Samstag, 20. April 2024

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Neues Becher-Denkmal in Jena
Schwieriges Gedenken

In Jena haben Bürger ein Denkmal wieder errichten lassen, das den Dichter und Stalinisten Johannes R. Becher ehrt. Der Becher-Biograf Jens-Fietje Dwars hofft, dass es Anstoß geben wird, sich mit dem Werk und Leben Bechers näher zu beschäftigen. Eine Debatte sei dringend nötig, sagte er im Dlf.

Jens-Fietje Dwars im Gespräch mit Katja Lückert | 11.10.2019
DDR-Kultusminister Johannes R. Becher während der Pressekonferenz am 20.02.1957 in Ost-Berlin, auf der er die Verhaftung des Regimekritikers Harich rechtfertigte.
DDR-Kultusminister Johannes R. Becher während der Pressekonferenz am 20.02.1957 in Ost-Berlin (dpa / Günter Bratke)
Johannes R. Becher war Kulturminister der DDR, hat den Text der DDR-Nationalhymne geschrieben aber auch Hymnen auf Stalin verfasst. Schließlich fand er, sein Glaube an den Sozialismus sei idyllisch gewesen und kam zur Auffassung, dass "der Sozialismus die menschliche Tragik erst freisetzt".
"Warum sollte man diesen Altstalinisten ehren?"
Für meine Begriffe, sagt Jens-Fietje Dwars, wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Es hätte zuerst eine Debatte darüber geben sollen, wie man Bechers gedenken wolle: "Ich würde mich freuen, wenn darüber gesprochen würde, warum man diesen Altstalinisten ehren sollte." Man müsse am Beispiel Bechers, "durch den die Widersprüche des Jahrhunderts mitten durch gehen und ihn zerreissen, genau schauen, wie verhält sich eigentlich ein Intellektueller, welche Hoffnungen hat er, in welche Widersprüche verwickelt er sich, wo sind seine Schwächen und wo sind vielleicht auch Momente der Stärke", sagt Dwars, der selbst Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit hatte.
Es gebe bestimmte Dinge, die müsse man einfach verlachen. Dazu gehörten Bechers Stalinhymnen und auch viele seiner Gedichte. Becher sei einer der umstrittensten Autoren. Eine Debatte über ihn sei dringend nötig.
Das Denkmal steht nun in der Jenaer Peripherie, im Ortsteil Winzerla. Es ist ein Abguss einer Bronze-Plastik des Bildhauers Fritz Cremer.