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Neue Tunnel, alte Züge

Die Deutsche Bahn AG hat sich in ein Dilemma manövriert. Jahrelang setzte sie auf den attraktiven, aber teuren Hochgeschwindigkeitsverkehr, ohne jedoch ausreichend zu investieren. Im Güterverkehr hinkt die Schiene der Straße hinterher. Aber nicht nur die Verkehrspolitik bremst die Bahn aus.

Von Helmut Frei | 10.02.2012
    "Meine sehr verehrten Damen und Herren. Herzlich willkommen auf der Tunnelbaustelle Katzenberg. Mein Name: Manfred Denz. Ich bin hier vom Info-Zentrum und ich werde Ihnen das Projekt ein bisschen näher bringen."

    Eine Baracke auf einer Großbaustelle nahe dem südbadischen Dorf Efringen-Kirchen, nicht weit von Basel. Eine von vielen Baustellen der Bahn - im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Hier informiert das Unternehmen über den neuen Katzenbergtunnel. Der pensionierte Lokführer Manfred Denz empfängt eine Gruppe von Lesern einer südbadischen Lokalzeitung.

    Sie wollen sehen, wie weit der Bau der beiden fast zehn Kilometer langen Röhren fortgeschritten ist. Noch in diesem Jahr soll der Katzenbergtunnel in Betrieb gehen. Er ist ein kleines Teilstück des viergleisigen Ausbaus der sogenannten Rheinschiene zwischen Karlsruhe und Basel. Nachts soll der Katzenbergtunnel fast ausschließlich den Güterzügen gehören, tagsüber auch schnellen Personenzügen wie dem ICE.

    Die Tunnelbohrmaschinen sind abgezogen. Bald werden Schienen und Oberleitung verlegt. Kurt Zumkeller ist beeindruckt. Auch vom Baufortschritt in der Nähe des Katzenbergtunnels. Doch die massiven Schallschutzwände, die den Lärm der Züge von Wohngebieten abhalten sollen, stören ihn gewaltig:

    "Aber den Schallschutz, was Sie hier machen, ist ja furchtbar. Gibt es da keine andere Lösung? Ja, die andere Lösung, die beste Lösung wäre ein Tunnel von Basel nach Frankfurt. Aber das können wir uns nicht leisten."

    Das haben die Bürger an der Ausbaustrecke ja auch nie verlangt. Sie befürworten eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. Aber sie sehen nicht ein, warum sie noch mehr Lärm von Zügen ertragen sollen, die mitten durch ihre Gemeinden donnern und sie auseinander reißen. Dieses Problem kennt auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, CSU:

    "Ich erlebe tagtäglich, wie schwierig es ist, Schiene auch tatsächlich aus- und neu zu bauen. Alles redet von der Straße auf die Schiene, aber wehe, du baust dann Schiene."

    Nun ein erster Erfolg für die Anwohner: Vor wenigen Wochen haben sich Bund und Land Baden-Württemberg darauf geeinigt, im Abschnitt zwischen Freiburg und Katzenbergtunnel die sogenannte Bürgertrasse zu verwirklichen. Sie soll Wohngebiete möglichst weiträumig umfahren, und teilweise werden zusätzliche Lärmschutzvorrichtungen gebaut. Allerdings bleibt noch zu klären, wie sich die Mehrkosten finanzieren lassen.

    In anderen kritischen Abschnitten hat sich noch nicht viel bewegt. Der Ausbau der Rheinschiene zwischen Karlsruhe und Basel kommt nicht so zügig voran, wie es nötig wäre. Er sollte eigentlich abgeschlossen sein, wenn 2016 die ersten Züge den neuen Gotthardbasistunnel passieren. Nun ist zu befürchten, dass sich die Bahnen dann auf der Rheinschiene stauen.

    Die Rheinschiene ist die Hauptschlagader des europäischen Frachtverkehrs und Teil der Magistrale zwischen den Häfen Rotterdam und Antwerpen im Norden und Genua im Süden Europas. Ihr Ausbau ist jedoch nur eines von mehreren Großprojekten, gegen die sich Bürger wehren.

    Im Norden Deutschlands ist es die beschlossene Erweiterung der bestehenden Eisenbahnstrecke von der Ostseeinsel Fehmarn über Lübeck nach Hamburg. Sie soll an den neuen Tunnel anknüpfen, der Dänemark und Deutschland verbinden wird – die Fehmarn-Belt-Querung. Die Anwohner entlang der Trasse Puttgarden - Lübeck protestieren gegen die Ausbaupläne der DB, und Malte Siegert vom Naturschutzbund auf Fehmarn ist auf ihrer Seite:

    "Eigentlich ist ja schon die Idee der Europäischen Union gut, zu sagen, wir wollen mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Aber dann muss der Staat auch bereit sein so viel Geld in die Hand zu nehmen, dass er Infrastruktur so ausbaut, dass die Menschen eben so wenig wie möglich geschädigt werden."

    Tatsache ist allerdings, dass mittlerweile mehrere wichtige Gütertransportstrecken durch Deutschland an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit stoßen. Verkehrspolitiker der Opposition im Deutschen Bundestag und einige Wirtschaftsfachleute werfen der Deutschen Bahn vor, sie habe sich zu lange auf Prestigeprojekte wie die Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen München und Berlin konzentriert. Geplante Fertigstellung: 2017.

    Ziel ist, die Fahrtzeit zwischen München und Berlin von derzeit etwas über sechs Stunden auf rund vier Stunden zu verringern. Damit könnte die Bahn dem Flugzeug Konkurrenz machen.

    Die DB AG hat sich in ein Dilemma manövriert. Jahrelang setzte sie auf den attraktiven, aber teuren Hochgeschwindigkeitsverkehr, ohne jedoch ausreichend zu investieren. Um Kosten zu sparen, machte das Unternehmen seine ICE-Züge beispielsweise nicht für harte Winter fit und hoffte, kurzfristige Kälteeinbrüche glimpflich zu überstehen. Der strenge Frost im vergangenen Jahr ließ die Bahn in ein Schnee- und Eischaos schlittern, das ihr bis heute angelastet wird.

    Inzwischen hat die DB AG die Einsatzpläne für Personal überarbeitet, in Auftauanlagen für Züge investiert und mehr als Zwei Drittel der 72.000 Weichen mit Heizungen ausgestattet, damit sie nicht einfrieren. Bislang ist der Konzern überraschend gut über die Frosttage dieses Winters gekommen. Er hat damit aber nur eine von vielen Baustellen in Angriff genommen. Viele Experten fordern nach wie vor ein grundsätzliches Umdenken bei der Bahn. Sie beklagen, dass in den letzten Jahren die Pflege und der Ausbau des bestehenden Schienennetzes sowie der Zugflotte auf der Strecke geblieben seien.

    Sie machen dafür den angedachten Börsengang der DB verantwortlich. Denn das Unternehmen wollte Investoren nicht mit hohen Ausgaben für den Erhalt seines Schienennetzes in der Fläche verschrecken und konzentrierte sich auf die Magistralen. Vor allem auf ihnen wickelt der bundeseigene Verkehrskonzern den Güterverkehr ab. Künftig soll dieser auch verstärkt über bestehende Ausweichstrecken rollen. Das setzt voraus, dass Güterzüge in etwa gleichschnell unterwegs sind wie Personenzüge, sagt Volker Kefer, Vorstand für Technik und Schienennetz der Deutschen Bahn AG:

    "Heißt, dass wir Güterverkehre in etwa gleich schnell fahren lassen untereinander, also nicht so schnell wie der Fernverkehr, aber untereinander und damit wieder Trassen zu sparen. Philosophieschwenk: eher etwas langsamer in der Spitzengeschwindigkeit, aber schneller im gesamten Lauf sozusagen und weiterhin auf jeden Fall Mischnutzung zwischen Güterverkehr und Fernverkehr."

    Das klingt plausibel. Aber auch die Erfahrungen, die Bahnkunden im Güterverkehr mit dem alltäglichen Betrieb machen, sind durchwachsen. So geht es auch Gudrun Winner-Athens, der Chefin der Spedition Winner. Im Auftrag ihres Unternehmens pendeln Züge des sogenannten kombinierten Verkehrs zwischen Wuppertal und Norditalien. Sie haben Lkw-Aufbauten und Sattelzuganhänger geladen, die von und zu den Umschlagbahnhöfen per Lkw auf der Straße transportiert werden. Die lange Strecke legen sie umweltfreundlich huckepack per Bahn zurück.

    "Unsere Züge fahren so wie heute Abend irgendwann gegen 22 Uhr hier in Wuppertal ab und sind morgen Abend in Verona greifbar. Wenn Sie dann sehen: ein Straßen-Lkw, der ja dann mit digitalem Tacho auch bitteschön die Arbeitszeiten des Fahrers einhalten muss, dann ist diese Transportgeschwindigkeit schon fast nicht mehr schlagbar."

    Die Zusammenarbeit zwischen der Spedition Winner und der Bahn wäre weiter ausbaufähig, aber das scheitere an veralteten Strecken, sagt die Unternehmerin Gudrun Winner-Athens:

    "Wir haben wirklich super liegende Trassen von Hagen Richtung Siegerland, Frankfurt. Die können zum Beispiel für den kombinierten Verkehr nicht genutzt werden, weil drei Tunnel nicht die richtige Profilhöhe haben. Die sind zu niedrig, sodass man keinen kombinierten Verkehr dort betreiben kann."
    Solche Erfahrungen verstärken die Zweifel, ob die Bahn im Gütertransport jemals die Rolle spielen kann, die ihr manche Verkehrspolitiker gerne zuschreiben. 70 Prozent Güterverkehr auf der Straße und knapp 18 Prozent auf der Schiene, das ist Fakt.

    Sogar die bahnfreundliche Schweiz hängt hinter ihren Zielen für die Verlagerung von der Straße auf die Schiene zurück. Der Verkehrswissenschaftler Ulrich Weidmann von der Eidgenössisch-Technischen Hochschule in Zürich macht dafür auch die europäische Verkehrspolitik verantwortlich:

    "Die generelle Güterverkehrspolitik in Europa ist wahrscheinlich am Schluss entscheidender. Bei dem Punkt nehm ich die üblichen Widersprüche wahr in der Politik, nicht. Wir sprechen gleichzeitig von grüner Logistik, von Verlagerung auf die Bahn und gleichzeitig beobachten wir Monstertruck-Versuche."

    Aber nicht nur die Verkehrspolitik bremst die Bahn aus. Manchmal steht sie sich auch selbst im Weg, indem sie etwa großspurige Ankündigungen tätigt, die das Unternehmen dann nicht einlöst.

    So verspricht der Staatskonzern DB AG schon lange neue Züge und mehr Komfort. Den Fahrgästen mutet er jedoch Züge zu, in denen Toiletten verdreckt sind und allzu oft die Küchengeräte im Speisewagen ausfallen. Klimaanlagen stellen an heißen Tagen den Dienst ein. Und die Berliner S-Bahn fuhr monatelang nach einem Notfahrplan, weil die Bahn bei der Wartung gespart hat und zahlreiche S-Bahn-Züge fahruntauglich waren. Die Liste der Missstände ist lang und die Deutsche Bahn AG weist darauf hin, dass dafür auch die Fahrzeugbauer der Bahnindustrie verantwortlich sind.

    Diese haben sich in den vergangenen Jahren tatsächlich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Sie lieferten Züge ab, die sofort wieder dem Verkehr gezogen werden mussten. Bremsen funktionierten nicht einwandfrei, Türen schlossen nicht richtig, und immer wieder gab es Probleme mit der Software.

    Auf dem Neujahrsempfang der Bahnindustrie machte sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer darüber lustig. Es ging um die Flotte neuer Triebwagen vom Typ Talent 2. Sie durften von der Firma Bombardier in Hennigsdorf bei Berlin monatelang nicht ausgeliefert werden, weil das Eisenbahnbundesamt Mängel aufgelistet und die Zulassung nicht erteilt hatte.

    "Der Jahrestag von Hennigsdorf war für mich ein bewegender Moment, wie da so viele Talent-2-Züge – glänzend, wunderbar funkelnd, nagelneu - aber ohne Einsatz rumstehen. Ist jemand vom Eisenbahnbundesamt hier? Die trauen sich gar nicht mehr her, ha, ha ... "

    Dabei hätte die Deutsche Bahn die Talent-2-Triebwagen, die nun endlich in Betrieb gehen, schon im vergangenen Jahr so dringend gebraucht. Trotzdem zweifelt CSU-Mann insgesamt nicht an der Branche:

    "Die deutsche Bahnindustrie genießt in der ganzen Welt einen exzellenten, großartigen Ruf. Und ich tue überall in der Welt das mir Mögliche und Vertretbare – da muss man heutzutage ja auch vorsichtig sein. Aber da dehne ich die Grenzen ordentlich aus – und zwar guten Gewissens: Eintreten für die deutsche Industrie in der ganzen Welt. Auch diesen guten Ruf zu mehren und zu pflegen."

    Genau darauf ist auch der Siemens-Konzern stolz. Er bekam von der DB den Auftrag für inzwischen 16 zusätzliche Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ ICE-3. Sie sollten vor allem im internationalen Verkehr eingesetzt werden. Ihre Auslieferung hat sich mehrfach verzögert. Nun sollen einige Exemplare ab Dezember dieses Jahres erst einmal auf deutschen Schienen unterwegs sein.

    Ein Grund für die Verspätung: Siemens engagierte Ansaldo, einen italienischen Zulieferer. Ihm wird eine Nähe zum französischen Siemens-Konkurrenten Alstom nachgesagt. Jedenfalls war Ansaldo nicht in der Lage, rechtzeitig ein wichtiges Bauteil zu liefern. Eine Konsequenz: die lange im Voraus beworbene neue Verbindung Frankfurt - Marseille wird ab März nun nicht mit dem neuen ICE bedient, sondern mit einem französischen TGV.

    Volker Kefer, DB-Vorstand für Technik und Netz, der übrigens einmal in leitender Funktion bei Siemens beschäftigt war, verspricht, aus all den Problemen Konsequenzen zu ziehen:

    "Wir nehmen keine Züge mehr mit einer eingeschränkten Zulassung. Wir haben das in der Vergangenheit getan, aber diese eingeschränkte Zulassung führt häufig dazu, dass das Fahrplanangebot nicht wie geplant gefahren werden kann. Und damit reifen grüne Bananen beim Kunden. Das wollen wir unter allen Umständen vermeiden. Und bei den ICE-3-Zügen, die jetzt zusätzlich kommen sollen, ist genau das Gleiche. Auch die werden wir erst dann nehmen, wenn sie tatsächlich zulassungstechnisch den Status haben, den wir gekauft haben."

    In der Zwischenzeit zieht es die Deutsche Bahn vor, die Züge so lange zu leasen, bis die Hersteller den Liefervertrag in vollem Umfang erfüllt haben. Die teuren Nacharbeiten soll der Produzent bezahlen.

    In dieselbe Richtung zielt eine von der Bundesregierung geplante Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes. Danach sollen künftig die Hersteller von Schienenfahrzeugen und nicht ihre Kunden dafür haften, dass neue Züge allen Sicherheitsbestimmungen genügen. Vorher gibt es vom Eisenbahnbundesamt keine Genehmigung – und von der Bahn kein Geld.

    Doch die Bahnindustrie möchte sich den Schwarzen Peter nicht zuschieben lassen. So verweist Klaus Baur, Chef von Bombardier und Präsident des Verbandes der deutschen Bahnindustrie, auf die Flut immer neuer Vorschriften und Standards, die das Eisenbahnbundesamt der Industrie und den Verkehrsunternehmen noch auferlegt, während die Züge und Lokomotiven bereits im Bau sind:

    "Die Zulassungsprozesse sind weitgehend umfangreicher und auch langwieriger geworden. Auch durch die europäische Gesetzgebung, die letztendlich die internationalen und europäischen Normen definiert, haben sich Veränderungen ergeben, die nicht ohne Weiteres eins zu eins in unsere deutsche Landschaft passen."

    Dabei sollen diese neuen Normen einen grenzüberschreitenden Zugverkehr erleichtern, einheitliche Standards für europäische Bahnreisen schaffen und endlich Gütertransporte ohne technische Hindernisse möglich machen. Aber da gibt es auch noch die nationalen Bahngesellschaften und zuständige Behörden, die durch eigene Vorschriften internationale Wettbewerber fernhalten wollen.

    Mit dieser Praxis hat auch die Deutsche Bahn schon ihre Erfahrungen gemacht. Dennoch haben ihre Verantwortlichen von ICE-Verbindungen zwischen Frankfurt und London geschwärmt, möglichst schon zu den Olympischen Spielen im Sommer. Inzwischen fasst DB-Vorstand Volker Kefer für den Londonverkehr frühestens 2015 ins Auge:

    "Wir haben leider Gottes in Europa noch nicht den Zustand, wie er auf der Straße herrscht, dass Sie mit dem Auto über die Grenze fahren können und diese fast nicht mehr wahrnehmen, und es ist in manchen Ländern nicht einfach, in einer einigermaßen überschaubaren Zeit tatsächlich die Zulassung für das rollende Material zu erreichen. Und die Zulassung für einen ICE 3, der dann bis nach London fahren darf, ist ein durchaus kompliziertes Unterfangen."

    Die Deutsche Bahn als führender europäischer Mobilitätskonzern, der immer Europa im Blick hat und sich nicht national abschottet. So präsentiert sich das Unternehmen am liebsten. Aber dieses Bild entspricht nicht der Wirklichkeit.

    Beim europäischen Zugleit- und Sicherungssystems ETCS gehört die DB zu den Bremsern. Sie will es nur auf wenigen Achsen einführen. In Übereinstimmung übrigens mit der Bundesregierung. Hauptargument: zu teuer. Klaus Baur, Präsident der deutschen Bahnindustrie:

    "Auch da denken wir, dass man da schneller vorankommen müsste, denn das sind auch Dinge, die den grenzüberschreitenden Verkehr erleichtern würden."

    Die Politik fordert zwar den freien Bahnverkehr in ganz Europa. Aber auf nationaler Ebene zementiere sie die Monopolstellung von Staatskonzernen wie der DB AG oder der französischen Eisenbahngesellschaft SNCF. So sehen es manche Kritiker. Und diese Monopolstellung bestehe weiter, solange die Staatsbahnen für das Schienennetz und für den Betrieb zuständig seien. Daran möchte auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer nicht rütteln.

    "Ich kenne seit Jahrzehnten diese exzessiven Wettbewerbstheoretiker, die das Ganze Heil angeblich im Namen des Konsumenten, des Kunden in einem völlig zersplitterten, atomistischen Wettbewerb auf der Schiene sehen. Die Realität sieht etwas anders aus. Und drum sage ich aus voller Überzeugung: Ich stehe mit meinem Amt und meinem Namen für das Prinzip des integrierten Konzerns."

    Also: die Zuständigkeit für beides, für Netz und Betrieb, sie soll in den Händen der Deutschen Bahn AG bleiben. Das sieht der Grünenpolitiker Anton Hofreiter anders. Er ist Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestags und fordert:

    "Entflechtung der DB AG, also die Trennung von Netz und Transport, eine unabhängige, starke Infrastrukturgesellschaft, kluge Investitionsschwerpunkte. Das heißt: die wirklichen Engpässe zu beseitigen und nicht auf einzelne Prestigeprojekte zu setzen und des Weiteren eine faire Behandlung der einzelnen Verkehrsträger. Das heißt eine Gleichstellung bei Steuern, Abgaben, Maut und nicht die weitere Diskriminierung der Schiene."

    Ein Argument des Verkehrspolitikers: In Deutschland müsse Lkw-Maut derzeit nur für Autobahnen bezahlt werden, aber Schienenmaut für alle Strecken. Also wie eh und je Straße gegen Schiene? In Wirklichkeit lautet die neue Devise: Straße und Schiene müssen optimal gefördert und genutzt werden, um den drohenden Verkehrsinfarkt zu vermeiden. Deshalb haben Fachleute der Grünen ein verkehrspolitisches Positionspapier erarbeitet. Darin fordern sie den weiteren Ausbau stark belasteter Autobahnabschnitte. Das Pikante: auch für den Autobahnabschnitt Karlsruhe-Stuttgart-Ulm. Doch genau zwischen Stuttgart und Ulm hat die Deutsche Bahn damit begonnen, ihre neue ICE-Strecke zu bauen. Sie wird auch von manchen Grünen in Frage gestellt.