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Neue Klimaanlagen
Kühlen ohne Kummer

Umwelt. - Rund 15 Prozent des Stromverbrauchs geht in den USA auf das Konto von Klimaanlagen. Ein Forscherteam der Stanford-Universität hat daher ein System entwickelt, das ein Gebäude rein passiv klimatisieren kann, ganz ohne Energieverbrauch. Einen Prototypen stellen die Experten heute im Fachmagazin "Nature" vor.

Von Frank Grotelüschen |
    Ein brütend heißer Sommertag. Um die Temperatur im Büro halbwegs erträglich zu halten, läuft die Klimaanlage auf Hochtouren. Guten Gewissens lässt sich die kühle Brise jedoch nicht genießen: Die Anlage verbraucht kräftig Strom, und solange dieser Strom nicht regenerativ erzeugt wird, entsteht das Treibhausgas CO2. Doch das mit der Kühlung geht auch anders, sagt Shanhui Fan, Elektrotechnik-Professor an der kalifornischen Stanford-Universität.
    "Man kann ein Objekt auch ohne Elektrizität kühlen – wir sprechen von passiver Kühlung. Und man kann dieses Objekt dazu bringen, seine Wärme weit weg abzustrahlen, in die Tiefen des Weltraums."
    Ein simples Beispiel für so eine passive Strahlungskühlung wären wassergefüllte Plastiksäcke auf dem Dach. Tagsüber erwärmen sie sich und schirmen dadurch das Gebäude ein wenig vor der Hitze ab. Nachts dann strahlen sie die Wärme wieder ab, zum großen Teil nach oben, in den Himmel. Das Problem dabei:
    "Solche Systeme können ihre Wärme nur nachts loswerden, denn tagsüber werden sie von der Sonne gleich wieder aufgeheizt. Doch wir haben einen Prototypen entwickelt, der auch tagsüber funktioniert. Denn er vereint zwei Funktionen: Er reflektiert sämtliches Sonnenlicht, sodass er nicht aufgeheizt wird. Und er soll Hitze aus einem Gebäude sehr effizient in den Weltraum abstrahlen."
    Das Gerät ähnelt einer Solarzelle – eine spiegelnde Oberfläche auf dem Dach. Der entscheidende Kniff steckt in der Beschichtung, sagt Fans Kollege Aaswath Raman.
    "Diese Beschichtung besteht aus mehreren hauchdünnen Lagen, einige enthalten Hafnium, andere Silizium. Dass solche Mehrfach-Schichten extrem gute Spiegel sind, weiß man schon seit langem. Doch wir konnten sie so maßschneidern, dass sie zusätzlich noch Infrarot-Strahlung abgeben, und zwar äußerst effektiv."
    Prototyp kühlte spürbar
    Strahlung dieser Wellenlänge wird, zumindest an klaren Tagen, von der Erdatmosphäre nur schwach absorbiert. Dadurch kann sie in den Weltraum entweichen, was das Aufheizen unseres Planeten wenigstens ein klein wenig abschwächt. Doch wie gut funktioniert das Konzept? Um das herauszufinden, setzten sich Fan und seine Kollegen einen Prototyp von der Größe einer Familienpizza aufs Institutsdach.
    Raman: "Das Ergebnis unserer Experimente: Der Prototyp hat sich, verglichen mit der Umgebungstemperatur, um fünf Grad Celsius abgekühlt, und das rein passiv, also ohne Stromverbrauch."
    In der Praxis müsste man zwar nicht das ganze Dach mit solchen Klimamodulen verschalen, aber zumindest einen beträchtlichen Teil. Pizzagroße Module wie der bisherige Prototyp wären dafür zu klein – weshalb die Forscher größere Flächen herstellen wollen. Da die Materialien nicht kostspielig sind, sollten die Module am Ende auch bezahlbar sein, so die Hoffnung von Raman und seinen Kollegen.
    "Allerdings gibt es da noch ein Problem: Wie kriegen wir die Wärme, die wir aus dem Gebäude leiten wollen, effizient zu den Kühleinheiten auf dem Dach?"
    Ein System aus Luftschächten könnte zum Beispiel dabei helfen. Bis eine Lösung gefunden ist, wird es noch ein paar Jahre dauern, meinen die Forscher. Bleibt die Frage, ob die Technik überhaupt konkurrenzfähig ist gegenüber anderen alternativen Klimatisierungskonzepten, etwa der solarbetriebenen Klimaanlage.
    Raman: "Das haben wir analysiert. Und wir glauben schon, dass es effizienter ist, unsere Module zu nutzen als mit dem Strom einer Solarzelle eine herkömmliche Klimaanlage zu betreiben."