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Nahostkonflikt
Trump rückt von Zwei-Staaten-Lösung ab

US-Präsident Donald Trump ist von der Notwendigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahostkonflikt abgerückt. Die USA bestünden nicht mehr auf einem eigenen Palästinenserstaat, sagte er beim ersten Treffen mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Mittwoch im Weißen Haus in Washington.

Von Thilo Kößler | 16.02.2017
    US-Präsident Donald Trump (r.) mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu
    US-Präsident Donald Trump (r.) empfängt Israels Premierminister Benjamin Netanjahu in Washington. (AFP / Mandel Ngan)
    Sie kennen sich, sie schätzen sich – und vor allem: Sie liegen politisch auf einer Linie. Donald Trump und Benjamin Netanjahu betonten bei ihrer ersten Begegnung im Weißen Haus, wie sehr ihnen an einem Neustart der bilateralen Beziehungen gelegen ist – nachdem sich die Spannungen zwischen Trumps Vorgänger Barack Obama und Israels Premier besonders in der Frage des fortgesetzten Siedlungsbaus zu einer veritablen politischen Gegnerschaft entwickelt hatten.
    Den bilateralen Neubeginn besiegelten Trump und Netanjahu umgehend mit einer gemeinsamen Absage an die Zweistaatenlösung, die seit Präsident Clinton als die einzige tragfähige Formel für eine Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern galt. Donald Trump brachte es auf die Formel, ihm sei egal, ob sich die Verhandlungspartner auf eine Ein- oder Zweistaatenlösung einigten: Hauptsache, sie einigten sich.
    Die Formel "Land für Frieden" galt seit 1991
    Die Zweistaatenlösung war bisher die Grundlage der amerikanischen Nahostpolitik und sie war die von den Vereinten Nationen favorisierte Formel für einen "umfassenden und gerechten Frieden" in der Region – die Formel "Land für Frieden" galt seit der Friedenskonferenz von Madrid im Jahr 1991 als Gesprächsgrundlage für sämtliche Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern. Benjamin Netanjahu hatte sich zwar verbal zu dieser Formel bekannt – aber niemals einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass er nichts von ihr hielt. In Washington erteilte er diesem "Etikett Zweistaatenlösung", wie er sagte, eine Absage und sprach stattdessen von der Notwenigkeit einer substantiellen Lösung
    Als eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu einer Friedenslösung erwies sich in den vergangenen Jahrzehnten der fortgesetzte Siedlungsbau im Westjordanland, der zuletzt im Dezember zu einer Israel-kritischen Resolution im Weltsicherheitsrat geführt hatte. Die scheidende Administration Barack Obamas hatte gegen diese Resolution kein Veto eingelegt, was von Donald Trump und Benjamin Netanjahu umgehend scharf kritisiert worden war. Trump meinte nun nach dem Treffen mit Netanjahu, dass die Vereinten Nationen Israel oft unfair behandelt hätten.
    "Ein bisschen Zurückhaltung" im Siedlungsbau angemahnt
    Dennoch mahnte auch Trump "ein bisschen Zurückhaltung" im Siedlungsbau an, wie er sagte, widersprach aber nicht der Darstellung Benjamin Netanjahus, wonach der Siedlungsbau weder Ursache noch Treibstoff für den Konflikt sei. Der Konflikt um den sogenannten Iran-Deal, das Atomabkommen mit Teheran, spielte bei der Begegnung im Weißen Haus offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Dabei hatte Netanjahu dieses Thema dem Vernehmen nach in den Vordergrund rücken wollen.
    Der wichtigste Befürworter einer harten Linie gegenüber dem Iran ist jedoch auf amerikanischer Seite weggebrochen – mit Trumps Nationalem Sicherheitsberater Michael Flynn, der erst Anfang der Woche über seine Russland-Kontakte gestolpert war, hat Netanjahu seinen wichtigsten Verbündeten in dieser Frage im Weißen Haus verloren. Donald Trump stellte sich nochmals vor seinen Sicherheitsberater, dem übel mitgespielt worden sei – Trump verurteilte es als "kriminellen Akt", dass die Geheimdienste vertrauliches Material an die Medien weitergegeben hätten – das hätte es zwar früher schon gegeben, jetzt sei es aber zu einem echten Problem geworden.