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Netzpolitik
Vom Katzentisch in die Mitte des Parlaments

Der Bundestag setzt einen neuen Hauptausschuss ein - zum ersten Mal seit der Tschernobyl-Katastrophe. Der Ausschuss Digitale Agenda soll zwar kein einziges Thema federführend bearbeiten, trotzdem haben die Mitglieder große Ziele.

Von Falk Steiner | 13.02.2014
    Das hat es seit der Tschernobyl-Katastrophe nicht mehr gegeben: Der Bundestag setzt heute einen neuen Hauptausschuss ein - den 23. insgesamt. So wie damals die Einrichtung eines Umweltausschusses unumgänglich wirkte, wird nun ein Ausschuss für die Digitale Agenda eingerichtet. 16 Abgeordnete sollen dafür sorgen, dass der Bundestag auch bei der digitalen Politik Anschluss findet. Der einzige Makel: Der neue Ausschuss soll kein einziges Thema federführend bearbeiten, ausschließlich mitberatend tätig sein. Jens Koeppen wird der erste Vorsitzende des neuen Gremiums sein. Der CDU-Parlamentarier aus der brandenburgischen Uckermark sagt:
    "Denken Sie an den Umweltausschuss, der 1987 eingesetzt wurde nach der Tschernobylkatastrophe, da war das auch so ein Thema, wo gesagt wurde, brauchen wir das überhaupt? Und welche Bedeutung hat er heute. Ähnlich wird das hier auch sein."
    Die Themen zu bearbeiten, ist dringend notwendig: Datenschutz, Datensicherheit, Ausbau des schnellen Internets, Urheberrecht und digitale Wirtschaft - das alles sind Großbaustellen der Politik, waren dies auch schon vor der NSA-Affäre. In der vergangenen Legislaturperiode beschäftigten sich eine Enquete-Kommission und ein beim Kulturausschuss angesiedelter Unterausschuss mit den Themen. Zu wenig, befanden viele, insbesondere jüngere Abgeordnete - und forderten die Einrichtung eines richtigen Ausschusses:
    "Dann ist man eben nicht der Unteraussschuss von irgendwas, sondern man ist ein eigener Ausschuss und das hat einen ganz anderen Stellenwert beim Thema Mitbefassung", sagt die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Nadine Schön. Sie gehört zu den Abgeordneten, die auf die Einrichtung des neuen Ausschusses gepocht haben - auch gegen Widerstände aus den eigenen Reihen. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sören Bartol sieht den neuen Ausschuss als großen Fortschritt:
    "Damit wird die Netzpolitik vom Katzentisch in die Mitte des Parlaments geholt, ich glaube das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt."
    In der Bundesregierung gibt es mit dem Innenministerium, dem Wirtschafts- und dem Verkehrs- und Infrastrukturministerium gleich drei Ministerien, die irgendwie bei digitalpolitischen Fragen federführend sein wollen. Dass die jungen Wilden mit den multiplen Zuständigkeiten in der Bundesregierung alles andere als glücklich sind, daraus machen sie keinen Hehl. Aber jetzt wollen sie erst einmal zeigen, was sie können. Für den netzpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek, ist der Arbeitsauftrag klar:
    "Wir werden der Ausschuss sein für den disruptiven Umbruch, der durch das Internet geschieht und wir müssen uns die Frage stellen: wie kann Gesellschaft, wie kann der Staat mit dieser Entwicklungsgeschwindigkeit mithalten?"
    Große Ziele, an deren Ende auch die federführende Zuständigkeit für einige Themen stehen könnte. Aber erst einmal muss der neue Ausschuss sich und seine Themen sortieren. Für Jarzombeks SPD-Kollegen Lars Klingbeil heißt das:
    "Das Thema Netzpolitik ist ein Neues hier im Parlament, insofern gibt es viele Themen, die noch nicht vorgeklärt sind und das wird dann auch im Ausschuss hart diskutiert."