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Auf die Barrikaden gehen

Im Kino werden in dieser Woche Kämpfe ausgefochten: Im Abschluss der "Planet der Affen"-Trilogie kommt es zum Showdown zwischen den Primaten. In "Das Gesetz der Familie" probt ein Sohn den Aufstand gegen seinen Vater. "Die göttliche Ordnung" erzählt vom Kampf einer Schweizerin für das Frauenwahlrecht.

Von Jörg Albrecht | 02.08.2017
    Filmposter zu "Planet der Affen: Survival"
    Filmposter zu "Planet der Affen: Survival" (imago stock&people/Cinema Publishers Collection)
    "Planet der Affen: Survival" von Matt Reeves
    "Es gibt Zeiten, da ist es notwendig, unsere Menschlichkeit aufzugeben, um die Menschheit zu retten."
    Der kriegslüsterne Colonel als Anführer einer paramilitärischen Einheit hat offenbar nie Kant gelesen. Sonst wüsste er, dass es "die größte Angelegenheit des Menschen ist, zu wissen, wie er seine Stelle in der Schöpfung gehörig erfülle und recht verstehe, was man sein muss, um ein Mensch zu sein". Denn was bleibt noch vom Menschen, wenn dieser immer weiter von seiner Humanität abrückt?
    "Survival" - das Finale der "Planet der Affen"-Trilogie - ist somit mehr als nur ein weiteres Kapitel im Kampf zwischen Mensch und Affe. "Survival" ist ein Actionfilm, der philosophische Fragen stellt.
    "Die gesamte Menschheitsgeschichte hat zu diesem Augenblick geführt. Und wenn wir verlieren, wird dies ein Planet der Affen sein."
    Dass diese Zukunftsaussicht weit weniger düster ist als die von der Rettung der wenigen noch lebenden Menschen - daraus macht der Film keinen Hehl. So ist der von Woody Harrelson gespielte Colonel auch der Antagonist, während der Held auf der Seite der Affen zu finden ist.
    "Ich habe diesen Krieg nicht begonnen. Ich habe euch Frieden angeboten. Ich war euch gnädig. Aber jetzt seid ihr hier, um uns endgültig auszulöschen."
    Caesar, Anführer der hochintelligenten Primatenspezies, die sich nach Laborversuchen entwickelt hat, zeigt Empathie. Seit dem ersten Film der neuen "Planet der Affen"-Reihe aus dem Jahr 2011 ist er die zentrale Figur dieser apokalyptischen Geschichte, die Motive aus Western und Kriegsdramen vereint zu einem fulminanten, tricktechnisch brillanten Schlusskapitel. Intelligentes Blockbuster-Kino ist möglich.
    "Planet der Affen: Survival": empfehlenswert
    "Das Gesetz der Familie" von Adam Smith
    "Was ist los, Chad? - Ich bin müde. Nichts ist los. - Du hast keine Ahnung, Chad. Keine Ahnung, wie schwer das alles war, das alles aufzubauen. Du bist mein Ältester und benimmst dich wie ein Volltrottel. - Ich versuche nur für meine Familie zu sorgen. - Was sagst du? Ich bin deine Familie. Du vergisst, wer du bist."
    Das "Sippengemälde" "Das Gesetz der Familie" von Adam Smith
    Das "Sippengemälde" "Das Gesetz der Familie" von Adam Smith (Koch Films)
    Von "Star Wars" bis "Der Pate": Das Kino wartet mit zig Vater-Sohn-Konflikten auf, die Filmklassiker geworden sind. In diese Reihe wird sich das britische Drama "Das Gesetz Familie" nicht einsortieren, obwohl seine Besetzung mit Brendan Gleeson als Vater und Michael Fassbender als dessen Sohn Grund zur Hoffnung gemacht hätte. Aber auch zwei herausragende Mimen können Figuren, die schlampig und inkonsequent angelegt sind, keine Wahrhaftigkeit verleihen. Stattdessen macht der mies geschriebene und auch nicht viel besser inszenierte Film einen auf dicke Hose.
    "Ich schwöre dir bei Gott, ich schlage dir deinen kleinen, mickrigen Schädel ein ... wenn ich glaube, dass du auch nur annähernd so etwas wie ein scheiß sesshaftes Arschloch wirst."
    Die Cutlers haben keinen festen Wohnsitz, leben nach ihren eigenen Regeln und halten es mit dem Gesetz nicht ganz so genau. Seit Generationen sind sie Outlaws. Und jetzt sieht es ganz so aus, als würde der älteste Sohn Chad die Familientradition nicht fortsetzen wollen.
    "Ich stehe auf diesen Scheiß nicht mehr. Ich will ein ruhiges Leben und keinen Ärger mehr."
    Der dominante Vater und der Sohn, der versucht seinen eigenen Weg zu gehen: Es hätte ein spannendes Duell werden können. Stattdessen aber feiert dieses "Sippengemälde" die vermeintliche Coolness seiner dümmlichen Protagonisten genauso wie die Blödheit der Polizisten, die den Cutlers nicht beikommen können.
    "Das Gesetz der Familie": ärgerlich
    "Die göttliche Ordnung" von Petra Biondina Volpe
    "Frauenrecht ist Menschenrecht!"
    Dass in der Schweiz die Uhren langsamer ticken als anderswo, entspricht natürlich reinem Klischeedenken. Wäre, ja, wäre da nicht die Sache mit dem Frauenwahlrecht. Das nämlich existiert erst seit 1971, also mehr als 50 Jahre, nachdem zum Beispiel deutsche und englische Frauen ihre Stimme abgeben durften. Aus diesem Schweizer Trauerspiel hat die Filmemacherin Petra Volpe jetzt eine Komödie gemacht. Im Mittelpunkt von "Die göttliche Ordnung" steht Nora, eine Ehefrau und Mutter aus einem kleinen Ort auf dem Land.
    Frauen verschiedenen Alters sitzen zusammen und betrachten ein Schaubild mit unterschiedlichen Formen der Vulva.
    Schweiz, 1971: In die "Die göttliche Ordnung" kämpfen Frauen aus einem Schweizer Bergdörfchen gegen eine verstaubte Sexualmoral. (Daniel Ammann/AlamodeFilm)
    "Wegen dieser Stellenanzeige: Ich habe noch mal darüber nachgedacht. Abends wäre ich zu Hause. Wir müssten einfach etwas später essen. - Weißt du, was ich mir bei der Arbeit anhören müsste? Ruckstuhls Frau muss arbeiten, weil er zu wenig Geld nach Hause bringt. Nora, ich will das nicht. - Aber wir könnten es doch wenigstens mal probieren. - Nein Nora. Und ohne meine Zustimmung kannst du das auch gar nicht. So ist das Gesetz. - Das Gesetz?"
    Um aus der unpolitischen Nora eine eidgenössische Suffragette zu machen, bedient sich der Film einer recht schlichten, aber wirkungsvollen Dramaturgie. In ihrem familiären Umfeld häufen sich Vorkommnisse, die Noras Engagement für die Rechte der Frauen in der Schweiz wecken.
    "Wir wollen selbst auf die Gesetzgebung einwirken. - Wir wollen aber keine Fünf-vor-Zwölf-Frauen, die zum Mittagessen nur eine Büchse öffnen."
    Vor allem aber hat Nora - so sehen es vor allem die Männer ihres Heimatorts - die Büchse der Pandora geöffnet. Die Gags von hinterwäldlerischen Kerlen und von der Emanzipation überforderten Frauen liegen auf der Dorfstraße und Petra Volpe hebt sie genüsslich auf. Etwas weniger schematisch und vor allem viel frecher und bissiger hätte ein Film über den Kampf für die Gleichberechtigung der Frau allerdings schon sein dürfen.
    "Die göttliche Ordnung": akzeptabel