Über die jüngsten Verzögerungen beim Aufbau der Offshore-Windparks ärgern sich viele in der Offshore-Industrie. Und sie machen dafür unter anderem den Stromnetzbetreiber Tennet dafür verantwortlich. So merkt etwa Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie, dazu an,
"dass Tennet natürlich schon seit Jahren wusste, welchen Ausbau es mit welchem Tempo in der Nordsee für die Offshore-Energie geben soll, deshalb kann ein solcher Investor sich jetzt nicht, zwei Jahre nach der Übernahme des Netzes überrascht zeigen und erschrocken zeigen, dass in diese Aufgabe tatsächlich zu investieren ist."
Der Stromnetzbetreiber hatte in einem Brandbrief im November 2011 angekündigt, seiner gesetzlichen Verpflichtung zum Anschluss von Offshore-Windparks nicht mehr nachkommen zu können. Der Grund: zu lange Lieferfristen für die Anlagen, und finanzielle Risiken.
"Ja, das ist natürlich eine Frage der Vitalstruktur, eine Frage des Ratings, letztlich auch eine Frage für unser sonstiges Geschäft, vor allem auch noch ein Land, an Land ein Netz zu betreiben und auszubauen, wie wir das nachhaltig finanzieren können,"
erklärt Christian Schneller, ein Sprecher des Unternehmens:
"Und wenn dies zu einer Überschuldung des Unternehmens führt, ist das offensichtlich kein solider Weg, und diesen Weg sind wir auch nicht bereit zu gehen, und deshalb haben wir im vergangenen Jahr drauf hingewiesen, dass wir hier eine neue – ja, Zuordnung, insbesondere aber nicht nur der Finanzierungsverantwortung für notwendig halten."
Dabei sollte der Einstieg auf den deutschen Markt das erste Europäische Stromnetzunternehmen schaffen, den Einstieg in eine neue Zukunft. Denn Tennet war eigentlich der Übertragungsnetzbetreiber der Niederlande. Bevor sie das Netz von Eon 2009 kaufte, hatte Tennet rund 600 Beschäftigten, knapp 3000 Kilometer Hochspannungs-Netz und einen Umsatz von 460 Millionen Euro. Durch die Übernahme vergrößerte sich das Unternehmen schlagartig; der Umsatz sprang um mehr als das Dreifache in die Höhe, ebenso die Zahl der Beschäftigten und die Länge des Höchstspannungsnetzes. Die Offshore-Wind-Branche zeigte sich jedoch nicht begeistert.
"Klar war aber, dass man 2006 noch Eon Netz beauftragt hatte, mit einer ganz anderen Power, die dahinter stand,"
so etwa Christian Dahlke vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, zuständig für die Genehmigung der Windparks. Die alte Konzernmutter Eon hatte 2011 immerhin einen Umsatz von über 112 Milliarden Euro – Tennet gerade einmal 1,5 Milliarden.
"Also vor dem Hintergrund der Äußerungen von Herrn Fuchs im Jahre 2009 auf der maritimen Konferenz, wo er sehr deutlich gesagt hat, dass er nicht weiß, wenn er aus dem Gesamtkonzern Eon raus ist, wie er die Investitionen noch stemmen soll, hat das eigentlich niemanden gewundert, wenn man sich die Bilanzen von Tennet anguckt, dann haben wir es mit einem Mittelständler zu tun, der Milliardenbeträge jetzt stemmen soll, perspektivisch, die im zweistelligen Bereich laufen",
ergänzt etwa Thorsten Falk von der Deutschen Stiftung Offshorewind.
Tatsächlich wirkt es so, als hätten sich die Holländer verschätzt, was die Anforderungen des Deutschen Marktes angeht: Das Geschäft eines Übertragungsnetzbetreibers umfasst normalerweise vor allem den Transport von Strom über seine Hochspannungsleitungen, und dann noch den Ausgleich, das Ausbalancieren von Erzeugung und Verbrauch durch Einkaufen oder Abschalten von Anlagen. In Deutschland kommen aber noch ein paar Besonderheiten hinzu: Die Übertragungsnetzbetreiber – neben Tennet Amprion, 50 Hertz und Transportnetz BW - organisieren quasi die Energiewende. Sie verkaufen den Strom aus Erneuerbaren an der Energiebörse, führen das Konto, auf dem diese Gelder eingehen und rechnen mit den Besitzern von Wind- Solar und Biomassekraftwerken ab. Bei Tennet kommt hinzu, dass dieser Stromnetz-Betreiber der einzige ist, dessen Versorgungsgebiet an die Nordsee grenzt. Er ist also allein, was die Kosten und Risiken des Anschlusses von Windradparks angeht:
"Das deutsche Netz der Tennet ist vor etwa zwei Jahren für weniger als 900 Millionen Euro verkauft worden, und wir haben in diesen zwei Jahren seit damals Investitionsverpflichtungen auf uns genommen, allein für Offshore, von 5,5 Milliarden. Ich glaube, es gibt kein Unternehmen, das mehr in die Energiewende investiert hat, als Tennet, jedenfalls im Dax ist mir keines bekannt, und das ist ein Grund, warum wir sagen, dass diese Aufgabe, die Stromnetze für die Energiewende zu bauen, künftig auf mehr Schultern übertragen werden muss, damit wir diese große Aufgabe eben gemeinsam stemmen können."
Insbesondere die möglichen Schadensersatzforderungen der Windparkbetreiber für den Fall, dass die Stromkabel einmal ausfallen sollten, schreckten das Unternehmen – wofür Thorsten Falk durchaus Verständnis hat.
"Das würde aufgrund der Bilanz von Tennet das Unternehmen schon in die Knie zwingen, das muss man ganz klar sagen halt, hier brauchen wir ganz schnell eine Regelung, um auch weitere Netzanbindungen praktisch zu finanzieren und zu beauftragen."
Mitte vergangener Woche hat das Bundeskabinett neue Haftungsregelungen für die Netzbetreiber beschlossen, damit diese nicht für Einnahmeausfälle eines Windparks haften müssen, wenn er zu spät oder fehlerhaft angeschlossen wird. Jetzt sollen die Verbraucher das Risiko "versichern" und dafür maximal 0,25 Cent pro Kilowattstunde extra zahlen. Großverbraucher zahlen weniger. Für die Netzbetreiber eine entscheidende Entlastung, perspektivisch aber würde Tennet eine andere Lösung begrüßen:
"Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, einen fünften Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland zu schaffen, einen Übertragungsnetzbetreiber, der die Verantwortung für Gleichstromverbindungen übernimmt, das sind die Verbindungen, über die wir hier in der Nordsee sprechen, der aber auch die Aufgabe erhalten sollte, das künftige Overlay-Netz – manche sprechen auch von einem Super-Grid – in Deutschland nicht nur zu finanzieren, sondern auch zu planen."
Den gleichen Vorschlag hatten auch Umweltverbände schon vor einigen Jahren ins Spiel gebracht – vergeblich. Seinerzeit lehnten alle Übertragungsnetzbetreiber ab. Und auch diesmal zeigten sich die drei anderen wenig begeistert davon, mit der Beteiligung an einer Gleichstrom-Gesellschaft zusätzliche Risiken zu übernehmen. Tennet wird also weiterhin allein bleiben – und für den Ausbau des Offshore-Stromnetzes auf andere, wohlmöglich staatliche Hilfe angewiesen sein. Hermann Albers:
""Was in der Industrie heute schon angesprochen und ausgesprochen wird, dass das Ziel von zehn Gigawatt bis 2020, das ist das Ziel der Bundesregierung, nicht erreicht werden wird."
Die Verzögerungen lassen sich wohl nicht mehr aufholen.
"dass Tennet natürlich schon seit Jahren wusste, welchen Ausbau es mit welchem Tempo in der Nordsee für die Offshore-Energie geben soll, deshalb kann ein solcher Investor sich jetzt nicht, zwei Jahre nach der Übernahme des Netzes überrascht zeigen und erschrocken zeigen, dass in diese Aufgabe tatsächlich zu investieren ist."
Der Stromnetzbetreiber hatte in einem Brandbrief im November 2011 angekündigt, seiner gesetzlichen Verpflichtung zum Anschluss von Offshore-Windparks nicht mehr nachkommen zu können. Der Grund: zu lange Lieferfristen für die Anlagen, und finanzielle Risiken.
"Ja, das ist natürlich eine Frage der Vitalstruktur, eine Frage des Ratings, letztlich auch eine Frage für unser sonstiges Geschäft, vor allem auch noch ein Land, an Land ein Netz zu betreiben und auszubauen, wie wir das nachhaltig finanzieren können,"
erklärt Christian Schneller, ein Sprecher des Unternehmens:
"Und wenn dies zu einer Überschuldung des Unternehmens führt, ist das offensichtlich kein solider Weg, und diesen Weg sind wir auch nicht bereit zu gehen, und deshalb haben wir im vergangenen Jahr drauf hingewiesen, dass wir hier eine neue – ja, Zuordnung, insbesondere aber nicht nur der Finanzierungsverantwortung für notwendig halten."
Dabei sollte der Einstieg auf den deutschen Markt das erste Europäische Stromnetzunternehmen schaffen, den Einstieg in eine neue Zukunft. Denn Tennet war eigentlich der Übertragungsnetzbetreiber der Niederlande. Bevor sie das Netz von Eon 2009 kaufte, hatte Tennet rund 600 Beschäftigten, knapp 3000 Kilometer Hochspannungs-Netz und einen Umsatz von 460 Millionen Euro. Durch die Übernahme vergrößerte sich das Unternehmen schlagartig; der Umsatz sprang um mehr als das Dreifache in die Höhe, ebenso die Zahl der Beschäftigten und die Länge des Höchstspannungsnetzes. Die Offshore-Wind-Branche zeigte sich jedoch nicht begeistert.
"Klar war aber, dass man 2006 noch Eon Netz beauftragt hatte, mit einer ganz anderen Power, die dahinter stand,"
so etwa Christian Dahlke vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, zuständig für die Genehmigung der Windparks. Die alte Konzernmutter Eon hatte 2011 immerhin einen Umsatz von über 112 Milliarden Euro – Tennet gerade einmal 1,5 Milliarden.
"Also vor dem Hintergrund der Äußerungen von Herrn Fuchs im Jahre 2009 auf der maritimen Konferenz, wo er sehr deutlich gesagt hat, dass er nicht weiß, wenn er aus dem Gesamtkonzern Eon raus ist, wie er die Investitionen noch stemmen soll, hat das eigentlich niemanden gewundert, wenn man sich die Bilanzen von Tennet anguckt, dann haben wir es mit einem Mittelständler zu tun, der Milliardenbeträge jetzt stemmen soll, perspektivisch, die im zweistelligen Bereich laufen",
ergänzt etwa Thorsten Falk von der Deutschen Stiftung Offshorewind.
Tatsächlich wirkt es so, als hätten sich die Holländer verschätzt, was die Anforderungen des Deutschen Marktes angeht: Das Geschäft eines Übertragungsnetzbetreibers umfasst normalerweise vor allem den Transport von Strom über seine Hochspannungsleitungen, und dann noch den Ausgleich, das Ausbalancieren von Erzeugung und Verbrauch durch Einkaufen oder Abschalten von Anlagen. In Deutschland kommen aber noch ein paar Besonderheiten hinzu: Die Übertragungsnetzbetreiber – neben Tennet Amprion, 50 Hertz und Transportnetz BW - organisieren quasi die Energiewende. Sie verkaufen den Strom aus Erneuerbaren an der Energiebörse, führen das Konto, auf dem diese Gelder eingehen und rechnen mit den Besitzern von Wind- Solar und Biomassekraftwerken ab. Bei Tennet kommt hinzu, dass dieser Stromnetz-Betreiber der einzige ist, dessen Versorgungsgebiet an die Nordsee grenzt. Er ist also allein, was die Kosten und Risiken des Anschlusses von Windradparks angeht:
"Das deutsche Netz der Tennet ist vor etwa zwei Jahren für weniger als 900 Millionen Euro verkauft worden, und wir haben in diesen zwei Jahren seit damals Investitionsverpflichtungen auf uns genommen, allein für Offshore, von 5,5 Milliarden. Ich glaube, es gibt kein Unternehmen, das mehr in die Energiewende investiert hat, als Tennet, jedenfalls im Dax ist mir keines bekannt, und das ist ein Grund, warum wir sagen, dass diese Aufgabe, die Stromnetze für die Energiewende zu bauen, künftig auf mehr Schultern übertragen werden muss, damit wir diese große Aufgabe eben gemeinsam stemmen können."
Insbesondere die möglichen Schadensersatzforderungen der Windparkbetreiber für den Fall, dass die Stromkabel einmal ausfallen sollten, schreckten das Unternehmen – wofür Thorsten Falk durchaus Verständnis hat.
"Das würde aufgrund der Bilanz von Tennet das Unternehmen schon in die Knie zwingen, das muss man ganz klar sagen halt, hier brauchen wir ganz schnell eine Regelung, um auch weitere Netzanbindungen praktisch zu finanzieren und zu beauftragen."
Mitte vergangener Woche hat das Bundeskabinett neue Haftungsregelungen für die Netzbetreiber beschlossen, damit diese nicht für Einnahmeausfälle eines Windparks haften müssen, wenn er zu spät oder fehlerhaft angeschlossen wird. Jetzt sollen die Verbraucher das Risiko "versichern" und dafür maximal 0,25 Cent pro Kilowattstunde extra zahlen. Großverbraucher zahlen weniger. Für die Netzbetreiber eine entscheidende Entlastung, perspektivisch aber würde Tennet eine andere Lösung begrüßen:
"Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, einen fünften Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland zu schaffen, einen Übertragungsnetzbetreiber, der die Verantwortung für Gleichstromverbindungen übernimmt, das sind die Verbindungen, über die wir hier in der Nordsee sprechen, der aber auch die Aufgabe erhalten sollte, das künftige Overlay-Netz – manche sprechen auch von einem Super-Grid – in Deutschland nicht nur zu finanzieren, sondern auch zu planen."
Den gleichen Vorschlag hatten auch Umweltverbände schon vor einigen Jahren ins Spiel gebracht – vergeblich. Seinerzeit lehnten alle Übertragungsnetzbetreiber ab. Und auch diesmal zeigten sich die drei anderen wenig begeistert davon, mit der Beteiligung an einer Gleichstrom-Gesellschaft zusätzliche Risiken zu übernehmen. Tennet wird also weiterhin allein bleiben – und für den Ausbau des Offshore-Stromnetzes auf andere, wohlmöglich staatliche Hilfe angewiesen sein. Hermann Albers:
""Was in der Industrie heute schon angesprochen und ausgesprochen wird, dass das Ziel von zehn Gigawatt bis 2020, das ist das Ziel der Bundesregierung, nicht erreicht werden wird."
Die Verzögerungen lassen sich wohl nicht mehr aufholen.