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"Nach Kopenhagen ist vor Mexiko City"

Die Klimakonferenz in Kopenhagen scheiterte. Deutsche Unternehmensvertreter haben sich nun in Hamburg getroffen, um über die Folgen dieses Scheiterns zu sprechen. Dabei beschäftigt sie vor allem die Investitionsunsicherheit.

Von Verena Herb | 19.02.2010
    "Wir machen es mit Sepp Herberger: Nach Kopenhagen ist vor Mexico City."

    Matthias Hansch, der Vizepräsident Klimaschutz und Umwelt beim Energieversorger e.on zeigt sich ganz realistisch: Kopenhagen war gewissermaßen ein Flop - deshalb setze man jetzt auf die nächste UN-Klimakonferenz Ende 2010 in Mexiko City. Wenngleich die Bedingungen, die Industrieunternehmen an das nächste Klimatreffen stellen, die gleichen seien, wie vor Kopenhagen, so Hansch:

    "Wir müssen es verständlich machen, dass die Politik das forciert, dass wir ein weltweites Handelssystem haben, das möglichst auch langfristig greift: Ansonsten können wir die Investitionen, die wir jetzt tätigen wollen, eigentlich gar nicht berechnen. Die sind so volatil, dass wirklich Investitionsruinen auch zurückbleiben können."

    Im Klartext bedeutet das: Gerade die Industrieunternehmen in Deutschland fordern ein globales Abkommen, damit Investitionssicherheit gewährleistet wird. Die Zuschauer im Publikum, das sich zum großen Teil aus Vertretern mittelständischer und großer Unternehmen in Hamburg zusammensetzt, sind größtenteils d'accord mit den Ausführungen des e.on-Repräsentanten.

    Klimaschutz, CO2-Reduktion, Energieeffizienz - schon lange spielen diese Stichworte eine Rolle in den Unternehmensstrategien. Das liege zu einem großen Teil daran, dass in Deutschland der Strompreis so teuer sei, dass es sich mittlerweile für die Unternehmen rechne, in Maßnahmen zur Energieeffizienz zu investieren, erklärt der CDU-Wirtschaftssenator der Hansestadt, Axel Gedaschko:

    "Das heißt, ich muss investieren, wenn ich international konkurrenzfähig bin."

    Dem kann Peter Willbrandt, Vorstandsmitglied der Aurubis AG, Deutschlands größter Kupferhütte, nur zustimmen, und spricht da für den gesamten Sektor der Nichteisen-Metall-Industrie:

    "Das, was wir getan haben in unserer Industrie in den letzten 20 Jahren und auch bei Aurubis, hat dazu geführt, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit haben, die wir heute haben. Nur, wir kommen immer weiter in die Schere, dass jede eingesparte Tonne CO2 oder eingesparte Einheit Energie immer teurer wird in der Investition. Das heißt, wir nähern uns, sage ich mal, den physikalischen Grenzen immer mehr an - und da sind eben Grenzen gesetzt."

    Carbon Leakage, das sei die Konsequenz. Da sind sich die Industrievertreter auf dem Podium einig. Carbon Leakage bedeutet kurzgefasst: Industrielle Produktion im Inland wird wegen des Emissionshandels so teuer, dass Produktion und Klimagasemissionen in Länder verlagert werden, in denen keine oder geringere Klimaschutzauflagen gelten.

    "Leakage ist, so wie es gerade passiert, auch nach unseren Modellen, eine ganz große Katastrophe","

    … erläutert Professor Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel, relativiert aber auch gleichzeitig:

    ""Das kann für einzelne Unternehmen und einzelne spezielle Branchen passieren. Das ist ein Effekt, der aus dieser unilateralen Klimapolitik erfolgt. Wenn wir eine koordinierte Politik hätten, wenn wir ein globales Klimaabkommen hätten, dann würde das alles nicht passieren, dann gäbe es gar kein Leakage."

    Die EU-Kommission hat auf dieses Problem zwischenzeitlich reagiert: Anfang Januar wurde eine Liste veröffentlicht, in der circa 170 Sektoren und Branchen aufgeführt werden, die einem erheblichen Risiko einer CO2-Verlagerung unterliegen. Anlagen, die unter diese aufgelisteten Branchen fallen, sollen grundsätzlich in der Handelsperiode 2013 bis 2020 kostenlose Emissionszertifikate erhalten. Die genaue Menge werde noch festgelegt.