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Nach den Anschlägen in Paris
Warum Belgien von den Terrorattacken direkt betroffen ist

Nach den Terroranschlägen in Paris konzentriert sich ein Teil der Ermittlungen jetzt auf Belgien. In Brüssel wurden mehrere Verdächtige festgenommen. Belgien ist bei Syrien-Rückkehrern beliebt. Die Regierung will diese jetzt stärker überwachen.

Von Annette Riedel | 15.11.2015
    Blick auf einen Markt in Molenbeek.
    Ein Markt in der Gemeinde Molenbeek, die zu Brüssel gehört. (picture alliance / dpa / Kristof Van Accom)
    In Belgien gilt seit gestern Abend die höchste Sicherheitsstufe, bestätigte Regierungschef Michel:
    "Nous sommes dans en état d'alerte maximale depuis d'hier soir. Nous travaillons en contact direct avec les autorités françaises."
    Man sei in ständigem Kontakt mit den französischen Sicherheitsbehörden. Was die höchste Sicherheitsstufe unter anderem konkret bedeutet, umriss der belgische Außenminister Reynders:
    "Wir haben die Kontrollen an den Bahnhöfen und Flughäfen verstärkt. Die Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft, und wir begleiten alle kommenden Großveranstaltungen mit höchster Wachsamkeit."
    In Brüssel gelten ohnehin seit dem Anschlag auf das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" und den jüdischen Supermarkt in Paris im Januar schon verschärfte Sicherheitsmaßnahmen. Jetzt wird beispielsweise die Bewachung öffentlicher Gebäude und mehrerer Botschaften durch belgisches Militär noch einmal verstärkt.
    Es gibt mehrere Gründe, warum Belgien von den Pariser Terrorattacken direkt betroffen ist. Zum einen sind zwei der Toten Belgier, bestätigt der belgische Außenminister:
    "On doit, malheureusement déplorer deux décès, deux belges."
    Festgenommene waren bekannt
    Zum anderen scheint eine Spur der Attentate nach Belgien zu führen. Genauer gesagt nach Brüssel. Und zwar in den Stadtteil Moelenbeek, nur durch den Kanal von der Brüsseler Innenstadt getrennt. Unter den 100.000 Einwohnern Molenbeeks sind viele Muslime. Dass sich darunter auch radikalisierte Islamisten befinden, ist bekannt. Gestern gab es dort mehrere Razzien. Mindestens sieben Männer wurden festgenommen, bestätigte der belgische Justizminister Geens:
    "Die Festnahmen in Molenbeek am gestrigen späten Nachmittag stehen mit den Anschlägen im Zusammenhang. Die Festgenommenen waren als potentielle Gefährder bekannt. Man muss die offensichtliche Gefahr sehen, dass sie mit den Anschlägen zu tun hatten."
    Jedenfalls wollen Augenzeugen im Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris zwei Fahrzeuge mit belgischem Kennzeichen gesehen haben:
    "In Paris sind in der Nähe der Tatorte zwei Fahrzeuge mit belgischen Kennzeichen aufgefallen."
    Viele Syrien-Rückkehrer gehen nach Belgien
    Schon im Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris im Januar soll es Verbindungen nach Belgien gegeben haben. Einer der Attentäter soll sich dort ein Auto und Waffen besorgt haben.
    Belgien gilt als eines der Länder mit der höchsten Konzentration von Rückkehrern, die nach einer Zeit in Syrien nach Europa in die Länder, deren Staatsbürgerschaft sie haben, zurückkehren. Europaweit geht man von ca. 3.000 Rückkehrern aus. Bis zu 500 davon könnten Belgier sein. Das Land ist klein, ist im Herzen Europas und deshalb ein beliebter Ausgangspunkt für potentielle Attentäter, analysiert der belgische Regierungschef Michel:
    "Viele der jungen Kämpfer, die aus Syrien zurückkommen, waren in Ausbildungslagern des IS, haben teilweise dort gekämpft. Sie sind den Umgang mit Waffen gewohnt, manchmal radikalisiert. Wir müssen die Überwachung dieser Rückkehrer unbedingt verstärken."