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Nährstofflieferanten
Waldboden aus Staub

Mineralstaub spielt eine wichtige Rolle bei der Versorgung von stark ausgelaugten Böden tropischer Regenwälder. Jetzt haben US-Forscher Hinweise gefunden, dass solcher Staub einen entscheidenden, aber bisher kaum beachteten Nährstofflieferanten auch für Bergwälder darstellt.

Von Lucian Haas |
    Bergwälder im Virgental in Osttirol
    Nicht nur nährstoffarme Tropenwälder sondern auch Gebirgswälder können von Staub als Nährstofflieferant profitieren. (imago / imagebroker)
    Stürme wirbeln an vielen Orten auf der Welt mineralischen Staub auf. Die kleinen Partikel können dann in der Atmosphäre über große Strecken verfrachtet werden und anderswo niedergehen. Das bleibt dort nicht ohne Folgen.
    "Staub kann Ökosystemen bestimmte Nährstoffe liefern. Phosphor beispielsweise ist ein wichtiger Nährstoff, den die Pflanzen aus Gesteinen erhalten. Auch Staub kann da für frischen Nachschub sorgen."
    Versorgung mit Phosphor
    Lindsay Arvin ist Geologin an der University of Wyoming. Sie erforscht, welchen Einfluss der mit dem Wind transportierte Mineralstaub auf Waldgebiete hat. Von tropischen Wäldern, die auf stark ausgelaugten, nährstoffarmen Böden wachsen, ist schon länger bekannt, dass Staub eine zentrale Rolle bei ihrer Versorgung mit Phosphor spielt. Der Amazonas-Regenwald beispielsweise profitiert von Staub aus der Sahara. Lindsay Arvin fragte sich, ob Staub auch für Bergwälder in gemäßigten Breiten ein Faktor sein könnte, den es bei Nährstoffbilanzen zu berücksichtigen gilt.
    "Bisher wurde für den Boden in Gebirgs-Ökosystemen angenommen, dass er allein durch Erosion aus dem anstehenden Gestein hervorgeht. Das Gestein liefert immer wieder Nachschub. Der Einfluss von Staub wurde in den montanen Regionen erst gar nicht untersucht. Die Versorgung mit Nährstoffen aus dem lokalen Fels gilt als so bedeutend, dass man annahm, die Rolle des Staubs sei zu vernachlässigen."
    Diese Lehrmeinung muss nun möglicherweise überdacht werden. Das legen die Ergebnisse einer Studie im Fachmagazin Science Advances nahe. Lindsay Arvin kombinierte erstmals Daten aus globalen Modellen der Staubverteilung mit Modellen der Bodenneubildung im Gebirge. Dabei zeigte sich: Ein nicht zu unterschätzender Teil des Bodens dürfte auch dort aus der Staubdeposition stammen. Um die theoretischen Werte mit der Praxis abzugleichen, untersuchte die Forscherin zusammen mit Kollegen zudem Nadelbäume an einem Standort in der Sierra Nevada Kaliforniens.
    Überraschende Ergebnisse
    Dabei nutzte sie ein neues Verfahren: Sie bestimmte den Gehalt verschiedener Isotope von Neodym in den Piniennadeln. Neodym gehört zu den Seltenen Erden und gilt als typischer Begleiter von Phosphor in Mineralien. Die Isotopenanalyse liefert Hinweise auf die Art des Ausgangsgesteins. So konnte Lindsay Arvin anhand von Neodym als Marker abschätzen, ob die Bäume Phosphat als Nährstoff eher aus dem lokalen Fels oder aus dem Staub ferner Regionen erhalten.
    "Die Ergebnisse sind sehr überraschend. Wir hatten schon erwartet, dass Staub in der Sierra Nevada wichtig ist. Aber die Daten der Neodym-Isotopenanalyse zeigten uns, dass möglicherweise mehr als 90 Prozent des Phosphorversorgung der Bäume aus Staub stammt. Der Staub ist also die dominierende Nährstoffquelle für die Bäume."
    Es bleibt die Frage, ob sich Verhältnisse wie in der Sierra Nevada auch in anderen Bergwaldregionen abseits der Tropen wiederfinden lassen. Die Modellrechnungen lassen das vermuten. Aber Lindsay Arvin will mit zusätzlichen Studien Beweise liefern.
    Weltweite Verfrachtung von Staub könnte zunehmen
    Interessant wären solche Daten auch für Ökologen und Klimaforscher. Es gibt Prognosen, dass im Zuge des Klimawandels die weltweite Verfrachtung von Staub aus ariden Regionen deutlich zunehmen könnte. Was das für die Nährstoffbilanzen von Böden an anderen Orten bedeutet, wird in der Klimafolgenforschung bisher kaum beachtet.
    "Die wenigsten Menschen denken an Staub, wenn sie von Boden sprechen. Wir sehen ja nicht, wie der Staub vom Himmel fällt. Die Partikel sind so klein, und es ist ein sehr langsamer Anhäufungsprozess. Man muss aber erkennen: Auch wenn wir ihn nicht sehen, liefert Staub einen wirklich wichtigen Beitrag zum Aufbau der Böden und dem Nährstoffhaushalt der Wälder, in denen wir so gerne unsere Freizeit verbringen."