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Nach der ersten Sondierungsrunde
"Jetzt heißt es: Ran an die Arbeit"

Das erste Treffen zur Bildung einer möglichen Jamaika-Koalition in Berlin in großer Runde glich eher einer allgemeinen Standortbestimmung. Noch sind alle strittigen Themen ungelöst. Die eigentliche Arbeit soll dann nach der konstituierenden Sitzung des Bundestags beginnen - ergebnisoffen, wie FDP-Chef Lindner betonte.

Von Klaus Remme | 21.10.2017
    Angela Merkel und Horst Seehofer bei den Sondierungsgesprächen zur Regierungsbildung nach der Bundestagswahl zwischen CDU/CSU, FDP und B90/Grüne
    Angela Merkel und Horst Seehofer bei den Sondierungsgesprächen zur Regierungsbildung nach der Bundestagswahl zwischen CDU/CSU, FDP und B90/Grüne (imago / Christian Thiel)
    Fünf Stunden hat man beraten, mit über 50 Teilnehmern an einem Tisch. Die Bundeskanzlerin, gerade vom Gipfel in Brüssel zurückgekehrt, setzte vor Beginn der Gespräche die Tonlage aus Sicht der CDU:
    "Ich freu mich, dass es losgeht. Es wird sicherlich eine Vielzahl von Differenzen geben, es wird, so habe ich den Eindruck aus den ersten Gesprächen, einen Willen geben, auch Gemeinsamkeiten zu finden. Aber über allem muss stehen, was erwarten die Menschen in diesem Land von uns. Und jetzt heißt es: Ran an die Arbeit."
    CSU-Chef Horst Seehofer ergänzte:
    "Wir wollen zügig verhandeln. Sorgfalt und Zügigkeit schließen sich nicht aus."
    Zwölf Themenfelder abgegrenzt
    Am Ende dieser ersten Beratungen ist klar. Es war nicht der Einstieg in die Detailarbeit. Der Laune hat das, wie schon nach den separaten Sondierungsgesprächen in den vergangenen Tagen keinen Abbruch getan. Grünen Geschäftsführer Michael Kellner bilanzierte:
    "Es war eine politische Generaldebatte, mit Blitzen, mit einigen Geistesblitzen, mit einigen dunklen Wolken, aber der großer Donner ist ausgeblieben."
    Einzelheiten dieser angeblichen Geistesblitze wollte Kellner nicht preisgeben. Eine tour d’horizon von A wie Arbeit bis Z wie Zuwanderung, so beschrieb FDP-Generalsekretärin Nicola Beer die Gespräche.
    "So wie eine Audiosynopse der verschiedenen Wahlprogramme, insofern eher ein Tag, noch einmal in der Gesamtrunde auch eine persönliche Ebene zu schaffen."
    Als Grundlage hatten die Teilnehmer zwölf Themenfelder abgegrenzt, von der Finanzpolitik, über Europa, den Klimaschutz bis zur Außen- und Verteidigungspolitik. Zu allen Themen gab es bei vier Parteien vier Vorträge, das erklärt die allgemeine Natur dieser ersten Runde. Von 8.500 Kilometern nach Jamaika haben wir die ersten 75 hinter uns, meinte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, sein Amtskollege Peter Tauber von der CDU sagte es so:
    "Wir haben die Aufwärmphase hinter uns und stehen jetzt am Start und haben die ersten Meter hinter uns gebracht. Aber wir sind in guter Konstitution und haben eine gute Kondition und deshalb gucken wir mal. "
    Kleeblattkonstellation könnte Glücksfall für Deutschland sein
    Am Dienstag nach der konstituierenden Sitzung des Bundestages sieht man sich wieder, dann in kleineren Gruppen, dann endlich zur Detailarbeit. Es bleibt aus Sicht aller Parteien dabei: Die Gespräche sind ergebnisoffen. FDP-Chef Christian Lindner hatte vor Beginn der Beratungen von einer Kleeblattkonstellation gesprochen und hinzugefügt:
    "Vierblättriges Kleeblatt könnte ein Glücksfall für Deutschland sein, ist allerdings ja sehr selten, wie sie wissen."
    In einem sind die alle vier Parteien einig. Es soll in den kommenden Wochen um tiefe Sondierungen gehen, man will also am Ende der Sondierung und vor Einstieg in Koalitionsverhandlungen wissen, ob die Regierungsbildung möglich ist. Noch aber sind alle Probleme ungelöst, von F wie Finanzen oder Flüchtlinge über K wie Klima bis zu V wie Verkehr und Verbrennungsmotor.