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Nach Klimabericht
Politik fordert Konsequenzen

Laut Weltklimarat könnte die Menschheit ohne radikales Umsteuern in der Landwirtschaft vor einer Klima-, und Hungerkrise stehen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), sprach vom Klimaschutz als Existenzfrage, Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) von einem "Alarmsignal".

Von Mathias von Lieben | 08.08.2019
Ausgetrockneter Boden
In Klimabericht geht es unter anderem um den Schutz von Böden vor den Auswirkungen des Klimawandels (dpa / Federico Gambarini)
Sofort handeln, sonst ist es zu spät. So lautet die Handlungsempfehlung aus dem Bericht des Weltklimarats IPCC an die internationale Staatengemeinschaft. Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz im Bundespresseamt mit Vertretern der deutschen Regierung sowie Klimaforschern äußerte sich am Vormittag auch Umweltministerin Svenja Schulze zu den Ergebnissen
"Klimaschutz. Das ist eine Existenzfrage für uns Menschen. Denn der Klimawandel gefährdet unsere Ernährungs- und Lebensgrundlagen. Wir riskieren mit unserer derzeitigen Lebens- und Wirtschaftsweise unsere Zukunft und natürlich auch die unserer Kinder."
Klimaschutz sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die jetzt dringend von der internationalen Staatengemeinschaft angegangen werden müsse. Ökosysteme müssten laut Schulze dafür noch viel besser geschützt und Wälder wieder stärker aufgeforstet werden.
"Die Trockenheit und die Hitzeextreme, die wir gerade wieder erleben, das sind keine Ausnahmen mehr. Das ist Teil einer gefährlichen Entwicklung, ein teil einer Entwicklung, die unsere Lebensgrundlagen bedroht. Der Klimawandel verstärkt zusätzlich den Druck auf die Ökosy steme und auf die Landwirtschaft. Und die ersten Klimafolgen, die können wir jetzt bereits sehen."
Agrarförderung reformieren
Zum Beispiel in Form von Waldbränden, vermehrt auftretender Bodenerosion oder auch Permafrostböden. Landwirtschaft müsse nachhaltiger werden und dafür, so die Umweltministerin weiter, sei auch die anstehende Reform der EU-Agrarförderung eine gute Möglichkeit, um neue, nachhaltige Impulse zu setzen. In Deutschland stehe jetzt das Klimakabinett in der Pflicht, um spätestens im September ein Klimaschutzgesetz vorzulegen, das auch eine wirksame, sektorenübergreifende CO2-Bepreisung beinhalte.
Auch Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, warnte vor dem Hintergrund des Weltklimarat-Berichts.
"In der Arktis erwärmt sich das Eis, die Luft, das Klima bis zu zehnmal Mal schneller als in den übrigen Erdgebieten. Das heißt, das worüber wir heute reden, ist Teil eines dramatischen Veränderungsprozesses, der dramatisch ist."
Daher auch sein Plädoyer: Es braucht dringend eine CO2-Bepreisung, die sektorenübergreifend angelegt wird und sozial gerecht ist. Als Alarmsignal bezeichnete auch Entwicklungsminister Gerd Müller die Ergebnisse des Sonderberichts zur Landnutzung gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er rief zu verstärkten Investitionen in den Klimaschutz auf: Auch in Deutschland müssten so im kommenden Jahr zusätzlich 500 Millionen Euro in den internationalen Klimaschutz investiert werden. Außerdem forderte der Entwicklungsminister vor dem Hintergrund der zunehmenden Abholzung von Regenwäldern auf EU-Ebene Einschränkungen der Importe von Soja und Palmöl. Diese verursache elf Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes.
Forderung der Verbände
Auch deutsche Umwelt- und Entwicklungsverbände fordern eine radikale Umkehr in der Landwirtschaftspolitik: Die Alarmglocken schrillen, sagt z.B. Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings. Der Bericht zeige eindrücklich auf: Eine Politik, die die Welt mit billigem Fleisch ernähren will, fahre das Klima vor die Wand. Jetzt müsse endlich die überfällige Agrarwende vollzogen werden sowie Wälder weltweit vor Abholzung geschützt und nachhaltig genutzt werden, verlangt auch Christian Rehmer, Agrarexperte des Umweltverbands BUND. Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht im Bericht einen dringenden Handlungsaufruf an die Regierungen - insbesondere auch an die Bundesregierung. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.
"Wir müssen die Fläche, die für Tiere genutzt wird, deutlich reduzieren. An diesem Problem kommen wir nicht rum, das zentral anzupacken. Und das müssen wir in einem ganzen Paket von Maßnahmen in den nächsten Wochen und Monaten angreifen."