Dienstag, 19. März 2024

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Nach Rassismus-Eklat bei Olympia
Radsport-Funktionär Moster droht Suspendierung

Patrick Moster muss die Olympischen Spiele jetzt doch verlassen. Der Leistungssportdirektor des Bund Deutscher Radfahrer hatte einen rassistischen Ausdruck als Anfeuerungsruf benutzt. Er soll in den nächsten Tagen sanktioniert werden, sagte BDR-Präsident Rudolf Scharping im Deutschlandfunk.

Von Maximilian Rieger | 29.07.2021
    Patrick Moster, Sportdirektor vom BDR (Bund Deutscher Radfahrer), steht am Streckenrand neben Azzedine Lagab aus Algerien in Aktion beim Zeitfahren.
    Olympia: Patrick Moster, Sportdirektor vom BDR (Bund Deutscher Radfahrer), steht am Streckenrand neben Azzedine Lagab aus Algerien in Aktion beim Zeitfahren. (picture alliance / Sebastian Gollnow)
    "Hol dir die Kameltreiber." Mit diesen Worten hatte Patrick Moster seinen Fahrer Nikias Arndt beim olympischen Einzelzeitfahren angefeuert. Vor Arndt lagen zu diesem Zeitpunkt ein Algerier und ein Eritreer.
    Moster bat kurz nach dem Rennen um Entschuldigung. "Im Eifer des Gefechts und mit der Gesamtbelastung, die wir momentan hier haben, habe ich mich in der Wortwahl vergriffen", so Moster gegenüber der DPA. Es tue ihm aufrichtig leid.

    DOSB revidiert Entscheidung und schickt Moster zurück

    DOSB-Präsident Alfons Hörmann sagte gegenüber dem ZDF zunächst, die Aussage sei eine "absolut unerfreuliche und inakzeptable Äußerung." Das deutsche Team stehe für die olympischen Werte wie Respekt und Toleranz. Trotz der rassistischen Aussage sollte Moster Teil der Delegation bleiben. "Wir sind zuversichtlich, dass sowohl er als auch das gesamte Team daraus nochmal die notwendige Sensibilität mitnehmen", so Hörmann.
    Inzwischen hat der DOSB diese Entscheidung revidiert. Moster muss Tokio verlassen und wird bei den Bahnrad-Wettkämpfen nicht mehr mit dabei sein. Diese Entscheidung sei nach weiteren Beratungen gefallen, so der Dachverband. Man glaube zwar, dass die Entschuldigung aufrichtig sei, aber "Fairplay, Respekt und Toleranz sind für das Team D nicht verhandelbar", wird Hörmann in einer Mitteilung zitiert.

    "Äußerung muss im Kontext bewertet werden"

    Auch Mosters Arbeitgeber, der Präsident des Bund Deutscher Radfahrer, unterstützt dieses Vorgehen. "Das ist eine gute Entscheidung seitens des DOSB", sagte Rudolf Scharping dem Deutschlandfunk. Dies verschaffe dem BDR die Möglichkeit, schnell mit Moster über den Vorfall zu reden, wahrscheinlich sogar schon am Freitag.
    Moster sei sein guter und leistungsstarker Sportdirektor beim BDR und ein Mensch, der sich niemals fremdenfeindlich oder rassistisch geäußert habe. "Insofern ist diese Äußerung völlig inakzeptabel, aber man muss sie auch im Kontext bewerten, sowohl des Menschen, seines Lebensweges als auch der Umstände, die in Tokio ganz besondere waren", so der ehemalige Bundesverteidigungsminister.

    Suspendierung von internationalen Events möglich

    Trotzdem werde es für Moster sehr wahrscheinlich Konsequenzen geben. Der BDR habe ein klares Interesse, seine Haltung zu verdeutlichen und werde Moster im Zweifel schriftlich mitteilen, dass ein Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen haben könnte.
    "Und ich kann mir auch vorstellen, darüber haben wir auch mit der UCI gesprochen, dass es eine gewisse Zeit der Suspendierung geben kann, was internationale Sportereignisse angeht", fügte Scharping hinzu.
    Der Radsport-Weltverband hatte am Mittwoch (28.07.2021) Mosters Ausruf scharf kritisiert. "Diese Bemerkung geht gegen die Werte, die die UCI repräsentiert, fördert und verteidigt", hieß es in einer Mitteilung.

    Kritik von Radprofis an Moster und DOSB

    Auch von Seiten der Fahrer gab es Kritik an Moster und auch am Vorgehen des DOSB. Nikias Arndt, den Moster angefeuert hatte, distanzierte sich auf Twitter von seinem sportlichen Direktor.
    Und Rick Zabel, nicht in Tokio dabei, schrieb auf Instagram, er könne nicht verstehen, dass nach diesem Verhalten nicht sofort Konsequenzen vom BDR oder dem DOSB getroffen wurden: "Wenn wir die olympischen Werte und Anti-Rassismus-Kampagnen predigen und auch nachhaltig glaubhaft vertreten wollen, dann darf ein solcher Vorfall nicht geduldet werden."
    Azzedine Lagab, der algerische Teilnehmer, der vor Arndt fuhr, reagierte zunächst mit Humor. "Nun, es gibt keine Kamel-Rennen bei Olympia, deswegen bin ich zum Radfahren gegangen."
    In einem Spiegel-Interview führt Lagab allerdings aus, dass es nicht das erste Mal gewesen sei, dass er bei einem Radrennen rassistisch beleidigt wurde. Er hoffe, dass solche Vorfälle in Zukunft auch Konsequenzen haben, wenn sie nicht auf Video aufgezeichnet werden.