte zunächst für Erleichterung und steigende Aktienkurse an der Börse in Frankfurt. Doch neue Zahlen der EZB und des Ifo-Instituts beendeten die positive Entwicklung am deutschen Finanzmarkt schnell.

Von Michael Braun | 27.10.2014
    Das Frankfurter Bankenviertel
    Am Geldmarkt, wo Banken sich untereinander Geld leihen, sei heute keine Entspannung sichtbar, berichtete ein Händler. (dpa / picture-alliance / Arne Dedert)
    Die Strafe folgte auf dem Fuße. Neun italienische Banken sind durch den Stresstest gefallen, sieben haben aber schon nachgebessert. Den beiden, die sich noch neues haftendes Eigenkapital besorgen müssen, ging es heute an der Börse schlecht. Die Aktien der Banca Monte dei Paschi di Siena, des ältesten Geldhauses der Welt, fielen anfangs um 15 Prozent. Die von Banca Carige brachen sogar um 18 Prozent ein. Dass von Italien eine Gefahr für das europäische Bankensystem ausgehen könne, hatte Bundesbankvorstand Andres Dombret gestern im Grundsatz zugestanden: "Jede Schwierigkeit einer Bank in Europa hat auch Rückwirkungen auf deutsche Banken."
    Andererseits: Die schwache Kapitalisierung und die hohen Risiken des italienischen Bankensystems waren bekannt. Martin Lück, Chefvolkswirt der UBS Deutschland, sagt, wo diese herkommen und liefert eine Beruhigung mit:
    "Die italienischen Banken haben ja auch so viel schlechter ausgesehen, weil sie sehr stark auf die Kreditszenarien gestresst worden sind. Und das ist natürlich in Italien besonders schlecht ausgefallen, weil Italien schon mehrere Jahre Rezession hinter sich hat. Da hat es viele Unternehmenspleiten und entsprechend viele Kreditausfälle gegeben. Es sind nur zwei Banken, die jetzt nach diesen Monaten überhaupt noch etwas machen müssen. Dafür haben die neun Monate Zeit. Und sich sehe da keine Schwierigkeit und auch keine Ausstrahlung auf die anderen Kreditinstitute in Europa."
    Die Kreditnachfrage bleibt mau
    So sehen es heute auch die Finanzmärkte: Die Aktienkurse begannen deutlich höher – Ausdruck einer Erleichterung über den Ausgang des Stresstests. Doch der Anstieg von einem Prozent bei dem gängigen europäischen Aktienindex Eurostoxx 50 hielt nicht. Das Börsenbarometer drehte gar ins Minus. Ähnlich der Deutsche Aktienindex DAX, dessen Rutsch allerdings weniger stark ausfiel. Das lag auch an den Bankaktien. Sie hatten euphorisch begonnen. Die Commerzbankaktie etwa mit einem Aufschlag von fast zehn Prozent. Davon sind jetzt noch rund ein Prozent Plus übrig.
    Die anfängliche Euphorie wurde heute allerdings auch durch neue Zahlen gedämpft: Am Geldmarkt, wo Banken sich untereinander Geld leihen, sei heute keine Entspannung sichtbar, berichtete ein Händler. Banken, die viel Spargelder übrig haben, leihen es also nicht anderen Instituten, die das Geld in die Kreditnachfrage ihrer Kunden stecken wollen. Ein Grund: Die Kreditnachfrage bleibt mau. Denn als sicher getestete Banken seien nur die notwendige Bedingung für mehr Kredite, sagt Volkswirt Lück:
    "Die hinreichende Voraussetzung für ein Wiederbeschleunigen des Kreditwachstums in Europa und damit natürlich für eine verbesserte Kapitalausstattung der Unternehmen, Investitionen und damit ein Wachsen der Volkswirtschaften, das ist, dass die Haushalte und Unternehmen wieder bereit sind, sich stärker zu verschulden. Das tun sie gewöhnlich nur dann, wenn sie erwarten, dass sich die ökonomische Situation positiv entwickelt und außerdem ihr Schuldenstand, ihr bestehender Schuldenstand nicht so hoch ist, dass sie lieber erst mal alte Schulden zurückzahlen, bevor sie neue aufnehmen."
    Das Geld bleibt reichlich und billig
    An all dem fehlt es: Die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen ist im September gesunken, berichtete heute die EZB. Das zuverlässige Konjunkturbarometer aus dem Ifo-Institut ist heute zum sechsten Mal in Folge abgerutscht. Die 7.000 befragten Unternehmen bewerteten ihre aktuelle Geschäftslage schlechter und den Ausblick auf die kommenden sechs Monate auch.
    Für die Geldpolitik der EZB dürfte das bedeuten: Das Geld bleibt reichlich und billig. Immerhin erreichen die Zentralbank Forderungen der Politik, auf den Stresstest zu reagieren. Der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle etwa hat die EZB aufgefordert, beim Test durchgefallene Finanzinstitute nicht durch den Ankauf schlechter Papiere zu stützen.