Dienstag, 19. März 2024

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Nedelin-Katastrophe vor 60 Jahren
Der Marschall und das Unglück von Baikonur

Heute vor 60 Jahren ereignete sich im Weltraumbahnhof Baikonur der schwerste Unfall der sowjetischen Raumfahrt. Auf der Startrampe explodierte eine Interkontinentalrakete vom Typ R-16 – nur ein halbes Jahr vor dem Flug von Juri Gagarin, dem ersten Menschen im All.

Von Dirk Lorenzen | 24.10.2020
Startrampe in Baikonur bei Sonnenuntergang
Ein Startkomplex im Kosmodrom Baikonur (NASA / Ingalls)
Die Ingenieure hatten bei Tests versehentlich die zweite Stufe der Rakete gezündet. Dadurch fing auch die erste Stufe Feuer und der gesamte Startkomplex verwandelte sich schlagartig in ein brennendes Inferno.
Die genaue Zahl der Opfer ist unklar, aber es dürften rund 150 Menschen ums Leben gekommen sein – darunter Mitrofan Nedelin, der Kommandant der sowjetischen Weltraumstreitkräfte. Er soll Druck auf das Raketenteam ausgeübt haben, schnell einen Teststart durchzuführen und dabei manche Sicherheitsregeln zu missachten. Er selbst hat sich wohl demonstrativ nur wenige Meter von der voll betankten Rakete auf einen Stuhl gesetzt.
Kasachstan, Baikonur: Start einer russischen Sojus-Trägerrakete mit zwei Astronauten an Bord.
An jedem Tag möglich, nur nicht am 24. Oktober: Start einer Soyuz-Rakete in Baikonur (dpa / Alexey Filippov)
In der Sowjetunion zu Zeiten Nikita Chruschtschows wurde die Explosion verheimlicht und nicht öffentlich bekannt. Auf den Tag genau drei Jahre später kamen bei einem Feuer auf einem Teststand in Baikonur sieben Menschen ums Leben. Seitdem gilt der 24. Oktober in Russland und Kasachstan als Schwarzer Tag der Raumfahrt.
Tradition, Stolz und auch ein wenig Aberglaube spielen dort eine große Rolle – daher können heute russische Raketen nur an 364 Tagen im Jahr starten. Um das Schicksal nicht herauszufordern gibt es an einem Tag garantiert keine Starts: heute, am 24. Oktober.