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Neue Arbeitnehmer

Ab Mai gilt für Osteuropäer, die in Deutschland arbeiten wollen, die Arbeitnehmer-Freizügigkeit: Kritiker fürchten, billige Arbeitskräfte könnten die Arbeitslosigkeit hierzulande erhöhen. Andere Experten finden solche Sorgen unbegründet und verweisen auf Portugal und Spanien.

30.04.2011
    Am 1. Mai öffnet sich endlich der Schlagbaum für Osteuropäer, die in Deutschland arbeiten wollen. Polen, Tschechen, Ungarn, Esten, Letten, Litauer, Slowenen und Slowaken genießen ab sofort die volle Arbeitnehmer-Freizügigkeit, die zu den elementaren Grundrechten im Europäischen Wirtschaftsraum gehört.

    Obwohl ihre Länder bereits 2004 Mitglied der Europäischen Union wurden, war für diese neuen EU-Bürger diese Möglichkeit bis jetzt eingeschränkt.

    Freizügigkeit bedeutet: Sie haben das Recht, in Deutschland ohne besondere Erlaubnis eine Arbeit aufzunehmen und dafür auch hier zu wohnen. Hiesige Arbeitsbedingungen, Sozialleistungen und Steuern gelten für sie genauso wie für Bundesbürger.

    Wie viele Osteuropäer diese Chance nutzen werden ist noch unklar. Für Deutschland gibt es seriöse Schätzungen, die von 100 und 200.000 Personen ausgehen.
    Experten werten die Neuregelung der Freizügigkeit unterschiedlich. Kritiker befürchten, billige Arbeitskräfte aus den neuen EU-Staaten könnten die Arbeitslosigkeit unter einheimischen Arbeitnehmern in Westeuropa erhöhen und etablierte Sozialstandards untergraben. Lohndumping ist eines der größten Schreckensszenarien. Besonders in Branchen, in denen es keinen Mindestlohn gibt.

    Andere Experten finden solche Sorgen dagegen unbegründet. Sie verweisen auf Portugal und Spanien. Auch diese hatten nach ihrem EU-Beitritt jahrelang auf die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit warten müssen. Als es dann soweit war, hätte das der europäische Arbeitsmarkt problemlos verkraftet. Außerdem hätten auch Großbritannien, Irland und Schweden ihren Arbeitsmarkt schon 2004 allen EU-Bürgern geöffnet und damit gute Erfahrungen gemacht.

    Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sieht in der Arbeitnehmer-Freizügigkeit auch echte Chancen für den deutschen Arbeitsmarkt. Mehr Fachkräfte etwa und ausländische Bewerber für Lehrstellen, die sonst nicht besetzt werden könnten.

    Die völlige europäische Arbeitnehmer-Freizügigkeit wird in Deutschland aber auch am 1. Mai noch nicht erreicht. Bulgaren und Rumänen müssen noch bis 2014 warten, bis auch sie ohne Einschränkung bei uns arbeiten dürfen.