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Neuer Stasifall im Eissportzentrum Chemnitz

Eiskunstlauftrainer Ingo Steuer wirkte einst als Stasi-Spitzel im Sportclub Karl-Marx-Stadt und erhält vor diesem Hintergrund bis heute keine Fördergelder vom Bundesinnenministerium. Nun gibt es einen ähnliche Fall in seinem Umfeld. Trainerassistent Tassilo Thierbach war von 1977 bis nach dem Mauerfall als inoffizieller Stasi-Mitarbeiter tätig.

Von Thomas Purschke |
    Unter dem Decknamen "Gehrhard" hat Tassilo Thierbach im Sportclub Karl-Marx-Stadt sowie auch außerhalb Sportler und Kollegen bei der Stasi angeschwärzt. In seiner über 1300 Seiten dicken IM-Akte, die dem Deutschlandfunk vorliegt, findet sich allerhand Unappetitliches, aber auch Skurriles. Er berichtete über Liebestechtelmechtel, Ausreiseantragsteller und unerlaubte Westkontakte.

    Von April 1984 bis zum Mauerfall kassierte Thierbach mehrere vierstellige Prämien, neben Geburtstags- und Sachgeschenken zudem eine für DDR-Verhältnisse stattliche monatliche Zuwendung von 500 DDR-Mark.

    Der Geheimdienst begründete dies damit, dass Thierbach ein langjähriger Stasi-IM sei und einen wesentlichen Anteil bei der Absicherung der Auslands-Reisekader habe. Der einstige Eiskunstläufer Thierbach gewann 1982 mit seiner Partnerin Sabine Baeß den Weltmeistertitel im Paarlauf, kein anderes DDR-Paar hatte dies geschafft. Nach eigenen Angaben arbeitet Thierbach derzeit für den Olympiastützpunkt in Sachsen als Videotechniker. Er wirkt auch als Trainerassistent im Team von Ingo Steuer.
    Laut Akte hat Thierbach noch nach dem Fall der Mauer am 15. November 1989 seinen Führungsoffizier telefonisch über einen Parteiaustritt einer Kollegin informiert und ihm mitgeteilt, dass er sich das Theater an der Staatsgrenze in Berlin angesehen habe und nicht verstehen kann, wie die Menschen so verrückt sein könnten. Der heute 53-jährige Thierbach räumte gegenüber dem "Spiegel" seine Stasi-Tätigkeit ein. Er sei damals erst 18 Jahre alt gewesen, außerdem sei das im DDR-Sport doch gang und gäbe gewesen. Zudem habe er sich mit den ehemaligen Weltmeisterinnen Anett Pötzsch und Katarina Witt, über die er der Stasi berichtet habe, Anfang der 90er-Jahre ausgesprochen.