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Nach dem Terror von Tunesien
"Es ist von mehr Anschlägen auszugehen"

Tunesien rücke nach dem Anschlag auf das Bardo-Nationalmuseum in Tunis zusammen, sagte die Politologin Isabel Schäfer im DLF. Allerdings fehlten Überlegungen, wie mit der radikalisierten Jugend umzugehen sei. Für Nordafrika erwartet sie keinen Flächenbrand – aber weitere Gewalt.

Isabel Schäfer im Gespräch mit Burkhard Müller-Ullrich | 22.03.2015
    Sicherheitskräfte und andere Menschen laufen aus dem Nationalmuseum in Tunis.
    Beim Anschlag auf das Nationalmuseum in Tunis wurden 21 Menschen getötet. (picture alliance/dpa/Str)
    Nach dem Terrorakt von Tunis hätte Tunesien für mehr Sicherheit an den Grenzen zu Libyen und Algerien gesorgt, das Militär sei hier inzwischen viel präsenter. Einen Flächenbrand im Norden Afrikas erwartet Isabel Schäfer nicht. Allerdings sei "schon von weiteren Anschlägen in der Region auszugehen".
    In Tunesien sei es nach einer ersten Schockreaktion schnell zu "Solidaritätsdemonstrationen für die Erhalt der neu gewonnen offenen Gesellschaft" gekommen. Die Zivilgesellschaft hält laut der Politikwissenschaftlerin nun "fester zusammen als vorher". Der demokratische Konsolidierungsprozess sei weit vorangeschritten auf institutioneller Ebene, die politische Kultur in der Gesellschaft müsse sich weiter entwickeln, so Schäfer. Insgesamt aber habe sich Tunesien hin zu einer offenen Gesellschaft entwickelt. So sehe die neue Verfassung Religionsfreiheit und eine Gleichstellung der Frau vor.
    Bislang sei allerdings noch nicht überlegt worden, wie die jungen Radikalisierten wieder "sinnvoll in die Gesellschaft integriert werden können", sagte die Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin, wo sie das Projekt Mittelmeer Institut Berlin leitet. Diese Gruppe sei auch eine Folge des sonst vergleichsweise positiv verlaufenen Arabischen Frühlings. Die jungen Revolutionäre hätten sich damals relativ schnell aus der Politik zurückgezogen: ins Private, in zivilgesellschaftliche Organisation, - und eine kleine Minderheit eben in salafistische Organisation.
    Bis zum 22. August können Sie das Gespräch nachhören.