"China überrascht uns immer wieder." Es scheint fast, als habe Daimler-Chef Dieter Zetzsche im Januar schon etwas geahnt vom Einstieg des chinesischen Milliardärs Li Shufu bei Daimler.
Damals bezog Zetzsche sich jedoch auf die sehr gute Entwicklung des Autoherstellers im chinesischen Markt. Doch überrascht hat der Chef des chinesischen Autobauers Geely schon damit, dass er sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der gesetzlichen Meldegrenzen zum größten Aktionär der Stuttgarter aufgeschwungen hat.
Nicht nur das verwundert auch die amtierende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Sie will das Engagement des chinesischen Milliardärs aufmerksam beobachten. Die Politik werde nicht zulassen, dass ein ausländischer Aktionär zu großen Zugriff auf ein Unternehmen wie Daimler bekomme, vermutet auch Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch-Gladbach:
"Wenn kein Ankeraktionär vorhanden ist wie etwa die Quandt-Familie bei BMW, Piech/Porsche bei Volkswagen, dass es dann natürlich schon sein kann, dass man sich für vergleichsweise günstiges Geld bei einem Unternehmen dann eben bei einem großen Unternehmen wie Daimler einkauft. Und natürlich gibt es Befürchtungen der Einflussnahme."
Bei Volvo hat Li "eine ganz lange Leine gelassen"
Das will auch die Arbeitnehmerseite im Daimler-Aufsichtsrat beobachten. Allerdings haben andere gute Erfahrungen mit Geely gemacht: der schwedische Autohersteller Volvo etwa. Den hatte Geely 2010 übernommen. Und Volvo habe sich seither sehr gut entwickelt, sagt Jürgen Pieper, Autoexperte des Bankhauses Metzler:
"Er hat bei Volvo zum Beispiel auch gezeigt, dass er Volvo eine ganz lange Leine gelassen hat. Dort hat er das so gemanagt, wie man sich das eigentlich nur wünscht als Manager oder als Angestellter oder als Arbeiter des Unternehmens. Und ich denke mal, Daimler wird er erstens mal freie Hand lassen und wird natürlich versuchen, Dinge aus Daimler auch herauszuholen an Technologie, aber andererseits auch eine ganze Menge hereinzugeben. Er hat ja auch schon gesagt, sein großes Vorzeichen heißt Elektromobilität. Und das ist ein Punkt, der Daimler nur gut tun kann."
In der Volksrepublik wird im kommenden Jahr eine Elektroautoquote eingeführt. Dafür rüstet Daimler sich jetzt schon mit seinem anderen chinesischen Partner BAIC und baut für 1,5 Milliarden Euro ein Elektroautowerk in Peking.
Li ist offenbar langfristig orientiert
Mit dem Einstieg Shufus und Geelys ist Daimler nun unverhofft zu einem weiteren chinesischen Partner gekommen. Mit beiden klarzukommen, ist eine Herausforderung. Denn die chinesischen Autohersteller sind sich untereinander eher feindlich gesonnen. Doch Shufu ist offenbar eher langfristig orientiert. Er könnte sich mit Daimler auch stärken wollen gegen die großen Technologieunternehmen der Welt und Chinas, vermutet Autoexperte Bratzel:
"Gerade in China ist deutlich, dass die Automobilhersteller gegen die unheimlich starken 'digital players' Tencent, Alibaba, Baidu ankämpfen werden, die jetzt schon versuchen, Mobilitätsdienstleistungen anzubieten, die sehr stark von Kunden bereits genutzt werden."
An der grundsätzlichen Ausrichtung Daimlers dürfte sich vorerst aber nichts ändern, vermuten Experten.