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Naturschutzoffensive 2020
Hendricks will Agrarsubventionen abschaffen

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat heute in Berlin ihre neue Naturschutzoffensive vorgestellt. Ein besonderer Fokus liegt darin auf der Landwirtschaft. So fordert Hendricks unter anderem die Abschaffung der EU-Agrarsubventionen. Naturschutzverbände begrüßen das Papier - üben aber auch Kritik.

Von Stefan Maas | 14.10.2015
    Obwohl die Bundesregierung im Jahr 2007 eine nationale Strategie zur biologischen Vielfalt beschlossen habe, zeigten die Untersuchungen, dass Deutschland Jahr um Jahr an Landschaftsqualität und Artenvielfalt verliere, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am Morgen in Berlin:
    "Ohne besondere zusätzliche Anstrengungen werden wir die Ziele der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt aller Voraussicht nach nicht erreichen. Wir müssen und werden mehrt tun, um die Strategie konsequent umzusetzen."
    Deshalb hat das Umweltministerium die Naturschutzoffensive 2020 entworfen und wichtige Handlungsfelder identifiziert.
    "Es ist bewusst kein Konsenspapier, das nur den kleinsten gemeinsamen Nenner wiedergibt. Es ist eine pointierte Zusammenstellung dessen, was ich in meiner Eigenschaft als für den Naturschutz zuständige Ministerin für notwendig halte."
    Agrarsubventionen abschaffen
    Das Augenmerk liegt auf Renaturierung von Flüssen oder Mooren genauso wie auf mehr natürlichen Waldgebieten. Einen besonderen Fokus aber legt Hendricks auf den Bereich Landwirtschaft:
    "Um es frei heraus zu sagen: Die heute vorherrschende Form der Landwirtschaft ist leider ein Problem für die Natur. Der Indikator für Artenvielfalt und Landschaftsqualität hat sich gerade im Agrarland deutlich verschlechtert, er ist auf den bisher tiefsten Wert abgesunken."
    Damit auch in der Landwirtschaft der Naturschutz stärker beachtet werde, fordert die Umweltministerin unter anderem Veränderungen bei den von der EU gezahlten Agrarsubventionen.
    Je mehr Fläche desto mehr Geld dürfe nicht mehr der Maßstab sein. Deshalb fordert das Bundesumweltministerium unter anderem, bei der Neuverhandlung des Europäischen Haushalts 2020 die Agrarsubventionen abzuschaffen. Stattdessen sollte ein Teil der frei werdenden Mittel in ein neues Finanzierungsprogramm für Naturschutz investiert werden, und die Landwirte für konkrete Naturschutz-Leistungen bezahlt werden.
    "Wogegen ich mich wenden werde ist, dass Geld auch fließt, wo solche Leistungen eben nicht erbracht werden. Es muss gelten, öffentliche Mittel für öffentliche Leistungen."
    "Wir haben ein Problem mit der Umsetzung"
    Die großen Umweltverbände begrüßen die Initiative aus Hendricks Haus. Allein, die Offensive der Ministerin habe ein Problem, sagt Magnus Wessel vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland:
    "Daran krankt so ein bisschen die Naturschutzoffensive, dass sie an vielen Stelle erst einmal möglich macht, was das Umweltministerium aus eigener Kraft schaffen kann."
    Und diese Punkte seien auch sehr positiv zu bewerten. Aber ähnlich wie bei der 2007 von der Bundesregierung beschlossenen Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, können die gesteckten Ziele eben nur in Zusammenarbeit mit den anderen Ministerien erreicht werden. Und da, sagt Wessel, sei die Zusammenarbeit sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während das Verkehrsministerium zum Beispiel beim Bau von Grünbrücken und Unterführungen zwischen Biotopen sehr kooperativ sei, sei die Zusammenarbeit gerade mit dem Landwirtschaftsministerium wenig erfolgreich. Deutschland hängt zum Beispiel mit der Umsetzung der Düngeverordnung hinterher, weshalb die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Denn zu viel Stickstoff in zu viel Gülle belastet Böden und Wasser. Und die erlaubten riesigen Maisflächen bedrohen die Artenvielfalt.
    Darüber hinaus vermisst BUND-Mann Wessel konkreten Zahlen und Ziele in der Naturschutz-Offensive 2020:
    "Es sind viele Aktionsprogramme drin, es sind viele Vorhaben, die bis 2020 umgesetzt sein sollen, aber ein Plan zur Sicherung der biologischen Vielfalt ist ja noch keine Umsetzung. Und wir haben in Deutschland kein Problem mit den Plänen, wir haben ein Problem mit der Umsetzung."