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Neue Wehrbeauftragte Eva Högl
"Mit frischem Blick an die Bundeswehr rangehen"

Die neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, kündigte an, die Frage der Ausrüstung in der Bundeswehr in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Die Soldatinnen und Soldaten müssten gute Rahmenbedingungen haben, sagte sie im Dlf. Dies gelte insbesondere für die schweren Auslandseinsätze.

Eva Högl im Gespräch mit Christoph Heinemann |
Die neue Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Eva Högl (SPD)
Die neue Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Eva Högl (SPD) (picture alliance/ dpa/ Michael Kappeler)
Eva Högl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, wurde gestern im Parlament zur neuen Wehrbeauftragten gewählt. Ihre Nominierung hatte vor allem innerhalb der SPD für Streit gesorgt, weil der bisherige Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels das Amt gerne behalten wollte. Auch der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs wollte auf den Posten wechseln. Weil er nicht zum Zuge kam, legte er sein Bundestagsmandat nieder.
Christoph Heinemann: Frau Högl, wie gründlich haben Sie sich bisher mit der Bundeswehr beschäftigt?
Eva Högl: Zunächst einmal freue ich mich ganz toll über meine Wahl im Deutschen Bundestag und die breite Zustimmung dort. Ich bin – das ist ja mittlerweile auch ausführlich diskutiert worden und bekannt – keine Verteidigungspolitikerin, aber ich bringe, glaube ich, eine ganze Menge mit, was im Amt der Wehrbeauftragten gefragt ist. Ich habe mich bisher als langjährige Abgeordnete natürlich auch mit der Bundeswehr befasst.
Eva Högl (SPD), aufgenommen vor Beginn der Fraktionssitzung der SPD im Bundestag. Högl soll neue Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags werfen.
Kommentar - Mit schwerer Hypothek an den Start
Der Bundestag hat Eva Högl (SPD) zur neuen Wehrbeauftragten gewählt - obwohl der bisherige Amtsinhaber weitermachen wollte. Dadurch sei Vertrauen bei den Soldatinnen und Soldaten verloren gegangen, kommentiert Klaus Remme.
Heinemann: Warum kann jemand Wehrbeauftragte werden, die nur wenig von der Bundeswehr versteht?
Högl: Ich verstehe, glaube ich, eine ganze Menge von der Bundeswehr, aber ich habe bisher keine Verteidigungspolitik gemacht. Das Amt wird so wunderbar umschrieben – und das finde ich einfach ganz großartig – als Anwältin der Soldatinnen und Soldaten. Das hat viel damit zu tun, zuzuhören, Anliegen aufgreifen, Missstände erkennen und gegebenenfalls beseitigen, und das ist etwas, was ich als langjährige Abgeordnete natürlich erstens bestens kenne und zweitens, wo ich viel Erfahrung habe. Die Wehrbeauftragte soll die Interessen der Soldatinnen und Soldaten vertreten, und das kann ich als langjährige Abgeordnete auch ganz gut. Vielleicht darf ich einen dritten Punkt erwähnen, nämlich mein bisheriger Arbeitsbereich ist die Innen- und Rechtspolitik. Da hatte ich erstens auch viel mit den Rechten von Soldatinnen und Soldaten zu tun und vor allen Dingen mit dem, worum es ja auch geht im Amt, nämlich die Wahrung der Grundrechte, Rechtsstaat, Demokratie, die Grundsätze der inneren Führung. Das sind alles Themen, die mir sehr vertraut sind.
Heinemann: Wieso sägt die SPD-Fraktion einen kompetenten und geschätzten Wehrbeauftragten ab?
Högl: Hans-Peter Bartels war ein sehr guter – er ist ja noch im Amt -, ein guter Wehrbeauftragter. Er hat sich viel Anerkennung und Respekt erarbeitet und erworben in der Truppe, und das ist auch gut so. Das Amt ist immer auf Zeit. Alle unsere Ämter hier in der Politik sind auf Zeit, für fünf Jahre, und die SPD-Bundestagsfraktion hat sich entschieden, mich vorzuschlagen. Ich bin einstimmig vorgeschlagen worden. Das ist für mich natürlich auch eine große Ehre und deswegen schauen wir jetzt nach vorne.
"Mit einem frischen Blick an die Bundeswehr rangehen"
Heinemann: Warum Sie und nicht Hans-Peter Bartels?
Högl: Es ist so, dass ich viel mitbringe, was der SPD-Bundestagsfraktion wichtig ist für dieses Amt, und deswegen schauen wir jetzt wie gesagt nach vorne und ich hoffe sehr, dass ich mir, so wie das Hans-Peter Bartels gelungen ist, auch das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten erarbeiten und erwerben kann. Ich werde mich ganz engagiert einarbeiten. Das geht relativ flott. So ein Wechsel ist in der Politik ja auch nichts Ungewöhnliches. Ich hoffe, dass ich das auch alles zur Zufriedenheit der Soldatinnen und Soldaten dann mache.
Heinemann: Was können Sie besser als Herr Bartels?
Högl: Ich kann jetzt nicht sagen, was ich besser kann als Herr Bartels. Darum geht es auch gar nicht, sondern ich werde jetzt eine neue Wehrbeauftragte sein, die zweite Frau in der Geschichte der Bundeswehr, erstmalig eine weibliche Wehrbeauftragte, seit es auch Soldatinnen in der Bundeswehr gibt, und vielleicht ist es gar nicht so schlecht, sondern sogar ein Vorteil, auch mit einem frischen Blick an die Bundeswehr ranzugehen. Ich werde mir alles ganz genau anhören, das was die Soldatinnen und Soldaten vortragen, was die wichtigen Punkte sind, und ich glaube, die können auch sehr sicher sein, dass ich ihre Interessen sehr engagiert und auch durchsetzungsstark vertreten werde.
"89 Stimmen sind prima!"
Heinemann: Frau Högl, Herr Bartels und Johannes Kahrs sind schwer beschädigt. Kann sich die SPD solche Kollateralschäden leisten?
Högl: Nun, es wäre sicherlich besser gewesen, wenn das einvernehmlich hätte geregelt werden können, oder wenn diese Begleitmusik nicht gewesen wäre. Aber ich bin einstimmig von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagen worden, heute mit einer schönen Mehrheit, mit einem guten Stimmergebnis im Bundestag gewählt worden, und das ist eine gute Grundlage, um das Amt dann auch anzutreten und engagiert wahrzunehmen.
Heinemann: Ein richtig bedeutendes Ergebnis war es wohl nicht.
Högl: 389 Stimmen sind prima! Darüber freue ich mich und das ist eine gute Grundlage für die Wahrnehmung des Amtes.
Thema Ausrüstung
Heinemann: Frau Högl, was fehlt der Truppe?
Högl: Ich werde jetzt natürlich erst mal zuhören und reinhören. Aber nach dem, was ich bisher schon weiß und wahrgenommen habe, auch in den letzten Jahren, auch natürlich durch die Diskussionen über den Bericht des Wehrbeauftragten, geht es natürlich um die Frage der Ausrüstung, dass alle Soldatinnen und Soldaten gute Rahmenbedingungen haben und gut genug ausgerüstet sind für ihre Aufgabe, vor allen Dingen für die schweren Auslandseinsätze. Es geht aber auch darum, um das ganz persönliche Umfeld der Soldatinnen und Soldaten, alle Fragen rund um die Arbeitsbedingungen in der Truppe. Ich werde mich sicherlich auch widmen den Themen, die rund um die Auslandseinsätze zu bearbeiten sind. Das ist der schwierigste Teil der Aufgabe von Soldatinnen und Soldaten. Und sicherlich auch das Thema – habe ich eben schon gestreift – Soldatinnen und auch das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Das ist schon an mich herangetragen worden, wobei das nicht nur ein Thema von Soldatinnen ist, sondern die Soldaten genauso betrifft. Ich habe auch mitbekommen, dass zum Beispiel das Pendeln, Beförderungen, die Einsätze, die Ausgestaltung, die Fristen, der Vorlauf, den das hat, darum werde ich mich kümmern. Und vielleicht als letzten Punkt würde ich sehr gerne nennen, dass die Bundeswehr wirklich vor einem großen Strukturwandel steht – weg von einer Armee mit Wehrpflichtigen hin zu einer Berufsarmee seit 2011. Da ist diese Entscheidung gefallen und das ist immer noch eine große Aufgabe, diesen Strukturwandel zu bewältigen. Die Welt hat sich verändert. Wir müssen auch darüber diskutieren, welcher Platz der Bundeswehr in der Welt und bei der Landesverteidigung zusteht.
Heinemann: Fehlen der Bundeswehr auch neue Kampfjets?
Högl: Das sind jetzt so Detailfragen, die natürlich auch mit Ausrüstung zu tun haben. Aber diese verteidigungspolitischen Debatten, welche konkreten Dinge benötigt werden in der Bundeswehr, die finden natürlich in erster Linie im Deutschen Bundestag im Verteidigungsausschuss statt. Dort werden sie diskutiert, natürlich im Bundesministerium der Verteidigung. Die Wehrbeauftragte, so werde ich mein Amt verstehen.
Diskussion über Kampfjets und nukleare Teilhabe
Heinemann: Frau Högl, Entschuldigung! Das ist eine enorm politisch wichtige Frage. Denn wenn es keine neuen Kampfjets gibt, die neuen geplanten F8-Jets von Boeing, dann würde die nukleare Teilhabe auslaufen. Wie positionieren Sie sich da?
Högl: Genau! Deswegen wird darüber engagiert diskutiert zurzeit im Deutschen Bundestag, auch nach dem Aufschlag von Rolf Mützenich. Der Blickwinkel der Wehrbeauftragten als Anwältin der Soldatinnen und Soldaten ist immer, was brauchen die Soldatinnen und Soldaten, um ihre Aufgabe gut zu erfüllen. Die Ministerin hat jetzt einen Vorschlag gemacht. Der Vorschlag wird im Bundestag diskutiert und im Übrigen erst in der nächsten Legislaturperiode wird die Entscheidung getroffen.
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger im November 2019 in Berlin
US-Atomwaffen in Deutschland - "Wir alle wünschen uns mehr Abrüstung"
Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, hält die durch Rolf Mützenich (SPD) angestoßene Debatte über den Abzug von US-Atomwaffen aus Deutschland für wichtig. Eine atomwaffenfreie Welt zu haben, sei das Ziel, sagte er im Dlf. Allerdings stellt er Mützenichs Weg dahin in Frage.
"Alle unsere Ämter hier in der Politik sind auf Zeit"
Heinemann: Was antworten Sie denn Soldatinnen und Soldaten, wenn sie Sie fragen, Frau Högl, wie stehen Sie zur nuklearen Teilhabe?
Högl: Dann sage ich, dass es mir zunächst einmal darum geht, die Belange der Soldatinnen und Soldaten zu vertreten.
Heinemann: Das ist keine Antwort auf die Frage. Entschuldigung!
Högl: Ja! Ich würde das engagiert diskutieren mit den Soldatinnen und Soldaten. Aber wir haben bisher eine nukleare Teilhabe. Wenn wir daran etwas ändern wollen, dann muss das im Deutschen Bundestag sehr gründlich und sehr engagiert diskutiert werden, und die Diskussion steht uns bevor. Es ist im Übrigen keine neue Diskussion.
Heinemann: Beinhaltet der Personalwechsel einen Kurswechsel der SPD?
Högl: Nein, beinhaltet er nicht.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.