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Liebe, Tod und Comedy

Von der Liebe einer Malerin und ihrem Modell im 18. Jahrhundert handelt "Porträt einer jungen Frau in Flammen", vom Kampf eines schwarzen Stand-up-Comedien der Eddie-Murphy-Film "Dolemite Is My Name". Und der Film "Zwingli" porträtiert den Züricher Reformator aus dem 16. Jahrhundert.

Von Hartwig Tegeler | 30.10.2019
Zwei Frauen stehen Stirn an Stirn am Meer
In "Porträt einer jungen Frau in Flammen" entdecken Héloïse und Marianne ihre Zuneigung zueinander (www.imago-images.de)
Anfang des Jahres 1519 – zwei Jahre vorher hatte mit den 95 Thesen von Luther die Reformation in Deutschland begonnen - tritt Ulrich Zwingli seine Stelle als Leutpriester in Zürich an...
"Die Zeiten ändern sich."
... und gibt schon mit seinen ersten Predigten, die er nicht auf Latein, sondern in deutscher Sprache hält, der Reformation in der Schweiz den entscheidenden Schub:
"In diesem Buch spricht Gott mit uns. Aber wer kann das verstehen, was er sagt?"
Zwei Stunden lange Geschichtsstunde
Der Film "Zwingli – Der Reformator" ist eine einigermaßen behäbig erzählte, mehr als zwei Stunden lange Geschichtsstunde über die wechselvolle Geschichte dieses Humanisten Ulrich Zwingli, der den christlichen Glauben hin zu den einfachen Menschen bringen wollte und so die Institution der katholischen Kirche in Frage stellte:
"Das wahre Gesicht von Gott sehen wir in den Gesichtern der Armen und Ausgestossenen."
Am Ende wird der Reformator von den katholischen Widersachern getötet, gevierteilt und verbrannt. Aber aus diesen Kämpfen und Zwinglis Ideen und denen von Calvin gingen die reformierten Kirchen hervor.
"Zwingli – Der Reformator" von Stefan Haupt – empfehlenswert.
"What´s left of a love when it´s over."
"Was bleibt von einer Liebe, wenn Sie vorbei ist?", fragt Regisseurin Celine Sciamma. Vielleicht das Gemälde, das Marianne, die junge Malerin, nach dem Ende ihrer Liebe von sich selbst malte. Sie am Strand, vor dem tosenden Meer in einem brennenden Kleid. Das Bild heißt "Porträt einer jungen Frau in Flammen" wie Celine Sicammas Film. Die Flammen - Metapher für einen Gefühlszustand und für die Vergänglichkeit.
Marianne - 18. Jahrhundert in Frankreich - kommt auf eine einsame bretonische Insel. Sie soll von Héloïse, Tochter der Herzogin, ein Porträt anfertigen, das dem zukünftigen Gatten geschickt werden soll. Die Malerin gibt Héloïses Mutter, die Auftraggeberin, als Gesellschafterin aus.
"Einen Maler hat sie bereits vergrault. - Wieso will sie nicht gemalt werden? - Weil sie diese Heirat ablehnt. Sie werden sie malen müssen, ohne dass sie es bemerkt. Können Sie sich vorstellen, sie auf diese Art zu malen? - Eher, als ihre Gesellschafterin zu sein."
Zuneigung und Gemeinsamkeit
Am Tag Spaziergänge, am Abend malt Marianne Héloïse aus der Erinnerung. Celine Sciamma entwirft in "Porträt einer jungen Frau in Flammen" den geschlossenen Kosmos von drei Frauen – die Malerin, die Tochter der Herzogin, die junge Dienerin des Schlosses. Eine Welt, die geprägt ist von einer ganz eigenen Magie aus Zuneigung und Gemeinsamkeit. Männer tauchen nur am Rande auf.
In diesem geschützten Raum entwickelt sich auch die Liebe und die Leidenschaft. Eine Annäherung, die Filmemacherin Sicamma mit großem Gespür für jede kleinste Veränderung von Gefühlen, Gesten und Blicken darstellt. Marianne gesteht Héloïse bald, dass sie die Malerin ist. Nun lässt sich Héloïse von ihr porträtieren, obwohl beide wissen, dass das jetzt entstehende Liebes-Gemälde für Héloïse die unfreiwillige Ehe besiegeln wird.
"Sitzen Sie bequem? - Ja. - Können Sie länger in dieser Haltung bleiben?"
Celine Sciamma erzählt mit ihren beiden grandiosen Hauptdarstellerinnen Noémie Merlant und Adèle Haenel in magischen Bildern von der Liebe und ihrer Vergänglichkeit als melancholisches Melodram.
"Porträt einer jungen Frau in Flammen" von Celine Sciamma – herausragend.
Und dann, dann dreht Rudy Ray Moore im Film "Dolemite Is My Name", ohne auch nur irgendeine Ahnung vom Filmen oder Schauspielen zu haben, gar einen eigenen Film. Den angeheuerten Regisseur treibt der Komiker allerdings in den Wahnsinn:
"Gibt es irgendeinen Winkel, aus dem die Tritte tatsächlich wie Tritte aussehen? - So ein Winkel existiert nicht."
Prahlend, größenwahnsinnig und mega-potent,
Aber Rudy Ray Moore fechten solch vernichtende Urteile nicht an, ebenso wenig, wie ihn interessierte, dass vorher niemand an ihn als Stand-up-Comedian glaubte, wenn er da in Gestalt seiner Kunstfigur Dolemite - prahlend, größenwahnsinnig, mega-potent, aber auch sehr komisch - die kleinen Bühnen in der afroamerikanischen Community betrat. Eddy Murphy, ehemals Superstar – er hat Höhen und Tiefen einer Karriere am eigenen Leib erfahren - zeigt Rudy Ray Moore als harten Arbeiter an seiner Komik und als jemand, der genau weiß, dass er eine Rolle, eine Figur in dem Medienzirkus spielt. Abschluss eine Film-Deals:
"Dolemite lässt sich nicht abzocken. Ist das klar?"
Der 2008 verstorbene schwarze Comedian Rudy Ray Moore war außerhalb seiner schwarzen Fangemeinde kaum bekannt, aber Chris Rock und Snoop Dog, die in "Dolemite Is My Name" kleine Auftritte haben, schreiben ihm einen wichtigen Einfluss für den Rap und die afroamerikanische Comedy zu.
Mit "Dolemite Is My Name" ist ein sehr komische, aber nie alberne Verbeugung vor diesem Komiker entstanden. Mit einem großartigen Eddie Murphy als Dolemite.
"Dolemite Is My Name" von Craig Brewer – im Stream auf Netflix zu sehen – empfehlenswert.