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Nahles: Grüne sind in NRW unsere Wunschpartner

Rot-Grün soll in Nordrhein-Westfalen nach den Neuwahlen mit klarer Mehrheit weiterregieren, sagt Andrea Nahles. Eine Ampel mit der FDP ist für die SPD-Generalsekretärin kein Tabu - sie sehe aber keine inhaltlichen Schnittmengen.

Das Gespräch mit Andrea Nahles führte Bettina Klein | 15.03.2012
    Bettina Klein: Am Telefon begrüße ich jetzt die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Guten Morgen!

    Andrea Nahles: Guten Morgen, Frau Klein.

    Klein: Frau Nahles, eine rot-grüne Minderheitsregierung für Sie auch in Zukunft das Erfolgsprojekt?

    Nahles: Ja, auf jeden Fall. Die Konstellation ist auch nicht schlecht. Wir liegen in den Umfragen vorn. Und der Bundesumweltminister und Spitzenkandidat der CDU glaubt ja nicht an den Erfolg, sonst würde er sich ja festlegen und klar sagen, dass er in jedem Falle auch dann nach Nordrhein-Westfalen wechselt.

    Klein: Das heißt, Sie könnten mit einer Neuauflage eines solchen ja nicht risikofreien Regierungsmodells wie einer Minderheitenregierung in Nordrhein-Westfalen auch künftig gut leben und würden dazu raten?

    Nahles: Das war natürlich eine Sondersituation und es hat gegen alle Unkenrufe zu Beginn ausgesprochen gut geklappt. Über die letzten zwei Jahre, kann man wirklich sagen, gelang Vieles, Schulkonsens beispielsweise, und es gab auch einen neuen Stil des Regierens, den Hannelore Kraft geprägt hat. Aber wir wollen natürlich jetzt stabile Mehrheiten, wir wollen Rot-Grün, wir wollen aber vor allem die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft an der Spitze des Landes sehen. Dafür stehen aber eben auch die Vorzeichen sehr gut, weil eben die Arbeit auch der letzten zwei Jahre sehr gut gewesen ist.

    Klein: Wechselnde Mehrheiten als besonderer Ausweis der Demokratie, so hat es Hannelore Kraft ja auch gestern noch mal darzustellen versucht. In Wahrheit hat doch der gestrige Tag gezeigt, dass es ein unsicheres Bündnis war, das auf tönernen Füßen stand. Das wollen Sie noch mal wiederholen?

    Nahles: Ich habe Ihnen ja klar gesagt, dass wir das nicht wiederholen wollen, sondern ich möchte eine Mehrheit – das ist ganz klar – für Rot-Grün, ohne dass wir auf weitere Partner angewiesen sind. Dafür stehen die Konstellationen gut. Da haben einige gestern sehr taktisch operiert, sie sind auch überraschend vorgegangen, aber das ist jetzt Schnee von gestern. Wir sind sehr gelassen und motiviert, jetzt die Wahlauseinandersetzung anzugehen, weil wir glauben, dass wir jetzt klare Mehrheiten für Rot-Grün erreichen. Vor allem geht es jetzt mal – als Sozialdemokratin, müssen Sie sehen, bin ich da natürlich besonders erfreut – darum, die beliebte und gute Ministerpräsidentin Hannelore Kraft jetzt auch in den Mittelpunkt zu stellen mit ihrer Regierungsbilanz, und ich glaube, da werden wir am Ende sehr gelassen sein können, weil wir diejenigen sind, die gewinnen. Das ist jedenfalls meine Einschätzung von der Sache.

    Klein: Frau Nahles, Parteienkonstellationen sind Machtkonstellationen, natürlich interessieren sich dafür die Bürger, die Wähler im Land. Seit der Einigung auf Joachim Gauck als gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, seit die FDP sich als erste an die Seite von Rot-Grün in der Frage gestellt hat, stellt sich auch die Frage nach einer möglichen Ampelkoalition. Ist die FDP für Sie Tabu in NRW und auch im Bund?

    Nahles: Nein, wir sprechen keine Tabus aus. Es gibt aber so gut wie keine inhaltlichen Schnittmengen. Das geht ja nicht nur um Machtkonstellation – es ist schon richtig, dass das wichtig ist -, sondern es geht ja auch darum, dass man nachher eine gute gemeinsame Politik machen kann, und das sehe ich zurzeit nicht. Aus meiner Sicht hat sich die FDP gestern aus dem Landtag von Nordrhein-Westfalen hinauskatapultiert.

    Klein: Es wäre in jedem Fall eine Gelegenheit, der Union aus Ihrer Sicht den Koalitionspartner abspenstig zu machen. Sagen Sie uns, darüber ist noch nie nachgedacht worden in Ihrer Partei?

    Nahles: Das sage ich überhaupt nicht. Aber wenn eine Partei zwei Prozent in den Umfragen hat und da offensichtlich sich gestern verkalkuliert hat, dann ist das nicht der Wunschpartner, sondern wir haben mit den Grünen einen Wunschpartner. Was ich auch nicht für möglich gehalten hätte vor zwei Jahren ist, dass sich die Grünen gestern auch ganz eindeutig positionieren und auch sagen, sie wollen mit der SPD weiter Politik gestalten in Nordrhein-Westfalen, und das wollen wir auch, mit den Grünen, und das wissen die Wähler. Das ist eine ganz klare Alternative zu irgendwelchen Dreierkonstellationen, die immer kompliziert sind, oder zu Minderheitsregierungen. Wir haben da gar keine Not, sondern im Gegenteil: Das ist ein klares Angebot einfach auch für die Wählerinnen und Wähler in NRW.

    Klein: Frau Nahles, kurz aus aktuellem Grund noch zu einem Punkt, in dem sich SPD und Union nun offenbar einig sind, nämlich darin, die V-Leute in der NPD, wie es heißt, abzuschalten, um damit eine wichtige mögliche Hürde für ein neues Verbotsverfahren zu beseitigen. Sind die Weichen aus Ihrer Sicht jetzt eindeutig dahin gehend gestellt?

    Nahles: Ja, und das wurde aber auch Zeit, sage ich, weil bis gestern haben ja eine Reihe von Unionsinnenministern das in den Ländern nicht getan. Dass es jetzt so kommt, das wir die Voraussetzung schaffen, das freut mich sehr. Es ist überfällig und wir hoffen, dass wir dann - wie gesagt, das wird jetzt noch eine Weile dauern, bis eben dann auch die Voraussetzungen wirklich geschaffen sind, aber damit haben wir einen wichtigen Schritt gemacht und ich freue mich darüber.

    Klein: Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles heute Morgen im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch, Frau Nahles.

    Nahles: Ja danke.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.