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Nachricht vom Beginn der Welt

Geologie. - In 3,8 Milliarden Jahre alten Gesteinen auf Grönland haben Geologen das älteste Zeugnis dafür, dass auf der Erde die Plattentektonik arbeitete. Auch als die Erde noch jung und heiß war, hat sie offensichtlich nur diese Bewegung der Erdkruste genutzt, um ihre interne Hitze loszuwerden. Das jedenfalls steht in der neuen "Science".

Von Dagmar Röhrlich | 23.03.2007
    Isua liegt eine knappe Helikopterflugstunde nordöstlich von Grönlands Hauptstadt Nuuk und ist ein Dorado für Geologen. Dort hat sich der älteste bekannte Meeresboden der Welt erhalten. Glutflüssiges Magma erstarrte beim Kontakt mit dem kalten Ozeanwasser zur typischen Kissenform – und zwar vor 3,8 Milliarden Jahren, zu einer Zeit, als es schon Leben auf der Erde gegeben haben könnte. Das ist der Grund, weshalb es Jahr für Jahr etliche Geologen in diese entlegene Gegend zieht. Theoretisch müsste dort jeder Stein schon dreimal von einem Wissenschaftler umgedreht worden sein. Aber trotzdem gibt es immer wieder Überraschungsfunde, erklärt Harald Furnes von der Universität Bergen:

    "”Wir haben im vergangenen Sommer bei den Kissenlaven Gesteine entdeckt, die ganz typisch sind für sogenannte Ophiolite. Das sind Gesteine, die aussehen wie ein Stapel aus vielem Blättern. Sie erzählen davon, wie das Magma in Gängen aufstieg, ehe es als Vulkan ausbrach.""

    Das Besondere an den Ophioliten ist, dass sie bei plattentektonischen Prozessen entstehen – als Folge großräumiger Bewegungen im Erdinneren, die heute Kontinente über den Planeten schieben, Ozeane aufreißen oder Gebirge auftürmen. Dabei bilden sich diese Gesteine gleich an zwei Stellen im plattentektonischen Kreislauf. Furnes:

    "”Heute entstehen Ophiolite an mittelozeanischen Rücken, also dort, wo der Kreislauf der Plattentektonik beginnt. Dort reißen die Kräfte im Erdinneren zwei Meereskrustenplatten auseinander. Das Magma steigt auf, erstarrt als neuer Meeresboden. Der wird später zur Seite verdrängt, wenn wieder neue Lava austritt. Die Ophiolite entstehen aber auch am Ende des Kreislaufs dort, wo zwei Meereskrustenplatten kollidieren und die eine – alt und schwer geworden – unter der anderen zurück ins Erdinnere sinkt. Die an dieser Subduktionszone absinkende Platte schmilzt auf und speist an der Oberfläche große Vulkane. Dabei entstehen wohl die meisten Ophiolite.""

    Erzählen die Ophiolite von Isua nun vom Anfang oder vom Ende der Meereskruste? Das ist wichtig, weil die Steine je nachdem noch sehr viel weiter zurück in die Vergangenheit weisen. Aber die Mühlen der Geologie haben diese Gesteine im Lauf der Jahrmilliarden stark mitgenommen. Mehrfach wurden sie durch tektonische Prozesse tief ins Erdinnere versenkt, tauchten später wieder auf. Nur an wenigen Stellen blieben die ursprünglichen Strukturen so weit erhalten, dass sie ein Fenster in die Vergangenheit öffnen – deshalb ist ihre Interpretation schwierig. Furnes:

    "”Wir haben den Aufbau dieser Meereskruste analysiert und ihren chemischen Fingerabdruck genommen. Der Aufbau erinnert an einen mittelozeanischen Rücken, also an eine Zone, wo neuer Meeresboden entsteht. Der chemische Fingerabdruck spricht eher für einen Ort, wo die Meereskruste wieder vernichtet wird. Wir glauben nun, dass wir hier am Ende stehen, aber das wir eine ganz junge Subduktionszone vor uns haben, sozusagen einen Embryo, über dem es noch keine großen Vulkane gab.""

    Das schließt jedenfalls Harald Furnes. Klar ist jedoch, dass die Plattentektonik schon sehr früh in der Erdgeschichte eingesetzt hat: Um mehr als zwei Milliarden Jahren reichen ihre Spuren jetzt weiter in die Vergangenheit zurück. Die Erde hat wohl von Anfang an so funktioniert wie heute.