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Haus der Weimarer Republik eröffnet
Von Wurzeln und Visionen der deutschen Demokratie

Im neueröffneten Haus der Weimarer Republik reist der Besucher an einem Zeitstrahl die 14 Jahre dieser Epoche entlang. Das Museum in Weimar will zeigen, wie verwurzelt die Demokratie in der deutschen Vergangenheit ist - nicht um dunkle Kapitel der Geschichte zu verdrängen, sondern um sie zu ergänzen.

Von Henry Bernhard |
Im Haus der Weimarer Republik
Im Haus der Weimarer Republik werden Objekte, Texte und Reproduktionen gezeigt. (Deutschlandradio / Henry Bernhard)
205 Quadratmehter hat das Weimarer Haus der Demokratie in seiner ersten Ausbaustufe. Nicht eben viel Platz für Aufstieg und Niedergang eines demokratischen Staates, der nicht nur Historiker wie Michael Dreyer von der Universität Jena seit Jahrzehnten beschäftigt.
"Der Bundespräsident hat kürzlich in einer großen Rede darauf hingewiesen, dass es Zeit wird, dass man sich auch an die demokratischen Elemente der deutschen Kultur erinnert und hier ein Narrativ aufbaut. Nicht in Konkurrenz zu den dunklen Seiten unserer Geschichte, aber um zu zeigen, dass es in Ergänzung auch eine Geschichte der Demokratie in Deutschland gibt, und dass das kein Import ist, der von irgendwelchen Siegermächten des Ersten oder Zweiten Weltkrieges übernommen wurde."
Dreyer ist der Vorsitzende des Trägervereins, der sechs Jahren für die erste dauerhafte Ausstellung zur Weimarer Republik gestritten hat. Es sei höchste Zeit, meint Dreyer, gerade angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen für die Demokratie. Ihm sind die Kontinuitäten von der Weimarer über die Bonner bis hin zur Berliner Republik wichtig.
"Und in bewusster Absetzung von dem lange Zeit klassischen Narrativ 'Bonn ist nicht Weimar' werden wir hier zu zeigen versuchen, 'Bonn ist Weimar', zu einem ganz erheblichen Teil, und das ist auch gut so. Und da, wo es nicht Weimar ist, da bedauert man das auch häufig. Sachen wie Verbote radikaler Parteien wären zum Beispiel in der Weimarer Republik wesentlich einfacher gewesen als sie das in der Bundesrepublik sind."
Zeitstrahl durch die Weimarer Republik
Die Ausstellung betritt der Besucher durch eine Schleuse. Vor ihm, neben ihm, sieht er auf großen Leinwänden den Ersten Weltkrieg im Schnelldurchlauf, von der anfänglichen Begeisterung über das Schlachten-Elend bis zum bitteren Ende. In der Ausstellungshalle aus den 50-er Jahren besticht die klare Ausstellungsarchitektur: In der Mitte ein langer Zeitstrahl, der durch die knapp 14 Jahre der Weimarer Republik führt. Ringsum, an den Wänden, wird die Geschichte der Weimarer Republik thematisch erzählt. Dabei durchdringen sich beide Konzepte, die Zeit- und die Themenorientierung, immer wieder gegenseitig, was sicher sachlich geboten, für den Besucher aber mitunter auch etwas verwirrend ist. Der Kurator Andreas Feddersen erklärt die Idee dahinter.
"Die sollen die Besucher in keinster Weise überfordern, denn es soll nicht darum gehen, dass der Besucher jetzt 280 Einträge liest, sondern dass er auf eine Reise geschickt wird. In fünf Spuren geht es jetzt durch die Weimarer Republik, so dass der Besucher ein Suchender ist, ein Forscher, ein Entdecker in dieser Ausstellung, dass er quasi immer wieder einzelne Dinge, die ihn interessieren, rauspickt und damit dann weiter auf eine Reise geschickt wird."
Mehr Texte, weniger historische Objekte
Fünf thematische Spuren ziehen sich durch den Zeitstrahl – etwa die Folgen des Versailler Vertrags oder die Auswirkungen der technischen Neuerungen. In Themenfeldern wie "Labor der Moderne" oder "Weimar und die Welt" wird die Geschichte dann mit 80 Originalobjekten und sehr vielen Reproduktionen, Texten, Bildern erzählt. Der geschickten Ausstellungsgestaltung ist es zu verdanken, dass selbst Texte einen theatralischen Auftritt haben und der Mangel an historischen Objekten kompensiert wird.
Vier Objekte werden in Vitrinen besonders inszeniert – etwa eine Armprothese als Sinnbild für die vielen Kriegsversehrten, für die Hypothek, die der Erste Weltkrieg der Weimarer Republik mitgegeben hat. Die Armprothese findet sich auch in einem historischen Film wieder, der zeigt, wie vermeintlich problemlos der einarmige Arbeiter wieder an seine Drehmaschine zurückkehren kann. Überhaupt sind die multimedialen Möglichkeiten der Ausstellung immens: Bildschirme, Touchscreens lassen den Besucher tiefer eintauchen, in Fotos, Dokumente, Filme und Interviews mit Experten.
"Demokratische Visionen"
Des Kritikers Lieblingsstück aber ist eine Hörstation, an der sich der Besucher durch frühe Radioaufnahmen bewegen kann – ganz klassisch mit dem Drehregler. So bietet die Ausstellung durchaus vielen Ansprüchen etwas, weitere Vertiefung ist immer möglich. Auch am Ende: Die letzte Themenwelt, "Demokratische Visionen", weist noch etwas provisorisch in die Richtung, die das Haus der Weimarer Republik mit dem gerade entstehenden Erweiterungsbau in zwei Jahren nehmen will. Dann soll es noch deutlich mehr lebendige Auseinandersetzung um unsere Demokratie heute geben.