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Neuer Wurf?

Vor rund 20 Jahren haben die Carving-Ski den Ski-Sport revolutioniert. Im Rennsport veränderte sich vor allem das Bild in den technischen Disziplinen Slalom und Riesenslalom. Aber nicht nur im Weltcup werden seitdem radikalere Radien in den Schnee gezogen. Jetzt verspricht ihnen die Ski-Industrie einen neuen großen Wurf: "Rocker Ski".

Von Bernhard Krieger |
    20 Jahre nach dem Siegeszug der unter der Bindung eng taillierten und vorne und hinten breiten Carving-Ski sprechen einige schon von der nächsten Revolution im Ski-Sport.

    Die sogenannten "Rocker-Ski" sehen in ihrer Extremform aus wie eine Banane. Die Mitte des Ski liegt im Schnee auf - beide Enden aber sind kräftig aufgebogen. "Full Rocker" nennt sich diese Extrem-Version, die Freerider schon seit längerem im Tiefschnee einsetzen. Die hochgebogenen Enden erleichtern das Aufschwimmen der Ski im Pulverschnee. Wie ein Surfer auf einer Welle gleiten Freerider mit diesen "Full Rocker Ski" über Tiefschnee-Hänge.
    Auch Freestyler nutzen diese Art von Ski schon länger. Sie eignen sich zum Springen, für Kunststücke und zum rückwärts fahren.

    Auf der Piste aber sind "Rocker Ski" neu. Die gemäßigten Pisten-Rocker unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von traditionell gebauten Ski. Die aufgebogenen Enden sind kaum zu erkennen, aber zu spüren - sagt Andreas Holzmann vom Deutschen Ski-Lehrerverband:

    "Rocker Ski sind Ski mit Servo-Lenkung. Sie vereinen die Fahreigenschaften von einem traditionell kurzen Ski und einem längeren Ski."

    Glaubt man der Werbung in den Sportgeschäften, dann sind "Rocker-Ski" wahre Alleskönner: Leichter zu fahren, Kraft schonender und Fehler verzeihender sollen sie sein. "Mit den Rocker-Ski geht sicher nicht alles besser, aber vieles tatsächlich leichter", sagt Ski-Lehrer-Ausbilder Holzmann. Vor allem die Schwungeinleitung - also der Übergang von einer Kurve in die nächste - sei viel unproblematischer:

    "Im Kurvenwechsel habe ich einen sehr kurzen Hebel. Ich kann deshalb mit geringstem Kraftaufwand und einem kleinen Hebel die Ski relativ schnell von einer Kurve in die andere lenken."

    Möglich macht dies die Rocker-Technologie. Weil die Ski-Enden aufgebogen sind, liegt der Ski nicht permanent mit voller Länge im Schnee. Der Dreh-Widerstand ist geringer - gerade das kurze Schwingen wird deshalb leichter. Instabil wirkt der Ski dennoch nicht. Fährt man sportlich mit hohem Tempo und viel Druck, schneidet nämlich wieder die gesamte Skikante durch den Schnee. So greift der Rocker genauso gut wie ein herkömmlicher Ski. Und weil viele Rocker Ski etwas breiter und länger sind, schwimmen sie zudem im tieferen Schnee abseits der Pisten wunderbar auf - das macht sie zu perfekten Allroundern.

    Viele Skischulen bieten bereits extra Rocker-Ski-Kurse an. Die Rocker lassen sich problemlos mit der althergebrachten Technik steuern. Ihr Potential entfalten sie aber erst, wenn man ein bisschen an seiner Technik feilt: vor allem am Kanteneinsatz und der mittigen Position über dem Ski. Der gerade herausgekommene erste eigene Lehrplan des Deutschen Ski-Lehrerverbands listet unzählige Übungen dafür auf. Vor allem gute Freizeit-Skifahrer können mit den Rocker-Ski einen Aha-Effekt erleben, meint Skilehrer-Ausbilder Holzmann. Er traut den Rocker-Ski einen ähnlichen Siegeszug zu wie einst den Carving Ski:

    "Die Rocker Technologie hat sehr viel Entwicklungspotential. Es ist momentan aber noch so, dass man wie am Anfang der Carving-Geschichte noch in einer Experimentier-Phase steckt. Die Ski der einzelnen Firmen haben noch sehr unterschiedliche geometrische Formen. Im Laufe der Jahre wird sich sicher das Optimum herauskristallisieren, wobei die aktuellen Rocker-Ski schon wirklich eine Bereicherung im Skisport sind."

    K2 war der Pionier der Rocker Ski. Fast alle anderen Ski-Hersteller sind dann auf den Zug aufgesprungen. Einige experimentieren sogar schon im Rennsport mit der Rocker-Technologie, verrät Holzmann. Noch setzen Maria Höfl-Riesch & Co. im Weltcup auf traditionell gebaute Spezial-Ski für Slalom, Riesenslalom und Abfahrt. Aber bald schon könnte die Rocker-Technolgie auch im Ski-Weltcup Einzug halten. Der Internationale Ski-Verband hat für diese Saison Mindestbreiten für die Carving Ski vorgeschrieben. Damit sollen die zum Teil extrem taillierten Rennski, die für viele schwere Knie-Verletzungen verantwortlich sind, entschärft werden. Obwohl es um ihre eigene Gesundheit geht, sind die Athleten dagegen. Die Industrie sucht nach neuen Möglichkeiten, schnelle und zugleich aber nicht so gefährliche Ski zu bauen. Eine Lösung könnte dabei die Rocker-Technologie sein. Denn sie ermöglicht wendige Ski, ohne extreme und damit riskante Tallierungen.