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Nepal
"Wir brauchen mehr Ressourcen, mehr Hubschrauber"

Der Flughafen von Kathmandu wurde wegen Schäden an der einzigen Start- und Landebahn für große Militär- und Frachtmaschinen geschlossen. Die Hilfe aus aller Welt ist aber dringend nötig, denn viele Bergregionen sind immer noch abgeschlossen. Notwendig sind deshalb mehr Hubschrauber, die die Güter verteilen können.

Von Jürgen Webermann | 03.05.2015
    Menschen stehen in einer Schlange und warten auf Hilfe.
    Menschen stehen in einer Schlange und warten auf Hilfe. (dpa / MAXPPP)
    Ein junger Mann schleppt Eimer zu einem Lastwagen in Nepals Hauptstadt Kathmandu. Der Lkw hat Wassertanks geladen. Wasser ist in der Hauptstadt für viele Einwohner ein sehr seltenes und daher kostbares Gut.
    "Es gab schon vor dem Erdbeben eine schwere Krise. Es war für viele schwer, an frisches Wasser zu kommen. Aber jetzt ist es richtig schlimm", sagt diese Erdbebenhelferin. Das Leitungsnetz in Kathmandu ist marode und in vielen Vierteln gar nicht vorhanden oder durch das Beben beschädigt.
    Und dennoch - Kathmandu ist derzeit der einzige Ort in Nepal, der inzwischen durchgehend Hilfe von außen erhält. Das deutsche Technische Hilfswerk hat zum Beispiel eine Trinkwasser-Aufbereitungsanlage installiert, aus der mehr als 10.000 Menschen versorgt werden können. Weiterhin kommen Flugzeuge mit Hilfsgütern in die Hauptstadt.
    Die Start- und Landebahn des Flughafens ist von den schweren Militärmaschinen aus aller Welt inzwischen so beschädigt, dass die Flughafenleitung darum bittet, nur noch mittelgroße Maschinen zu schicken. Aber nach wie vor erreichen die Helfer viele Orte außerhalb von Kathmandu nicht. Die Vereinten Nationen appellierten deshalb an die internationale Gemeinschaft, mehr Mittel für Nepal zur Verfügung zu stellen. Renaud Meyer ist der Leiter des UN-Entwicklungsprogramms für Nepal:
    "Wir haben um 400 Millionen US-Dollar Soforthilfe gebeten, um in den kommenden drei Monaten hier helfen zu können. Aber so wie es aussieht, bleibt uns in dieser Zeit nur eine Option: Die Hilfe mit Hubschraubern zu verteilen. Das bedeutet, die Operationen werden deutlich teurer. Und wir können die Güter nicht so schnell verteilen, wie wir gerne möchten. Wir brauchen mehr Ressourcen. Wir brauchen mehr Hubschrauber."
    Noch hat der Monsun nicht eingesetzt
    Rund 20 Maschinen, darunter private Hubschrauber und acht indische Militärhelikopter, sind derzeit pausenlos im Einsatz. Großbritannien und die USA wollen jetzt Transporthubschrauber nach Kathmandu bringen.
    Denn noch immer haben zu viele Bergdörfer überhaupt keine Hilfe erhalten, so Renaud Meyer:
    "Diese Orte sind einfach schwer erreichbar. Das war auch schon vor dem Erdbeben so. Die Dörfer sind nicht ans Straßennetz angeschlossen. Man muss da also hin laufen. Und wenn man jetzt noch bedenkt, dass dort Erdrutsche und Lawinen abgegangen sind, und dass auch der Monsun bald beginnt, dann können Sie sich ja vorstellen, wie schwer es wird, dort hinzukommen."
    Bürokratische Hürden überwinden
    Gestern hatten die Vereinten Nationen aber auch an Nepals Regierung appelliert, die Hilfsgüter ohne größere bürokratische Hindernisse ins Land zu lassen. Es gibt Berichte, wonach zum Beispiel an der Grenze zu Indien Hilfstransporte im Zoll fest hängen und wonach die Behörden sogar Zollgebühren für den Import von Hilfe verlangen. Die nepalesische Regierung tut sich schwer, die Kontrolle über die Koordination der Hilfen abzugeben. Ein Sprecher sagte, alle Hilfsgelder sollten über einen Regierungsfonds verteilt werden. Aber viele Organisationen und auch viele Nepalesen misstrauen den Behörden.
    Sie gelten als sehr korrupt. Außerdem unterstellen viele Menschen, dass bei der Verteilung der Hilfe auch politische Verbindungen eine Rolle spielen. Nepal wird derzeit provisorisch regiert. Die Parteien können sich seit sieben Jahren nicht auf eine Verfassung einigen. Dieser Stillstand hat auch dazu beigetragen, dass es im bitterarmen Nepal kaum Reformbemühungen gibt und das Land extrem unvorbereitet auf Notlagen ist.