Der junge Mann nennt sich Fred, trägt einen grünen, dicken Parka, schwarze Stiefel, grüne Wollmütze, stapft durch den Hambacher Forst – und schüttelt den Kopf.
"Naja, es ist erschütternd. Also, ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass irgendjemand von uns besonders weltbewegendes Ergebnis erwartet hätte. Aber es ist dann trotzdem ernüchternd zu sehen, dass dann irgendwie so wenig rauskommt.
Also, dass dann drinsteht, es wäre wünschenswert, dass der Hambacher Forst erhalten bleibt. Naja, cool, das ist das Schwammigste, was ich jemals gehört habe."
Es ist ein paar Tage nachdem die Kohlekommissionen ihre Vorschläge gemacht. Im Hambacher Forst regnet es seit Stunden, unter Freds Schuhen knirschen die Kieselsteine. Ergebnisse der letzten Räumung im Herbst, als die Wege durch das Waldstück im rheinischen Revier noch einmal befestigt wurden. Wie lange Fred bereits im Hambacher Wald lebt, wo er herkommt, wie alt er ist, wie er wirklich heißt – auf alles, gibt es die Standardantwort.
"Das möchte ich nicht sagen."
Keiner kann für die Gruppe sprechen
Das ist eine Regel – geschuldet der Besetzung, der Verfolgung durch die Behörden. Ein weiterer Grundsatz: Keiner kann für die Gruppe sprechen, jeder nur für sich.
"Also, ich kann natürlich nicht sagen, dass ich für die Bewegung spreche, aber ich kann mir gut vorstellen, dass diese Meinung von vielen geteilt wird und dass wir kein Vertrauen darauf hatten, dass sie wirklich was machen oder das wirklich was rauskommt.
Es hat vorgestern ein Supporti schön in Worte gefasst: Das was da rauskam, dass hätte man auch in einer Viertelstunde am Telefon klären können. So, ihr wollt viel Geld? Wie viel wollt ihr haben? Ah, ist nicht genug? Okay, dann kriegt ihr so viel. Und ja, wäre schön, wenn der Hambacher Forst erhalten bleiben würde. Okay, dann schreiben wir es auf unser Papier und fertig."
Aktivisten lehnen Vorschläge der Kohlekommission ab
Die Vorschläge der sogenannten Kohlekommission werden hier abgelehnt – und zwar grundsätzlich. Diese Haltung findet sich in allen Gesprächen mit Aktivisten wieder – und der Zweifel, ob Zusagen wirklich eingehalten werden:
"Ja, wünschenswert ist auch so ein schönes Wort, wie 'wenn' oder 'könnte'. Es klingt so ein bisschen, ob sie damit der Bevölkerung ein bisschen entgegenkommen wollen und deren Befriedigung mit darstellen wollen."
Nichts ist in Stein gemeißelt
Sagt Kasper, der sich diesen Namen für die Presse gegeben hat. Erreicht, sei noch gar nichts, Vertrauen nicht vorhanden, so der Grundtenor. Es sei, so sagt es ein Spanier, der ebenfalls im Hambacher Forst lebt, nichts in Stein gemeißelt, also werde auch er in der internationalen Besetzung bleiben.
Doch, wann würden die Besetzer den Wald verlassen? Fred, auf dem Kiesweg im Hambacher Forst, wiegt den Kopf:
"Also, es wird Menschen geben, die gehen, weil sie sagen: Okay, meine Mission war, diesen Wald zu erhalten. Und den Kohle-Ausstieg. Und es wird Menschen geben, die sagen: Hey, mir geht es hier auch um das Miteinander, die Solidargemeinschaft, die wir eigentlich in der Welt uns wünschen.
Und es ist dann halt dieses Ding mit Freiräumen. Du hast in Deutschland sehr wenig unkommerzielle Räume. Und dieser Wald hat sich zu einem der größten Deutschlands dazu entwickelt, vielleicht sogar zu dem größten: Ich weiß nicht, ob alle gehen würden, wenn der Kohle-Ausstieg da ist. Das weiß ich nicht."
Wie viele Menschen aktuell dort leben, wie viele Baumhäuser, Tunnel, Zelte es gibt – unklar. Die Behörden stellten bei einem Rundgang Mitte Januar 48 Strukturen fest. Knapp 100 Baumhäuser waren es vor der letzten Räumung im Herbst. Und auch jetzt, nach der Entscheidung der Kohlekommission, stellen sich Kasper, Fred und die anderen Aktivisten wieder auf eine Räumung ein. Und dennoch, so Fred, hätten sie schon viel erreicht:
"Also, wenn ich mir vorstelle: Die Leute, die hier vor fast sieben Jahren in den Wald gezogen, was aus dieser Bewegung geworden ist. Mittlerweile ist das eine Bewegung, die auf der ganzen Welt bekannt ist. ich glaube auch, dass sie weiterhin wachsen wird, weil - wenn weiterhin solche – sorry, für das Wort – Scheißvorschläge, wie das, was die Kohlekommission jetzt da produziert hat, dann werden wir größer, dann werden wir stärker."
Protest wird noch wachsen
Er will zumindest die nächsten Monate noch hier leben – und ist sich sicher, dass der Protest noch wachsen wird:
"Also, besonders meine Generation sieht – und die jüngeren hoffentlich auch, diese Fridays for future‘ sehen: Okay, wenn wir auf diesem Planeten irgendwie eine Zukunft haben wollen, dann müssen wir uns jetzt dafür einsetzen, weil unsere Eltern-Generation tut es nicht. Und die profitieren davon, dass sie weiterhin unsere Natur zerstören, unseren Planeten zugrunde richten, nur damit sie ein fettes Konto haben."