Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Neue Disziplin bei Europaspielen
Leichtathletik für Millennials

Die Leichtathletik sorgt sich um die Zukunftsfähigkeit. Bei den European Games in Minsk wird mit den Dynamic New Athletics erstmals eine neue Disziplin getestet, die vor allem jüngeres Publikum begeistern soll.

Von Heinz Peter Kreuzer | 22.06.2019
Hürdenläuferin vor dem Start bei einem Diamond-League-Meeting in der Leichtathletik
Die Leichtathletik will sich attraktiver für junge Zielgruppen machen. (Jonathan Nackstrand / AFP)
"Ändern, oder geändert werden, das ist die Frage. Wenn Du zu lange wartest, dann wirst Du verändert." (IOC-Präsident Thomas Bach)
"Man benötigt einen modernen, athletenfokussierten Sport um attraktiv und aufregend für junge Leute zu sein." (Leichtathletik-Weltverbandschef Sebastian Coe)
Die Topfunktionäre machen Werbung für Dynamic New Athletics, kurz DNA. Ein Kürzel mit doppelter Bedeutung: Zum einen für die Neuerfindung der Leichtathletik, zum anderen für die traditionellen Elemente: Laufen, Springen, Werfen.
Leichtathletik in der HipHop-Version
Dynamic New Athletics soll Leichtathletik für Millennials sein. Sie haben der olympischen Kernsportart den Rücken gekehrt. Denn die jungen Leute verfolgen auf Smartphones und anderen digitalen Geräten Sport mit Teamspirit, schnell und attraktiv. Deshalb hat der europäische Verband drei Jahre lang dieses Format entwickelt. Marcel Wakim, verantwortlich für neue Projekte, sagt:
"Die traditionelle Leichtathletik ist die klassische Musik, wir haben über eine HipHop-Version nachgedacht. Die das jüngere Publikum anspricht, eine jüngere Generation von Athleten und Fans."
Es ist der Versuch, einen Trend zu beenden. Ein Beispiel aus London: Während die E-Sport-WM im Wembley-Stadion ausverkauft war, sah das Diamond League-Meeting im Olympiastadion zuschauermäßig eher traurig aus, beklagt der britische Weitsprung-Olympiasieger Greg Rutherford.
"Das ist das Problem, die überalterten Leichtathletikfans. Wir tun nichts, um die Leichtathletik für die junge Generation attraktiv zu machen, damit sie sich für die interessante Seite des Sports interessiert."
Weitsprung-Olympiasieger Greg Rutherford aus Großbritannien bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro
Weitsprung-Olympiasieger Greg Rutherford: "Fans überaltert" (AFP / Fabrice Coffrini)
Die Lösung soll jetzt Dynamic New Athletics heißen. Ein Sportevent, zwei Stunden, jeweils sechs Teams pro Match. 15 Sportler und sechs Ersatzleute kämpfen um den Einzug in die nächste Runde. Pro Disziplin gibt es jeweils zwölf Punkte für den Sieger, zwei für den Sechsten und Letzten.
Los geht es mit dem sogenannten Trackathlon, bei dem nacheinander ein Mann und eine Frau starten. Dieser Auftaktwettkampf besteht nicht aus traditionellen Disziplinen, sondern aus Trainingselementen: Sprints mit Schlitten oder Bremsfallschirm, Kugelstoß-Werfen, Standweitsprung, Hindernislauf mit Wassergraben oder Medizinballsprint.
Danach geht es aber klassisch weiter. Erst Hochsprung, Speerwurf und Weitsprung. Und dann schließlich auf der Laufbahn: Männer und Frauen rennen jeweils 100 Meter, sprinten über die Hürden und schließlich eine gemischte 4 x 400 m-Staffel.
"The Hunt" - Mehrkampf mit Verfolgungsrennen
Die Entscheidung fällt dann in der neunten Disziplin, die "The Hunt" - "Die Jagd" genannt wird. Der Punktbeste startet mit Vorsprung auf die Verfolger, jeweils drei Punkte bedeuten eine Sekunde. Vergleichbar mit dem Verfolgungsrennen zum Beispiel beim Biathlon. Mit dem Unterschied, dass "The Hunt" eine gemischte Staffel ist.
Männer und Frauen laufen abwechselnd 800, 600, 400 und 200 Meter. Wer als Erster über die Ziellinie läuft, hat DNA gewonnen.
Um aber die olympische Kernsportart nicht komplett neu zu erfinden, werden auch die Sieger der einzelnen Disziplinen jeweils mit Gold, Silber und Bronze ausgezeichnet, Svein Arne Hansen, der Präsident des Europäischen Leichtathletik-Verbandes, erklärt:
"Wir wollen nicht die traditionelle Leichtathletik abschaffen - aber wir müssen etwas tun, um für junge Leute attraktiver zu werden. Und deshalb bin ich sehr glücklich, dass wir mit den EOC zusammenarbeiten und ein neues Element nach Minsk bringen. Wir können nur etwas voranbringen, wenn wir mit ihnen zusammenarbeiten."

Bei Umfragen unter jungen Leuten ist DNA gut angekommen. 38 Prozent der Millennials würden sich den Wettkampf auf dem Smartphone anschauen.